… und der Preis ist dein Leben - Mächtiger als der Tod (German Edition)
Beifahrersitz saß, vereinfachte die Sache nicht gerade.
Stotternd bewegte sie den Oldtimer die ersten Meter vom Parkplatz hinunter, und als sie sich in den Verkehr einordnen wollte, würgte sie den Motor sogar ganz ab. Aus den Augenwinkeln konnte sie Daniels leidenden Gesichtsausdruck erkennen, aber noch enthielt er sich eines Kommentars. Leider änderte sich das, als sie an einer Ampel mit etwas zu viel Gas beschleunigte.
„Sachte, Liz“, sagte er mit flehentlich erhobenen Händen. „Margery ist eine alte Dame und braucht eine Menge Feingefühl.“ Als sie sich beim Einfahren in einen Kreisverkehr verschaltete und der Motor wieder gequält aufheulte, quittierte Daniel das mit einem: „Wahrscheinlich fliegt uns der Motor um die Ohren, noch bevor wir aus Southwark raus sind.“ Was aber das Fass endgültig zum Überlaufen brachte, war: „Du weißt, dass das hier eine Busspur ist, oder?“
„Gibt es keine befreundeten Gespenster im Tower, die du besuchen gehen kannst?“, fuhr Elizabeth ihn entnervt an und fädelte in die sich nur langsam vorwärtsschiebende Autokolonne ein.
„Leider ist Lady Anne Boleyn keine sehr angenehme Gesellschaft. Irgendwie erscheint sie mir immer so … kopflos.“
Elizabeth warf ihm einen irritierten Seitenblick zu.
„War nur ein Scherz“, versicherte er grinsend. „Es gibt keine Geister im Tower. Ich habe nachgesehen.“
„Schade eigentlich“, murmelte Elizabeth und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Sie bereute gerade, das Verdeck geöffnet zu haben. Der Himmel war zwar nur leicht bewölkt, aber in den Häuserschluchten bekam sie so gut wie keine Sonne ab. Das Einzige, was ihr das offene Verdeck bisher eingebracht hatte, waren jede Menge Abgase und Verkehrslärm.
„Und außerdem“, meinte Daniel gut gelaunt, „möchte ich doch sehen, wie meine zwei Mädels miteinander zurechtkommen.“
„Wir würden uns deutlich schneller anfreunden, wenn du dich nicht ständig einmischen würdest“, sagte Elizabeth säuerlich. Es war eindeutig an der Zeit das Thema zu wechseln, bevor noch ein Unglück geschah. „Denkst du, es ist zu früh, um Riley anzurufen?“
„Denkst du, dass du gleichzeitig fahren und telefonieren kannst?“
Jetzt reichte es! „Mann, du kannst ehrlich froh sein, dass du schon tot bist, sonst würde ich dich jetzt eigenhändig erwürgen!“, fauchte sie, nahm das Headset aus der Ablage und knipste es sich ans Ohr. Dann holte sie ihr Handy heraus und wählte Rileys Nummer. Sofort ging die Mailbox ran. Riley hatte sie mit einem lapidaren: „Ihr wisst wie´s geht“ besprochen, was Elizabeth ein Lächeln entlockte. Sie hinterließ eine kurze Nachricht und bat um Rückruf.
„Vermutlich ist er in der Schule“, bemerkte Daniel wie beiläufig, was Elizabeth nur mit einem leisen: „Hm“, beantwortete. Natürlich war er um diese Zeit in der Schule! Darauf hätte sie auch selbst kommen können.
Sobald sie die Innenstadt hinter sich ließen und in die gepflegte Parklandschaft des Stadtteils Richmond upon Thames eintauchten, besserte sich Elizabeths Laune erheblich. Richmond hatte sich trotz der Einverleibung durch London den Charakter einer Kleinstadt bewahren können, was vor allem die dort ansässige Prominenz und der Geldadel sehr zu schätzen wusste.
Endlich kam auch das Cabrio-Gefühl auf, das sich Elizabeth vorgestellt hatte, und Daniel verkniff sich weitere bissige Bemerkungen zu ihrem Fahrstil. Allerdings bot sie ihm auch kaum noch Grund dafür, denn nun hatte sie den launischen Oldtimer sicher im Griff.
Mit Sonne im Gesicht und Wind im Haar glitt sie die beschauliche Landstraße entlang. Zwar konnte sie Daniel wegen der direkten Sonneneinstrahlung nicht mehr sehen, aber sie spürte das Prickeln seiner Finger auf ihrer Hand am Schaltknüppel, und hörte ihn leise vor sich hinsummen. Das genügte im Moment völlig. Da sie eine gute halbe Stunde zu früh dran war, beschloss Elizabeth, einfach noch etwas die Gegend und das Cabrio zu genießen und ein paar idyllische Seitenstraßen zu erkunden.
Kurz nach zwölf erwiderte Riley schließlich ihren Anruf und sie vereinbarten, dass Daniel ihn an seiner Schule treffen sollte. Er würde Riley dann über ihre Pläne informieren und sich mit ihm abstimmen.
Pünktlich um zwölf Uhr dreißig bog Elizabeth in die Kiesauffahrt von Camley Hall ein, dem beeindruckenden Herrenhaus, das Sir Thomas Hamilton sein Zuhause nannte. Das Anwesen war Ehrfurcht gebietend. Das prachtvolle Haupthaus hatte eine
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