Und der Herr sei ihnen gnädig
warum, denn ich machte es einem Mann wirklich nicht leicht. Scott war immer gut gekleidet. Er trug eine schwarze Jacke, ein schwarzes T-Shirt und eine khakifarbene Hose. Sein Gesicht war auf eine markante Weise attraktiv, wie es bei Männern mittleren Alters häufiger der Fall ist. Sein dichtes Haar war inzwischen von Silberfäden durchzogen. Normalerweise hätte mich sein durchdringender Blick verlegen gemacht, aber im Moment hatte ich andere Sorgen.
»Decker!«, bellte er.
»O mein Gott!«, keuchte Hayley. »Bist du in Ordnung, Cin?«
Ich begann stockend zu erzählen. »Wir standen gerade an der Ampel, als... als ein Jeep einfach in sie hineingedonnert ist.« Mir wurde bewusst, dass ich schluchzte. »Ich weiß nicht, ob wir sie von der Straße hätten schaffen sollen -«
»Jetzt beruhige dich erst mal!«, sagte Oliver.
»Ja, gut -«
»Wir dürfen sie sowieso nicht bewegen, bis die Verkehrspolizei und die Kripo da sind. Es war Fahrerflucht, oder?« »Ja.«
»Wir haben es über Funk gehört. Ich bin sicher, andere haben es auch mitbekommen. Sie werden bestimmt gleich da sein.« Oliver wandte sich an Hayley. »Ich habe Absperrungsband im Kofferraum. Kannst du es bitte holen?«
»Ich komme mit«, sagte ich.
»Nein, du bleibst hier und erzählst mir ganz genau, was passiert ist.«
Gerade traf ein Streifenwagen ein, zwei weitere Kollegen meines Reviers, Bader und Guensweit. Das machte es für mich leichter, die Geschichte zu erzählen. Nachdem ich sie über die wichtigsten Fakten informiert hatte, forderte Scott die uniformierten Beamten auf, die Stelle, an der die Leiche lag, mit dem Band abzusperren. Mich zog er ein wenig zur Seite und fragte nach weiteren Einzelheiten. »Ich habe es dir doch gesagt, ich kann mich lediglich an die letzten vier Stellen auf dem Nummernschild erinnern, Scott. Es ging alles so schnell -«
»Erzähl mir das Ganze trotzdem noch mal, damit ich mir ein besseres Bild machen kann, ja?«
»Na gut.«
Er seufzte. Ich kam mir vor wie Kind, das etwas angestellt hatte. »Geht's wieder, Cin?« Hayley war wieder neben uns getreten.
»Unterbrich uns jetzt nicht, Marx!«, fauchte Oliver sie an. Dann wandte er sich wieder zu mir. »Ihr seid also in Richtung Osten gefahren und habt an der Ampel gehalten.« »Ja... genau an der Stelle, wo der Wagen jetzt steht.«
»Und wo kam der Jeep her?«
»Wie ich dir schon gesagt habe - ich weiß es nicht. Es waren keine anderen Autos da, weder vor noch hinter, noch neben uns. Der Jeep ist einfach aus dem Nichts gekommen und über die Kreuzung gerast.«
»Dann kam er wohl von hinten?«, fragte Oliver.
»Vielleicht. Wahrscheinlich. Ich weiß es nicht. Scott, ich bin nicht gefahren. Ich hab nicht in den Rückspiegel geschaut.«
»Wer ist dann gefahren?«
»Koby.« Ich drehte mich zu dem Unfallwagen um. »Der Typ, mit dem ich aus war. Er ist irgendwo da drüben und hilft den Sanitätern.«
»Ist er Arzt?«, fragte Hayley.
»Nein, Krankenpfleger.«
»Ach so.« Sie klang enttäuscht.
Ich explodierte. »Was macht denn das für einen Unterschied?« »Cin, tut mir Leid!« »Sie hatte eine Tasche!«, fiel mir plötzlich wieder ein. »Die Frau... sie hatte eine Tasche dabei. Ich weiß noch, dass ich Koby darauf hingewiesen habe, als wir sie beobachteten, wie sie über die Straße ging. Sie sah so traurig aus.« Ich begann nervös auf und ab zu gehen. »Wir müssen die Tasche finden. Bestimmt ist ihr Ausweis drin. Ich muss sie finden -«
»Nein, du musst dich erst mal hinsetzen«, unterbrach mich Oliver.
»Nein, nein, mir geht's gut...«
Ein weiterer Streifenwagen traf ein. »Cindy, du setzt dich jetzt irgendwohin!«, wiederholte Oliver. »Das ist ein Befehl! Ich werde gleich bei der Kripo anrufen.«
Aber ich hörte ihm nicht mehr zu. Während Oliver mit Hayley zu der neu eingetroffenen Streife hinüberging, um den Beamten Anweisungen zu geben, fing ich an, nach der Handtasche zu suchen. Alles war voller Blut. Aus dem Metallhaufen, der einmal ein Auto gewesen war, drang Schreien und Schluchzen. Die Gruppe der Sanitäter und Notärzte hatte sich vergrößert, inzwischen waren ein weiterer Krankenwagen und zwei Fahrzeuge der Feuerwehr eingetroffen. Ein Teil der gelb gekleideten Feuerwehrleute stand noch untätig herum, während die anderen damit beschäftigt waren, ihre Gerätschaften auszuladen.
Gerade trat Koby aus dem Schatten. Er sprach mit einem Sanitäter. Ich musste daran denken, wie bewundernswert schnell er reagiert hatte. Als Oliver mir auf die
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