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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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wieder auf Brill. »Ich weiß. Vielen Dank, dass Sie mich nicht im Stich lassen.«
    »Wer hat gesagt, dass ich Sie nicht im Stich lasse?« Seine Augen funkelten schon wieder wütend. »Wenn ich Ihnen in dieser Sache wirklich den Rücken stärke, dann schulden Sie mir aber einen großen Gefallen.«
    Ich antwortete leise und in respektvollem Ton. »Ich weiß, und ich werde mich dafür revanchieren. Sie können sich auf mich verlassen. Wenn ich eines bin, dann loyal.« »Ihre Gelegenheit, sich zu revanchieren, kommt vielleicht früher, als Sie denken.« Er musterte mich von Kopf bis Fuß.
    »O nein«, sagte ich. »Das steht nicht zur Debatte.«
    Ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Wovon um alles in der Welt reden Sie, Decker?« Ich fand das gar nicht lustig. »Entschuldigen Sie. Ich bin wohl ein bisschen durcheinander.«
    »Tja, den Eindruck habe ich auch.« Er rieb sich die Stirn. »Falls die Sache schief geht, wasche ich meine Hände in Unschuld.«
    »In dem Fall übernehme ich die volle Verantwortung.«
    »Dafür, dass Sie erst zwei Jahre dabei sind, haben Sie wirklich gute Nerven. Ich bin überrascht.« Brill musterte mich eindringlich. »Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, dass Sie bei der Sache mit Renaides Hilfe hatten. Und ich glaube, Sie wissen, von welcher Art Hilfe ich spreche. Beziehungsweise, von wem ich spreche.«
    »Und ich glaube, dass Sie El Paso und Fedek nach Belinda Syracuse fragen sollten.« Brill starrte mich verständnislos an.
    »Sie erinnern sich an den Unfall mit Fahrerflucht, bei dem ich Zeugin war?«
    »Ach, das«, meinte er verblüfft. »Warum sollte Fedek etwas mit Belinda Syracuse zu tun haben?«
    »Sowohl Belinda als auch Sarah Sanders lebten im Fordham Community Center. Vielleicht hat Sarah Belinda von der Vergewaltigung erzählt. Vielleicht wollte Belinda damit zur Polizei gehen.«
    »Sie haben dafür keinerlei Beweise. Es war ein anderes Fahrzeug, und die Vorgehensweise lässt sich auch nicht vergleichen. Warum sollte jemand wie Fedek Belinda mit einem Auto erledigen statt mit einer Waffe?«
    »Sie haben wahrscheinlich Recht, Justice, aber es ist trotzdem eine Möglichkeit, die man in Betracht ziehen sollte. Hören Sie sich doch einfach an, was El Paso und Renaides dazu zu sagen haben.«
    »Sie stecken heute wirklich voller guter Ideen.« Seine Miene wirkte säuerlich. »Warum zum Teufel lasse ich mir das eigentlich alles gefallen?«
    »Vielleicht, weil Sie mich als Ersatz für den Lahmarsch wollen, der seit achtzehn Monaten Ihr Partner ist?« »Henry ist kein Lahmarsch.«
    »Henry hat noch zwei Monate bis zur Pensionierung. Wann hat der sich zum letzten Mal aus dem Fenster gehängt?«
    Justice runzelte die Stirn. »Ich will Sie nicht. Sie sind mir viel zu impulsiv. Sie müssen erst ein bisschen ruhiger werden.
    »Dann seien Sie mein Rabbi, Justice.« Ich seufzte. »Vergessen Sie es. Wir gehen jetzt besser wieder hinein zu El Paso.«
    »Ja, wir haben ihn schon so lange allein gelassen, dass er wahrscheinlich meint, wir treiben es gerade miteinander.« Er lächelte. »Dafür wäre übrigens immer noch Zeit.« Ich musste mich beherrschen, nicht laut loszubrüllen. »Brill, hören Sie endlich damit auf! Ich habe einen Freund, mit dem es mir sehr ernst ist, und Sie haben eine Ehefrau. Wie wär's, wenn wir uns auf die Arbeit konzentrieren?«
    Er starrte mich an.
    »Sie wollen mich als Ihre Partnerin«, fuhr ich fort. »Ich brenne darauf, mit Ihnen zu arbeiten. Aber wenn ich mir dann ständig wegen solchem Unsinn Gedanken machen muss, werde ich eine Versetzung beantragen. Und dann werden sie mich nach dem Grund fragen.«
    Er überlegte einen Moment und zuckte dann mit den Achseln. »Sie schulden mir trotzdem einen Gefallen.«
    »Ich weiß, ich weiß...« Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Nur Geduld, Brill. Der Tag wird kommen. Sie werden schon sehen. Gehen wir?«
    Er deutete auf die Tür.
    »Ladys first.«
    Es war schön zu wissen, dass es auf dieser Welt noch so etwas wie Ritterlichkeit gab.

43
    Während sich der Sommer seinem Ende zuneigte und die Tage kürzer wurden, hatte ich immer mehr das Gefühl, dass mir die Zeit davonlief. Natürlich machte ich mir diesen Druck selbst, es drängte mich ja niemand, den nächsten Schritt zu unternehmen. Trotzdem kam es mir so vor, als würde ich an einer Schwelle stehen - als hätte ich einen Fuß schon in der Luft, bereit, die Grenze zu überschreiten. Als ich an diesem strahlenden Sonntagmorgen vor dem Haus meines Vaters parkte, hatte ich

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