Und der Herr sei ihnen gnädig
reden dürfe.«
»Und...?«
»Er war nicht begeistert, Lieutenant. Zumindest hat er nicht sofort Ja gesagt. Aber ich habe mich dumm gestellt und einfach gewartet. Am Ende hat er mir doch grünes Licht gegeben, aber hinzugefügt, ich soll ja nichts vermasseln.« »Womit er bestimmt nicht nur gemeint hat, dass du den Fall nicht vermasseln, sondern auch, dass du ihm nicht die Tour vermasseln sollst, indem du ihn als unfähig hinstellst. Das ist verständlich. «
»Mir ist klar, dass er als der zuständige Detective ein Anrecht auf die Lorbeeren hat.
Die überlass ich ihm auch gern, darum geht es mir gar nicht. Ich möchte lediglich sicher sein können, dass das Mädchen nicht vergewaltigt worden ist -«
»Sag das noch mal! Du glaubst, sie ist vergewaltigt worden? Auch zurückgebliebene Erwachsene haben eine Libido.«
»Das weiß ich. Sie hatte aber nicht viele Gelegenheiten. Im Heim werden sie ziemlich streng beaufsichtigt.«
»Ein einziges Mal reicht ja aus.«
»Sollte es nicht zumindest als Möglichkeit in Betracht gezogen werden?«
Dad überlegte einen Moment. »Wenn es mein Fall wäre... würde ich es tatsächlich als Möglichkeit in Betracht ziehen.« Er rieb sich die Hände. »Fahr hin und befrag sie.«
»Ich hätte gern, dass du mitkommst.«
»Für eine selbstständige Frau steckst du voller Widersprüche, Cynthia. Warum möchtest du Daddy ins Spiel bringen?« »Weil ich nichts vermasseln will.«
»Irgendwann wirst du lernen müssen, auf deine eigenen Fähigkeiten zu vertrauen.« »Wie wär's, wenn du sie befragst, während ich zuhöre und mir Notizen mache?«
»Keine gute Idee.«
»Loo, ich weiß, dass du mich jetzt für ein Weichei hältst, aber das ist mir egal. Ich möchte einfach, dass in diesem Fall keine Fehler passieren.«
Decker schüttelte den Kopf. »Cin, ich arbeite nicht an Fällen, für die ich nicht zuständig bin. Damit würde ich Kollegen auf die Zehen treten, und ich weiß nicht, wann und wo ich diese Jungs noch brauche.«
»Verstehe.« Ich bedachte ihn mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Noch Kaffee?«
»Ja, bitte, er ist sehr gut.« »Es ist äthiopischer Kaffee.«
Dad sah mich an. »Na, dann ist ja für den Nachschub gesorgt, wenn er aus ist.« »Stimmt, ich habe eine gute Quelle.«
Decker lachte. »Also gut, Officer, ich werde Folgendes tun: Ich werde dich begleiten.« Das war mehr, als ich erhofft hatte.
»Du wirst mich in die Rippen stupsen, wenn ich was falsch mache?«
»Wenn ich das jedes Mal tun würde, hättest du schon ein riesiges Loch in der Seite.« »Aha! Ich hab's ja gewusst, dass du sauer auf mich bist!« »Ich bin nicht sauer -«
»Doch, bist du schon. Sag endlich, was los ist, damit wir weitermachen können.«
Decker sah mir in die Augen. Ich spürte, wie ich rot wurde. »Was? Was ist?«
»Es hat nichts mit Koby zu tun. Als ich gesagt habe, dass er ein guter Junge ist, habe ich das ernst gemeint.«
Er bedachte mich mit einem dieser kritischen Elternblicke. Ich weiß nicht, wieso ich mir das mit achtundzwanzig noch gefallen lassen musste, aber wahrscheinlich war das das Los einer jeden Tochter.
»Rede weiter.«
»Du hättest es mir sagen sollen, Cynthia. Schon aus purer Höflichkeit.«
»Warum? Wäre Koby ein Weißer, hätte ich dich auch nicht extra darauf hingewiesen.« Decker verdrehte die Augen. »Ich glaube, du siehst es gern, wenn ich mich winde.« »Das ist doch lächerlich.«
»Das glaube ich nicht.« Er stand auf und trug seinen Teller zur Spüle. »Ich spüle, und du trocknest ab?«
»Mit zwei Tellern komme ich gerade noch allein klar.« Gemeinsam räumten wir den Tisch ab. »Und das ist alles, was du zu dem Thema sagen möchtest?«
Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ja. Das ist alles, was ich dazu sagen möchte. Und jetzt bring Papier und Bleistift. Erkläre mir, welche Fragen du dem Mädchen stellen willst und warum.«
Ich ging meinen Notizblock holen. Über den Verlauf unseres Gesprächs war ich nicht gerade glücklich, aber immerhin hatten wir so etwas wie ein Gespräch geführt. Als wir endlich damit fertig waren, unsere Fragen an Sarah zu formulieren, war es fast schon elf. Ich legte meinen Notizblock zur Seite und sah meinem Vater in die Augen. »Ich mag ihn, Daddy.«
»Es ist wichtig, dass man den Menschen mag, mit dem man seine Freizeit verbringt.« Nervös klopfte ich mit der Fußspitze auf den Boden. »Mal sehen, wie es weitergeht. Es ist wahrscheinlich noch zu früh, um darüber zu reden.«
»Falls es
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