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und der Hongkong-Buddha

und der Hongkong-Buddha

Titel: und der Hongkong-Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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ehemals wohl blau gestrichenen Tür. Das Taxi fuhr rückwärts aus dem Gäßchen, und Mr. Feng stieß die Tür vor ihr auf.
    Während sie sich in Bewegung setzte, schätzte sie die Entfernung und ihre Chancen, einen erfolgreichen Schlag zu führen, doch Feng war zu clever und peinlich darauf bedacht, außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben. Vor die Wahl gestellt zwischen den ausgetretenen Stufen vor ihr und Fengs Pistole in ihrem Rücken, begann Mrs. Pollifax die dunkle, schmale und altersschwache Stiege zu erklimmen. Sie schien kein Ende nehmen zu wollen. Hinter den niedrigen Türen, die sie auf den drei winzigen Treppenabsätzen passierte, war kein Laut zu hören. Als sie das oberste Stockwerk erreicht hatte, sprang eine der Türen auf, und grelles Licht flutete über die staubigen Bohlen des Flurs. Mrs. Pollifax blieb abrupt stehen und blinzelte erschreckt in das Licht.
    »Übernimm sie«, sagte Feng zu dem Mann, der im Türrahmen auftauchte, und schlurfte die Treppe wieder hinab.
Mrs. Pollifax musterte den Mann in der Tür mit zusammengekniffenen Augen und kam zu dem Schluß, daß sie dieses Gesicht nicht mochte; besonders seine groben und auffallend nordischen Züge mißfielen ihr. Er war blond, glattrasiert und braungebrannt, und sie fand, in seinen Jeans, TShirt und Sandalen sah er wie ein x-beliebiger Hongkongtourist aus; nur die Pistole, die er auf sie richtete, paßte nicht in dieses Bild; ebensowenig wie der Blick aus seinen eiskalten blauen Augen. Sie wurde durch die Tür gezogen. Der Raum, in dem sie plötzlich stand, war voller Leute und vollgestopft mit irgendwelchen Dingen, überflutet vom grellen Neonlicht der Deckenbeleuchtung. Das Bild, das sich ihr bot, war schlichtweg chaotisch: Die Fenster waren mit vergilbtem Zeitungspapier abgedeckt, überall lagen Schlafsäcke ausgebreitet, und dazwischen sah sie zahllose aufeinandergetürmte Kabelrollen.
An einer Wand waren unzählige Flaschen und Krüge, eine Blechtonne, ein Holzfaß und mehrere Holzkisten aufgereiht. In der hinteren Ecke des Raums entdeckte Mrs. Pollifax zwei Männer, die mit einem Schweißbrenner arbeiteten. Mit ihren Schutzbrillen sahen sie wie Marsmenschen aus. Ein blauer Funkenregen stob bis an die Decke. Drei andere Männer rührten in einer Blechtonne herum, offenbar damit beschäftigt, irgendein Gebräu zu mischen. Daneben saßen zwei Männer über einen Apparat gebeugt, der aussah wie ein Funkgerät, und diskutierten heftig, wobei sie immer wieder auf die Skalen und Armaturen deuteten. In dem Raum herrschte eine erstickende Hitze, und Mrs. Pollifax' Nase kräuselte sich beleidigt, denn der Gestank von heißem Fett, verfaulendem Abfall, Schweiß und ein alles durchdringender, heißender Geruch, von dem sie hoffte, daß es nicht Benzin sei, war schier unerträglich.
Die Pistole trieb sie auf die Wand links von ihr zu. Sie stolperte um die Ecke eines Stapels aus Holzkisten und blieb wie angewurzelt stehen. Mit einer Mischung aus Bestürzung und Erleichterung stellte sie fest, daß sie nicht allein sein würde. Zwei andere Gäste waren bereits vor ihr in dieses gastliche Haus gebeten worden. Sie hockten mit gefesselten Handgelenken auf dem Boden:
Es waren Detwiler und ein junger Mann, dessen Gesicht sie aus der Zeitung kannte - Alec Wi.
Detwiler hob den Kopf und brachte ein mattes Lächeln zustande, halb entschuldigend, halb resigniert.
    »Guten Morgen - oder vielmehr guten Tag«, sagte sie höflich, und während ihre Handgelenke ebenfalls mit Stricken zusammengebunden wurden - so fest, daß ihr Tränen in die Augen stiegen -, ließ sie keinen Blick von Alec Wi.
    Als der Blonde sein Werk vollendet hatte, wirbelte er sie herum und stieß sie zu Boden. Sie fiel zwischen Alec Wi und Detwiler, und der Stoß war so heftig gewesen, daß sie mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Mit einem verächtlichen Grinsen wandte sich der Mann ab und ging wieder in den anderen Teil des Raums zurück. Über den Rand der Kisten hinweg verfolgte ihn Mrs. Pollifax mit ihrem Blick, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Detwiler wandte den Kopf und sah sie an. Sie schwieg; ihr Kopf schmerzte, und sie hatte den unwiderstehlichen Wunsch, nach ihrer Beule zu tasten - doch das war natürlich nicht möglich. Jetzt erst fiel ihr auf, daß Tränen in Detwilers Augen standen. »Es tut mir leid«, sagte sie leise.
    »Ich wüßte nicht weshalb«, erwiderte er und versuchte die Fassung zu wahren. »Schließlich war ich es, der... Sie angerufen hat. Es war...« Seine Stimme

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