Und der Herr sei ihnen gnädig
verdammt...« Decker hatte plötzlich feuchte Augen. »Liebes, ich will damit doch nur sagen, dass du es erkennen musst, wenn dir Gefahr droht. Du solltest dich wirklich fragen, was du an Kobys Stelle getan hättest: Hättest du dich auf dem Beifahrersitz geduckt oder deine Waffe gezogen und geschossen?«
»Immerhin habe ich ihm die Waffe gegeben.«
»Das ist aber nicht das, was ich wissen wollte.«
Sie schwieg einen Moment, dachte ernsthaft über seine Frage nach. »Ich kann dir dazu eigentlich nur sagen, dass ich mir fast sicher bin, dass ich genauso gehandelt hätte wie er. Bist du damit zufrieden?«
»Ja, das bin ich.«
»Kann ich jetzt bitte das Telefon haben?«
»Nein, das kannst du nicht.« Wieder durchbohrte er sie mit seinem Blick. »Koby hat dir gegenüber ziemlich viel guten Willen bewiesen.«
»Dann lass mich anrufen und ihm dafür danken.«
»Nein, jetzt nicht.« Decker wendete den Porsche. Nach einem kurzen Aufheulen begann der Motor sanft zu schnurren. Decker fuhr eine Weile gen Süden und bog dann nach Osten ab, in Richtung Innenstadt. »Jemand hat versucht, dich umzubringen, Cyn- thia. Bist du denn gar nicht neugierig?«
Sie gab ihm keine Antwort, weil sie wusste, dass es sich um eine rhetorische Frage handelte.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass du noch immer keine Ahnung hast, wer für den Tod von Belinda Syracuse verantwortlich ist.«
»Ja. Ich habe keinen blassen Schimmer.« »Wird in dem Fall noch ermittelt?« »Soviel ich weiß, ja.«
»Dann lassen wir das erst mal. Wenn wir gar keine Anhaltspunkte haben, hilft es uns nicht weiter. Im Fall von Sarah Sanders' Vergewaltigung liegt die Sache anders. Erzähl mir von dem Typen, den du festgenommen hast.«
»Germando El Paso.«
»Weißt du, wo er sich im Moment aufhält?« »In Untersuchungshaft.« »Hast du das überprüft?«
»Nicht persönlich. Ich glaube, Brill hat angerufen.«
»Aber wie du richtig festgestellt hast, sitzen seine Kumpels nicht hinter Gittern. Du musst mein Gedächtnis auffrischen. Erzähl mir noch mal von ihnen.«
Sie rieb sich die Stirn. »Germando hat uns zwei Namen genannt - Joseph Fedek und Pepe Renaides. Wo Fedek sich zurzeit aufhält, ist nicht bekannt. Renaides hat eine Adresse.«
»Und wie lautet die?«
»Auswendig weiß ich sie nicht. Ich habe sie mir notiert.«
»Wo sind deine Aufzeichnungen? Zu Hause?«
»Nein, in meinem Spind. Fahr zurück zum Revier, dann -«
»Nein, das möchte ich nicht. Kannst du dich wenigstens an die Gegend erinnern?« »Oje... lass mich nachdenken. Ich weiß noch, dass er für Do-Rite Construction arbeitet. Wir könnten dort anrufen.«
»Lieber nicht. Diese Sache sollte unter uns bleiben.«
»Der Staatsanwalt hat zu mir gesagt, Renaides sei absolut tabu, weil wir El Paso genötigt hätten, seine Aussage ohne seinen Anwalt zu machen. Wenn ich mit Renaides rede, verhindere ich dadurch womöglich eine spätere Anklageerhebung wegen der Vergewaltigung von Sarah Sanders.«
Decker funkelte sie an. »Und dich interessiert wirklich, was dieser kleine Arsch von sich gibt? Obwohl da draußen jemand rumläuft, der dir den Kopf wegblasen will?«
»So gesehen... eigentlich nicht.«
»Welche Gegend?«, fragte Decker erneut.
»Also gut, also gut... irgendwie habe ich den Exposition Park im Kopf. Wenn ich doch bloß schnell reinspringen und einen Blick in meinen Spind werfen könnte, dann -« »Cindy, du bist vorübergehend vom Dienst suspendiert. Halt dich vom Revier fern, bis sie dich auffordern zu kommen.« Decker wechselte gerade auf den Freeway. »Exposition Park, hast du gesagt. Welche Ecke? In Uninähe oder...?«
Sie schloss die Augen. »War es die Forty-second? Das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»So heißt ein Musical, Cynthia.«
»Genau! Es war nicht die Forty-second, sondern die Thirty-second und Broadway. Jetzt weiß ich es wieder. Mir ist dabei nämlich durch den Kopf gegangen, dass seine Adresse wie ein Musical klingt!«
»Erinnerst du dich an die Nummer?«
»Könntest du mir nicht erst mal wegen der Straße gratulieren?« »Herzlichen Glückwunsch.« Decker gab Gas. »Und jetzt zu der Nummer.«
Nachdenklich wickelte sich Cindy eine Haarsträhne um den Zeigefinger. »Vielleicht steht Renaides ja im Telefonbuch.« Inzwischen röhrte der Motor des Porsche so laut, dass sie fast schreien musste, um ihn zu übertönen.
Decker zog sein Handy heraus.
»Lass mich anrufen«, sagte Cindy.
»Nein, ich mach das schon.«
»Dad, du fährst viel zu schnell!«
Ohne
Weitere Kostenlose Bücher