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und der Hongkong-Buddha

und der Hongkong-Buddha

Titel: und der Hongkong-Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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versagte. »Haben Sie den Buddha mitgebracht? Hat Feng ihn?«
    »Einen Buddha - ja.«
    Er stöhnte. »Jetzt haben sie den Buddha, jetzt bringen sie mich um. Sie konnten ja nicht wissen... wie denn auch... aber der Buddha hat ein Geheimfach... mit Plänen und Aufzeichnungen drin. Alles, was ich wußte, und... und...«
    Der Schmerz in Mrs. Pollifax' Hinterkopf ließ allmählich nach, und mit scheinbar gleichgültiger Stimme fragte sie: »Weshalb haben Sie mir eigentlich diesen Buddha mit Geheimfach und Aufzeichnungen darin gegeben, Mr. Detwiler?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte... ich wollte... Im richtigen Augenblick wollte ich Sie anrufen... verstehen Sie? In Ihrem Hotel anrufen und Ihnen alles sagen. Ihnen sagen, was ich in dem Geheimfach versteckt habe. Ich dachte...« Er schniefte heftig, und erneut traten ihm Tränen in die Augen. Vergeblich versuchte er, sich mit den gefesselten Händen über das Gesicht zu fahren.
    Mit müder Stimme sagte Alec Wi neben ihm: »Er hat Entzugserscheinungen. Gestern nacht haben sie ihn bis obenhin abgefüllt, um ihn ruhigzustellen, denn er hat wie am Spieß geschrien... Das ist jetzt allerdings schon ziemlich lange her. Er braucht einen Schuß.«
    Sie hatte also recht gehabt mit ihrer Vermutung, Detwiler sei drogensüchtig. In dem Zustand, in dem er sich befand, war er absolut keine Hilfe. Und plötzlich begriff sie, daß sie ihm dadurch, daß sie die Notizen aus dem Buddha genommen hatte, einen großen Dienst erwiesen und sich selbst in eine äußerst prekäre Situation gebracht hatte. Sobald man entdeckte, daß die Aufzeichnungen aus dem Buddha verschwunden waren, würde sich die Aufmerksamkeit der Terroristen nicht mehr auf Detwiler, sondern ganz auf sie konzentrieren. Sie seufzte tief und bitter angesichts dieses wohl gröbsten und lebensgefährlichsten Fehlers, den sie je gemacht hatte. Wie konnte sie nur so naiv sein anzunehmen, man würde sie zu FengImports bringen! Weshalb hatten Robin, Marko und sie selbst nicht einfach Detwilers Notizen kopiert und sie dann wieder in das Geheimfach gesteckt? Jeder wäre dann davon ausgegangen, sie sei eine unbeteiligte Touristin, doch mit ihrem scheinbar so cleveren Manöver, den Buddha zu vertauschen, hatte sie das Augenmerk Fengs auf sich gelenkt; nun würde man sie unter Druck setzen und versuchen, alles aus ihr herauszupressen.
    Ihre Aussichten waren alles andere als erfreuliche; vor allem dann, wenn die Terroristen sie verhören würden...
»Als wir uns kennenlernten, wußten Sie, wer ich bin?« wandte sie sich an Detwiler. »Und weshalb ich gekommen war?«
Detwiler nickte bekümmert.
»Weiß es auch Mr. Feng?«
»Wahrscheinlich«, schluchzte er, »...ich weiß es nicht... ich weiß nicht, was ich ihm alles gesagt habe. Er begann... ich glaube, er sagte, er begann damit, mir kleine Mengen Drogen ins Essen zu mischen... ins Mittagessen, im Laden... vor einigen Monaten bereits. Und dann... nach einer Weile wußte ich überhaupt nicht mehr, was los war. Es war alles so verschwommen. Und dann sagte er mir... er sagte mir...« Er schlug seine gefesselten Hände vor das Gesicht und weinte.
»Er sagte mir, daß ich ein Teil seines Plans sei... das war an dem Tag, als er die Nadeln hervorholte und mir erklärte, daß ich nicht mehr nach Hause könne.« Er zog die Beine fest an den Körper und vergrub das Gesicht zwischen den Knien. Er versuchte sein Schluchzen und Zittern zu unterdrücken, doch seine Schultern zuckten heftig unter dem Weinkrampf, der ihn schüttelte.
Während Mrs. Pollifax das verzweifelte Häufchen Mensch betrachtete, versuchte sie sich jenen sanften und souveränen Mr. Detwiler in Erinnerung zu rufen, den sie am Montag, vor nicht mehr als vier Tagen, kennengelernt hatte; jenen Detwiler, der es gewagt hatte, gegen Feng aufzubegehren und ihr den Buddha gegeben hatte. Wochenlang muß er zwischen der Persönlichkeit, die er einmal gewesen war und seinem jetzigen desolaten Zustand hin und her getaumelt sein - überlegte Mrs. Pollifax -, stets von Feng und dessen Drogen abhängig. Heute trug er keinen schwarzen Seidenanzug und keine goldenen Manschettenknöpfe.
Die Sandalen, in denen seine Füße steckten, waren zerrissen, und die Hose und das Baumwollhemd, das er trug, zerknittert. Sie mußte an sein vornehmes Haus denken, an die eleganten Dinnerpartys, von denen Mrs. O'Malley gesprochen hatte, und sie fühlte, wie Mitleid in ihr aufstieg; Mitleid für dieses Wrack neben ihr, das von Detwiler übriggeblieben war.
Alec

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