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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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sie für unfair hielt, aber sie konnte nicht bestreiten, daß sie Carstairs vertraute. Sie hatte seine Integrität schätzen gelernt; er hatte ihr nie einen Auftrag gegeben, der gegen ihre Einstellung gewesen wäre, und wenn er wirklich hoffte, daß dieser Auftrag zur Beendigung eines abscheulichen kleinen Krieges beitragen konnte, mochte das durchaus so sein.
Müde sagte sie: »Sie zwingen mich, zuzugeben, daß ich Carstairs vertraue.«
Fast flehend sagte Bishop: »Dann überlegen Sie es sich noch einmal?«
Er wirkte so bedrückt, daß sie lächeln mußte. »Ich vertraue auch Ihnen, Bishop.«
»Danke.«
»Deshalb habe ich es mir noch einmal überlegt und werde den Auftrag annehmen.«
Er seufzte erleichtert. »Gott sei Dank!« rief er inbrünstig. »Sie haben mir ganz schön angst gemacht, wissen Sie? Davon muß ich mich erst noch erholen.« Benommen blickte er auf die Uhr. »O verdammt! Es ist schon spät. Ich muß mich beeilen.«
»Sie müssen sich immer beeilen«, beschwerte sie sich.
»Wissen Sie, wenn ich im Büro bin, sitze ich hauptsächlich hinter dem Schreibtisch, aber kaum verlasse ich es, muß ich unzählige Erledigungen für Carstairs machen. Ich werde um sechzehn Uhr in Manhattan erwartet.« Er blickte traurig auf die Tortenplatte, auf der sich einmal sechs Kuchenstücke befunden hatten und die nun leer war. »Ausgesprochen köstlich, Ihr Kuchen, es ist wirklich schade, daß ich schon weg muß. Sie werden Janko ganz fest an die Kandare nehmen, falls er anfängt, Leute zu beleidigen, nicht wahr?«
Sie lächelte. »Ich habe zwar kein Anstandsbuch, aber ich werde ihn ermutigen, öfter zu lächeln.«
»Viel Glück«, sagte Bishop trocken und schloß klickend seine Aktentasche. Dann beugte er sich zu Mrs. Pollifax hinüber, küßte sie aufs Haar und sagte: »Tausend Dank, daß Sie es doch machen.«
Als Bishop gegangen war, trug Mrs. Pollifax den Umschlag mit den Bildern nach oben, und während sie sie auf das Bett neben ihre gepackten Reisetaschen legte, versuchte sie sich zu erinnern, was sie über Marokko wußte. Es erstreckte sich über die obere linke Ecke von Nordafrika und grenzte sowohl an den Atlantik wie an das Mittelmeer; Algerien war sein Nachbar im Osten. Und hatte sie nicht auch irgendwo gelesen, daß die Algebra in Marokko erfunden worden war? Oder entdeckt oder ausgearbeitet oder was man eben mit Algebra tut, dachte sie verärgert, denn dieses Fach hatte sie in der Schule immer eingeschüchtert.
Natürlich hatte sie den Film Casablanca gesehen, und er hatte ihr gefallen, aber Bishop hatte nur von Fes gesprochen ... Und hatten nicht die Römer Nordafrika vor langer Zeit besetzt?
»Was ist aus meinen Geschichtskenntnissen geworden?« klagte sie. Sie setzte sich aufs Bett neben den Umschlag mit den Fotos und erlag ihrer Neugier. Sie holte die Bilder heraus, betrachtete eines nach dem anderen, dann blickte sie jedes einzelne erneut an, und schließlich breitete sie sie auf dem Bett aus, damit sie jedes Gesicht studieren konnte.
Die Fotografien waren zuvorkommend von eins bis sieben numeriert, sie ordnete sie der Reihe nach und konsultierte die kleine Landkarte in ihrem Sprachführer. Sie prägte sich die Route ein, die sie mit Janko durch Marokko nehmen würde, und bemerkte, wie unterschiedlich der Hintergrund jeder Momentaufnahme war, angefangen von den schmalen Gassen in der Altstadt von Fes, bis zu braunen Ebenen und schließlich zu Bergen, von denen einer eine Schneekappe trug.
Die Informanten waren auf den Schnappschüssen deutlich zu sehen, aber sie vermutete, daß ein Amateur sie aufgenommen hatte und wahrscheinlich ohne Wissen der Informanten, denn keiner der sieben posierte vor der Kamera, und nur einer blickte überhaupt in ihre Richtung. Die Gesichter zeigten ihr auch, was Bishop gemeint hatte, als er betonte, daß Marokko ein moslemisches Land war: Sie sah sieben Männer in langen Gewändern, drei hatten Bärte; einer trug einen Fes, die anderen Turbane. Ihre Namen und Adressen auf der Rückseite jedes Bildes klangen fremdartig für amerikanische Ohren: Hamid ou Azu, Ibrahim Atubi, Youssef Sadrati, Omar Mahbuba, Muhammed Tuhami, Khaddour Nasiri, Sidi Tahar Bouseghine, und sie sah, daß sie an Orten wohnten, die Er Rahidia und Erfoud hießen, Tinehir, Ouarzazate Zagora, Rouida... Nur ihre Berufe waren alltäglich, mit Ausnahme von einem, der mysteriöserweise ein Badehausaufseher war. Die anderen waren, der Reihe nach, ein Messingwarenverkäufer, ein Kaffeehauskellner, ein Hotelkellner,

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