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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ebenfalls unter dem Down-Syndrom litt. Ich war entschlossener denn je, die Eltern der Kleinen zu finden.
    »Wann werden die Ergebnisse vorliegen?« »Vielleicht schon morgen. Wenn ich etwas Definitives weiß, rufe ich Sie an.«
    Ein gemischtrassiges Kind, bei dem ein Elternteil möglicherweise am Down-Syndrom litt. Damit wusste ich schon eine ganze Menge. Und genau deswegen war ich doch hergekommen, oder?
    »Kann ich die Kleine ein bisschen auf den Arm nehmen, Koby?«
    »Ich bin heute Nacht ziemlich im Stress, Cindy.«
    Ich sah ihn bittend an. Laut schnaubend sagte er: »Ich gebe Ihnen fünf Minuten. Und da ist die Zeit, die Sie fürs Umziehen brauchen, schon mitgerechnet.«
    »Das geht ganz schnell.« »Dann kommen Sie.« Er führte mich in das Büro neben dem Säuglingszimmer. Während ich in den Papieranzug schlüpfte, ließ er mich nicht aus den Augen, aber diesmal wirkte sein Blick ein wenig besorgt. Ich fragte ihn nach dem Grund.
    »Sie sind gerade dabei, eine Bindung zu ihr zu entwickeln, Cindy«, antwortete er. »Passen Sie auf, dass Ihnen das Ganze nicht das Herz bricht.«
    »Wie schafft man es, keine Bindung zu diesen süßen Wesen zu entwickeln?«
    Er lächelte wehmütig. »Das lernt man mit der Zeit. Wenn man den Herzschmerz oft genug erlebt hat.«

9
    Das Frühstück war eine kurze Angelegenheit: Kaffee, Saft und eine Schüssel Müsli mit Magermilch. Für die Arbeit kleidete ich mich zweckmäßig. Graue Hose, schwarzer Rippenpulli aus Merinowolle - Merino und Kaschmir waren die einzigen Wollsorten, die meine Haut vertrug -, dazu flache schwarze Schuhe. Da ich mich mittags mit Koby traf, packte ich noch ein Paar Pumps und einen bunten Schal ein, um meinen Bestattungsunternehmerlook ein wenig aufzupeppen. Schals waren etwas Wunderbares. Man warf sich so ein Ding um den Hals, und schon sah man aus, als würde man große Mühe auf sein Äußeres verwenden.
    Es gab nur eine einzige Berufsschule, die viel versprechend schien. Das Fordham Communal Center for the Developmentally Disabled lag nur ein kleines Stück östlich von Hollywood im Silver Lake Distrikt - ja, es gab dort tatsächlich einen Speichersee. In dem Viertel lebten hauptsächlich Latinos, aber es waren durchaus auch ein paar andere Nationalitäten vertreten. Die Schule lag einen halben Häuserblock vom Sunset Boulevard entfernt, jener Durchgangsstraße, die am Pazifik beginnt, durch die ganze Stadt verläuft und östlich vom Dodger-Stadion endet.
    Ich fand in der betreffenden Seitenstraße sogar einen Parkplatz. Ausgestattet mit meiner Polizeimarke und aufschlussreichen medizinischen Informationen, steuerte ich auf das jägergrün gestrichene Schulhaus zu, das von einer Veranda umgeben war und trotz seiner zwei Stockwerke etwas von einem Bungalow hatte. Das Gebäude war auf jeden Fall älterer Bauart, sah aber aus, als wäre es vor nicht allzu langer Zeit renoviert worden. Die Eingangstür war von buttermilchfarbenen Holzleisten eingerahmt, ebenso die beiden großen Fenster zu beiden Seiten. Ich erreichte den Eingang über einen schön gepflasterten Fußweg. Nachdem ich ein paarmal vorsichtig den Klopfer betätigt hatte, ging die Tür mit einem Summen auf.
    Zu meinem Erstaunen schien die ursprüngliche Einteilung des Hauses beibehalten worden zu sein. Durch eine winzige Diele gelangte ich in ein sonnendurchflutetes Wohnzimmer, das mit Schreibtischen und anderen Büroutensilien eingerichtet war. Durch die Fenster und die Verandatür an der Rückseite des Raums konnte ich eine ganze Reihe prächtiger Blumenbeete sehen, die für jedes impressionistische Gemälde eine würdige Vorlage abgegeben hätten. In dem Garten waren mehrere Personen beschäftigt.
    Die Frau, deren Schreibtisch dem Eingang am nächsten war, hatte sich bereits erhoben. Sie war blond und dünn und schien ein extrem nervöser Typ zu sein. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich zeigte ihr Marke und Ausweis. Während sie beides inspizierte, weiteten sich ihre leuchtend blauen Augen. »Officer Decker?«
    »Ja. Ich brauchte Informationen über eine Ihrer Schülerinnen. Mit wem spreche ich da am besten?«
    »Welche Art von Informationen?« »Es handelt sich unter Umständen um sehr persönliche Dinge. Sind Sie dafür zuständig?«
    »Nein, da müssten Sie sich an Mr. Klinghoffner wenden.« »Dann würde ich gern mit ihm sprechen.« »Ich glaube, er ist oben.«
    Nachdem wir beide einen Augenblick geschwiegen hatten, fragte ich sie lächelnd: »Und wann, glauben Sie, wird er

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