Und der Herr sei ihnen gnädig
klingen. »Hat er dich arg genervt?«
»Du kennst ihn ja. Aber er hat mich schon machen lassen.« »Dann ist es ja gut.«
»Er ist zwar ein Blödmann, aber ein guter Detective. Was das betrifft, habe ich keine Beschwerden.«
Trotzdem spürte Decker, wie schlecht es ihr ging. Wahrscheinlich war das ganz normal, wenn man Zeuge von etwas so Schrecklichem geworden war. Das betäubte für eine ganze Weile die Sinne. Außerdem weckte es bei ihr bestimmt Erinnerungen an ein schlimmes Erlebnis, das noch nicht allzu lang zurücklag. Und wer weiß, wie es Koby nach all dem ging. Offenbar spendeten die beiden sich gegenseitig nicht besonders viel Trost.
Cindy sah seine besorgte Miene. »Ich habe morgen einen Termin bei meinem Therapeuten. Ich schicke dir die Rechnung, damit du endlich aufhörst, dir Sorgen um mich zu machen. Einverstanden?«
»Ich bekomme die Rechnung?« Decker runzelte die Stirn. »Wie viel verlangt er denn für eine Sitzung?«
Cindy verdrehte die Augen. »Das war doch bloß Spaß! Das LAPD bezahlt dafür. Das war Teil einer Abmachung. >Such dir den besten Therapeuten, Cin - Hauptsache, du ziehst uns nicht die Hosen aus, indem du auf Schmerzensgeld klagst.<«
Decker lächelte.
»Das wird schon wieder, Dad. Es dauert halt seine Zeit.«
Decker nahm ihre Hand und drückte sie. »Wenn es um das Wohlergehen meiner Kinder geht, habe ich keine Geduld. Ich liebe dich, Prinzessin.«
»Ich liebe dich auch.« Ihr erster Gedanke war, das Gespräch wieder auf die Arbeit zu bringen, aber dann wurde ihr klar, dass das genau die Taktik war, die ihr Vater in einer solchen Situation angewendet hätte.
»Ich bin sehr stolz auf dich«, platzte Decker heraus.
Cindy hatte plötzlich einen Kloß im Hals. »Danke, Daddy. Das bedeutet mir sehr viel.« »Ich bin wirklich sehr stolz«, wiederholte Decker, »aber ich muss dir was gestehen. Ich bin auch sehr wütend auf dich, weil du zur Polizei gegangen bist.«
»Hört, hört, wer hätte das gedacht.«
»Ich weiß, dass ich das schon öfter gesagt habe. Aber der nächste Teil ist neu. Nachdem ich von dem Unfall gehört und mir große Sorgen um dich gemacht hatte, traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz: Ich war nicht nur wütend auf dich, weil du dich ebenfalls für die Polizei entschieden hast, sondern auch auf mich, weil ich meiner Familie mit meinem Beruf so viel angetan habe - und damit meine ich nicht zuletzt deine Mutter. Das war keine schöne Einsicht. Ich glaube, ich habe deiner Mom damit Unrecht zugefügt.«
»Mom wusste doch, auf was sie sich einließ.«
»Nein, Cindy, ich habe ihr etwas vorgemacht. Sie dachte, aus mir würde ein erfolgreicher Steueranwalt werden. Meine Rückkehr zur Polizei war nicht eingeplant.«
»Aber du warst mit deiner Arbeit als Anwalt nun mal nicht glücklich.«
»Ich nicht, sie aber schon. Sie muss meinetwegen in vielerlei Hinsicht die Hölle durchgemacht haben. Zum einen verdiente ich dadurch viel weniger Geld. Außerdem musste sie ständig Angst um mich haben. Und ich war nie zu Hause. Durch dich bekomme ich jetzt die Quittung für meine Sünden.«
»Wenn du deine Arbeit als Sünde betrachtest.«
»Jedenfalls war es nicht richtig, sie und dich deswegen zu vernachlässigen.« Er griff nach der Hand seiner Tochter. »Ich möchte euch dafür danken, dass ihr mir das nicht nachtragt.«
»Du hast dein Bestes gegeben, Daddy. Mehr kann man nicht verlangen.«
»In mancherlei Hinsicht bist du viel reifer als ich, Cindy.«
Cindy versagte vor Rührung fast die Stimme. »Du weißt wirklich, wie man eine Tochter glücklich macht, Dad.«
»Bei mir selbst bin ich leichtsinnig, doch wenn es um meine Familie geht, kann ich vor Sorge kaum schlafen. Ich weiß, dass das irgendwie scheinheilig klingt, aber ich bin wohl zu alt, um mich noch zu ändern.«
»Ich möchte gar nicht, dass du dich änderst. Ich finde dich großartig. «
»Cindy, ich bin so stolz, dein Vater zu sein!«
»Danke«, erwiderte sie mit feuchten Augen. Aus einem Impuls heraus beugte sie sich über den Tisch und küsste ihn auf die Wange. »Tu mir einen Gefallen, Pops. Denk an das, was du gerade gesagt hast, wenn du dich das nächste Mal über mich ärgerst.«
23
Bürokraten-Buck und ich waren uns von Anfang an unsympathisch gewesen. Nicht einmal eine Tragödie konnte uns einander näher bringen. An diesem Tag trug er Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli und war widerlicher denn je. Mit nervös zuckenden Händen knurrte er aus der Tür.
»Wir sind heute ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher