Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
beispielsweise kleinen Anwaltsbüros, die sich darauf spezialisiert hatten, Straftäter gegen Kaution aus dem Gefängnis zu holen, und mit besonders günstigen Preisen für diese Leistung warben. Ergänzt wurde das Bild durch die allgegenwärtigen Bürohochhäuser. Ich bog links ab und fuhr den Western Boulevard entlang, bis er am Griffith Park endete. Noch mehr Leute und noch mehr Verkehr, aber das war mir egal. Ich hatte zwar ein Ziel, aber keine Eile, es zu erreichen.
    Um zu Koby zu gelangen, musste ich mich durch mir unbekannte Teile von Los Feliz schlängeln. Wir hatten vereinbart, uns zum Abendessen bei einem kleinen Italiener zu treffen, der nur ein paar Kilometer von seinem Haus entfernt lag - schön und gut, nur dass ich vier Stunden zu früh dran war. Falls ich ihn nicht zu Hause antraf, war das auch kein großes Problem, dann würde ich vielleicht einen Abstecher zu meiner kleinen Süßen machen, die bis zur gerichtlichen Anhörung auf der Säuglingsstation des Mid-City Peds blieb. Ich wünschte mir, dass die Kleine ein Zuhause bei Louise fände. Die Frau war eine Heilige, und ich hoffte, der zuständige Richter würde klug genug sein, das zu erkennen.
    Ich fuhr in die Hügel von Silver Lake hinauf. Es war ein schöner Tag, und als der Speichersee in Sicht kam, der schillernd blau in der städtischen Landschaft lag, besserte sich meine Laune schlagartig. Der Anblick machte mir mal wieder bewusst, dass dort draußen eine ganze weite Welt auf mich wartete und es an mir war, das Beste daraus zu machen.
    Kobys alter Toyota stand in der Auffahrt. Ich parkte am Straßenrand, stieg zur Haustür hinauf und läutete. Es war eine von den Klingeln, die man von außen nicht hören konnte. Als Koby nicht reagierte, versuchte ich es mit lautem Klopfen und wartete.
    Da sich im Haus noch immer nichts rührte, kam ich zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich eine Radtour oder einen Spaziergang machte, was an einem so prächtigen Tag ja auch nahe lag. Ich ging um das Haus herum, bis ich ein Metalltor erreichte, das die ganze Breite der Auffahrt einnahm. Es war rechteckig, ungefähr eins siebzig hoch und leicht zu überwinden. Obwohl ich mir ein bisschen wie ein Eindringling vorkam, griff ich nach der Eisenstange, die den oberen Abschluss des Tors bildete, und stemmte mich hoch. An der Hinterseite des Hauses stand eine Tür offen, durch die Reggae-Musik klang. Ohne größere Anstrengung erreichte ich die andere Seite. Als ich mich der Tür näherte, wurde die Musik lauter. Ich ging an der rechten Seite des Hauses entlang, an der ein paar Zitrusbäume hinaufwuchsen - grüne Ranken, die sich durch ein weißes Spalier wanden. Die dicht belaubten Äste waren voll duftender weißer Blüten. Ich war schon fast dabei, an die offene Tür zu klopfen, entschied mich dann aber dafür, erst mal hineinzuspähen.
    In dem Raum standen keine Möbel im herkömmlichen Sinn. Es gab nur eine Werkbank mit einer Kreissäge. Koby hatte sich auf allen vieren niedergelassen und war damit beschäftigt, den Boden abzuschleifen. Er trug ein ärmelloses gelbes Shirt und eine Jeans, außerdem Knieschoner und einen Mundschutz. Auf seinen gut definierten Muskeln glänzte der Schweiß; sie sahen aus wie gemeißelt. Mit ein bisschen Jazz unterlegt, wäre die Szene der perfekte Hintergrund für einen Erotikfilm gewesen.
    Ich beobachtete ihn noch paar Augenblicke, ehe ich fest gegen die Tür klopfte. Er hob den Kopf, wandte sich der Geräuschquelle zu und sprang dann geschmeidig wie ein Panther auf. Nachdem er sich den Mundschutz vom Gesicht gezogen hatte, drehte er die Musik leise. Koby starrte mich verwirrt an.
    »Wie spät ist es?«, fragte er.
    »Ich bin früh dran«, antwortete ich. »Viel zu früh.« »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, natürlich.« Ich trat in den Raum. Er war dabei, die Bodendielen auszubessern, indem er die verrotteten Stücke durch frische Holzbohlen ersetzte. Der Raum war sehr klein, aber durchs Fenster hatte man einen schönen Blick auf den Garten: rötlich belaubte Rosenbüsche, die bereits zu blühen begannen, und dahinter ein Stück See. Drinnen war alles mit Sägemehl bedeckt, sogar Kobys dunkle Haut. Es sah aus, als hätte er helle Sommersprossen.
    »Machst du die Gartenarbeit auch selbst?«
    Er sah zum Fenster. »Der Garten ist winzig, er besteht fast nur aus den Rosensträuchern. Ich liebe Rosen. In ein, zwei Wochen dürfte alles voller Blüten sein.« »Das ist bestimmt sehr schön.«
    »O ja, das ist es.«
    Ich sah mir die

Weitere Kostenlose Bücher