Und der Herr sei ihnen gnädig
ihr Haar pflegte und sich stets perfekt schminkte. Rina war eine jüngere Version ihrer Mutter.
Sie aßen in ihrem vornehmen Speisezimmer von feinstem Porzellan. In Magdas Vitrine standen neben dem edlen Essgeschirr zahlreiche Porzellanfigürchen, dekorative Teller und Vasen sowie
Dutzende Stücke aus teurem europäischem Silber. Die Frau hätte einen Antiquitätenladen aufmachen können.
»Es ist immer ein Vergnügen, von dir bekocht zu werden, Magda«, gab Decker das Kompliment zurück.
Magda lächelte. »Du bist heute Abend sehr charmant.«
»Ich habe geübt.«
Sie knuffte seine Schulter. Er und Rinas Eltern verstanden sich blendend, auch wenn das nicht immer so gewesen war. Es hatte einiger Jahre und der Geburt einer Enkelin bedurft, um diesen Grad an Vertrautheit zu erreichen. Decker musste an Cindy denken. Er hatte sich Koby gegenüber nicht richtig verhalten. Cindys Beziehung mit Scott Oliver bereitete ihm noch immer Magenschmerzen, und vielleicht war das genau das Problem. Er nahm zu großen Anteil an ihrem Leben. Schwarz, weiß, lila, alt, jung, weiblich, männlich, was auch immer - er hätte noch ein wenig freundlicher zu ihrem Begleiter sein müssen. Er schwor sich, in Zukunft mehr auf seine Manieren zu achten, egal, wen sie nach Hause brachte.
Sammy schob stöhnend seinen Teller zurück. »Absolute Spitzenklasse, Omah, aber ich habe einfach zu viel gegessen. Da ist nicht mal mehr Platz für eine Nachspeise.«
»Ach was!«, fegte sie seine Bemerkung beiseite. »Ein bisschen Strudel geht schon, das ist doch sowieso nur Obst.«
»Apfelstrudel?«, fragte Sammy.
Sie nickte. »Und ein bisschen Nusskuchen ist auch noch da.« »Und Kekse«, fügte Jacob hinzu. »Ich hab in der Küche welche gesehen.«
»Für Hannah!«, erklärte Magda. »Wo ist Papa?«, fragte Rina.
Magda deutete auf das hintere Zimmer. Unbemerkt hatte sich Stefan Elias zurückgezogen, um sich in seinem großen gemütlichen Fernsehsessel ein wenig auszuruhen. Es war eigentlich Tradition, dass Decker in der Pause zwischen Essen und Nachspeise seinem Beispiel folgte. Rina half ihrer Mutter, das Geschirr abzuräumen. Decker griff ebenfalls nach einer Platte. »Wann sollen wir Hannahs Familienstammbaum zur Sprache bringen?«, flüsterte er seiner Frau zu.
»Bald, bald«, flüsterte Rina zurück. »Warum sagst du ihr nicht einfach -« »Schhhh!«
Decker verdrehte die Augen. »Übernimmst du das Abspülen?« »Nein, das machen die Jungs.« »Wir?«, fragte Jacob entsetzt. »Ganz genau.«
»Ich habe einen Geschirrspüler«, warf Magda ein.
Sie hatte einen Geschiirrrspüler.
»Das ist doch dein gutes Porzellan«, wandte Rina ein.
»Ich habe einen Schongang, Ginny. Du glaubst wohl, ich lebe im neunzehnten Jahrhundert.« Sie wandte sich an ihre Enkelsöhne. »Ihr spült es einfach ein bisschen ab und stellt es dann in die Maschine, ja? So bekommt ihr wieder Appetit für die Nachspeise.«
»Ja, ich habe gehört, Geschirrspülen ist die neueste Form von Aerobic, Omah«, meinte Sammy grinsend.
Decker stieß seinem Sohn lächelnd mit dem Ellbogen in die Rippen.
»Möchtest du nicht zu Stefan rübergehen, Peter?« fragte Magda. »Er erwartet dich bestimmt schon.«
»In ein paar Minuten. Ich wollte noch hören, wie du mit Hannah über deine Familie redest.«
»Ich hab nicht viel zu erzählen.« Magdas Gesicht wirkte plötzlich angespannt. »Es war keine glückliche Kindheit.«
»Ich weiß.« Decker ging zu ihr und küsste sie auf die Wange. »Wenn es zu schlimm für dich ist, können wir die Kindheit auslassen und erst mit der Zeit nach deinem Eintreffen in Amerika anfangen.« Rina durchbohrte ihn mit einem strafenden Blick. Er ignorierte sie. »Das bleibt ganz dir überlassen.«
»Das wäre vielleicht besser.« Magda kehrte zum Esstisch zurück und begann schmutziges Geschirr abzuräumen.
»Setz dich hin«, sagte Rina. »Die Jungs machen das schon.«
»Nein, ich bewege mich gern.«
»Da ist die Mutter wie die Tochter«, stellte Decker fest. Sie trugen eine weitere Ladung schmutziges Geschirr in die Küche.
»Na wunderbar«, sagte Sammy. »Ich war gerade mit dem Einräumen fertig. Ich hab bloß noch auf euren Nachschub gewartet.« »Hör auf zu jammern«, erwiderte Rina. Magda kehrte ins Esszimmer zurück. Decker und Rina folgten ihr.
»Setz dich, Magda«, forderte Decker sie auf. »Den Rest können die Jungs machen.«
Die alte Frau nahm auf einem der Stühle Platz.
»Wie kommt es, dass du auf ihn hörst, nicht aber auf mich?«,
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