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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Oben angekommen, gingen wir ein paar grell beleuchtete Krankenhausgänge entlang. »Sie ist da drüben.«
    Marnie war vor einem Panoramafenster stehen geblieben. Als ich durch die Glasscheibe blickte, setzte beinahe mein Herz aus: fünfzehn winzige Wesen, aus denen Nadeln und Schläuche ragten.
    »Sie ist die Dritte von rechts.«
    Eingerahmt zwischen zwei winzigen Portionen Leben, die beide Sauerstoffmasken trugen und an Infusionen hingen, wirkte mein kleines Mädchen groß und kräftig. Keine Schläuche, kein Sauerstoff, in eine rosa Decke gewickelt und eine Kapuze über dem Kopf. »Mein Gott, sie sieht so riesig aus.«
    »Sie ist wahrscheinlich voll ausgetragen.«
    Ich verspürte plötzlich den Wunsch, sie auf den Arm zu nehmen. Sie zu wiegen und auf ihre kleine Stirn zu küssen. Ich drehte mich zu Marnie um. »Meinen Sie, ich könnte sie kurz auf den Arm nehmen?«
    Marnie seufzte. »Das darf ich eigentlich nicht... aber menschlicher Kontakt ist im Moment wichtig für sie. Sie müssen sich aber steril anziehen.«
    »Kein Problem.«
    Marnie führte mich in ein Büro und reichte mir als Erstes einen blauen Wegwerfkittel. Als wir den Raum wieder verließen, war ich von Kopf bis Fuß verhüllt, trug Mundschutz, Handschuhe und Papierüberzüge an meinen Schuhen. Im Raum mit den Babys hob Marnie die Kleine aus dem Bettchen. Wie ich nun lesen konnte, war sie sechs Pfund und zweihundert Gramm schwer und achtundvierzig Zentimeter lang. Marnie ließ mich Platz nehmen und legte das schlafende Kind in meine Arme.
    Ihr Gesicht sah aus wie eine Kugel braune Butter - winzige Lippen, faltige Augenlider, die mich an die Haut einer Zwiebel erinnerten, und eine Nase, die nicht größer war als ein Knopf. Wieder bekam ich feuchte Augen. Ich konnte die Tränen nicht wegwischen, weil meine Hände in Latex steckten. Marnie starrte mich an. Ich zuckte mit den Achseln.
    »Es ist banal, aber wahr: Was für ein Wunder!«
    Der rothaarige Kobold lächelte. »Na so was, Officer, Sie sind ja richtig sentimental.« »Verraten Sie es niemandem, okay?«
    Über das Geschrei in dem Raum hinweg hörte ich eine geisterhafte Stimme aus dem Lautsprecher einen Namen rufen. Ich wandte mich zu der Schwester um. »Werden Sie gebraucht?«
    »Ja. Ich kann Sie hier leider nicht allein lassen. Sie verstehen das sicher.«
    »Absolut. Ein paar Minuten noch?« »Tut mir Leid. Die Pflicht ruft.«
    Seufzend schickte ich mich an, die Kleine in ihr Bettchen zurückzulegen. Sie spitzte das Mündchen und saugte Luft ein, dann entspannten sich ihre Lippen wieder. Ich streichelte mit einem gummiüberzogenen Finger ihre Wange. »Gute Nacht, meine Süße.«
    »Sie können sie ruhig noch ein wenig halten, wenn Sie möchten. «
    Die Stimme, die mit mir sprach, war tief. Ich hob den Blick. Vor mir stand ein großer, schlanker Mann mit zimtfarbener Haut und hohen Wangenknochen. Sein Gesicht schien länglich zu sein, auch wenn das unter dem Mundschutz schwer zu erkennen war. Dafür kamen seine wundervollen Augen umso besser zur Geltung: Sie waren groß und rund und hatten die Farbe von hellem Whiskey. Gekrönt wurden sie von langen dunklen Wimpern und schön geschwungenen Augenbrauen.
    Warum hatten die Jungs immer die tollsten Wimpern?
    Sein Haar war unter einer Papierhaube verborgen. Er trug ein Tablett mit Glasfläschchen, Reagenzgläsern, Nadeln und Objektträgern. Ein paar von den Gläsern waren mit Blut gefüllt, die übrigen leer. Ich war so auf das Baby konzentriert gewesen, dass ich ihn nicht hereinkommen gehört hatte.
    »Ich bin gerade auf Station vier gerufen worden«, sagte Marnie zu ihm. »Sie kann nicht unbeaufsichtigt hier bleiben.«
    »Warum? Ist sie eine Kriminelle?«
    »Ich meine es ernst, Koby. Du darfst sie auf keinen Fall mit dem Baby allein lassen. Wenn du gehst, geht sie auch.«
    »Ich werde sie mit Argusaugen bewachen.«
    Marnie war schon am Gehen. »Eines Tages wird dir dein Charme abhanden kommen, Koby. Was bleibt dir dann noch?«
    »Meine Arbeit, vermutlich«, erwiderte er. »Man sieht ja an dir, Marnie, dass Charme keine notwendige Voraussetzung für diesen Job ist.«
    »Ha, ha, ha!« Sie eilte aus dem Raum. Durch das Fenster sah ich sie den Gang entlang hasten.
    Er stellte das Tablett auf einem Metalltisch ab und sah mich mit seinen Bernsteinaugen an. »Dann sind Sie also diejenige, die den Schatz in der Schlangengrube gefunden hat?«
    »Zumindest bin ich die, die die Kleine aus dem Müll gezogen hat. Woher wissen Sie das?«
    »Die Sanitäter haben

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