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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Beaton
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blickte unterwürfig zu Roy.
    »Wie ich sehe, steht ein Umzugswagen vor dem Cottage dieser Gewitterziege«, sagte Roy.
    »Was?« Agatha warf einen entsetzten Blick zu ihren Blumenvasen. »Ich dachte, sie ist weg.«
    »Entspann dich. Es zieht jemand ein, nicht aus. Sag was, Tracy. Sie beißt nicht.«
    »Sie haben so ein reizendes Cottage«, sagte Tracy brav und tupfte sich die Stirn mit einem Spitzentaschentuch ab.
    »Es ist viel zu heiß für förmliche Kleidung«, sagte Agatha. Tracy fuhr zusammen, und Agatha fügte ungewöhnlich freundlich hinzu: »Selbstverständlich sehen Sie bezaubernd und sehr elegant aus, aber machen Sie es sich doch bitte bequem und ziehen Sie die Schuhe und die Jacke aus.«
    Nervös blickte Tracy zu Roy.
    »Tu, was sie sagt«, befahl er.
    Tracy hatte sehr lange schmale Füße und wackelte unsicher mit den Zehen, kaum dass sie ihre Schuhe abgestreift hatte. Armes Ding, dachte Agatha. Er wird sie heiraten und sie in eine typische Essex-Frau verwandeln: zwei Kinder, die Nicholas und Daphne heißen und auf eine weniger teure Privatschule gehen, ein Haus in einer Wohnanlage, die Loam End oder ähnlich hieß, Tischsets vom Costa-Brava-Urlaub, gerüschte Vorhänge, Jacuzzi, riesiger Fernseher, Langeweile. Und samstagabends ging es in irgendein großes Familienrestaurant, wo sie Hühnchen aßen und mit einem neuen Beaujolais herunterspülten, gefolgt von Schwarzwälder Kirschtorte. Ja, Essex würde es, nicht die Cotswolds. Roy wäre unter seinesgleichen glücklicher. Auch er würde sich verändern, finge an, Gewichte zu heben, Squash zu spielen und lauthals in sein Handy hineinzuschreien, während er in Restaurants saß.
    »Gehen wir auf einen Drink in den Pub«, sagte Agatha, nachdem Roy über die Zeiten gesprochen hatte, als er für sie gearbeitet hatte, und für Tracy jede noch so kleine Begebenheit in den schillerndsten Farben ausmalte. Agatha überlegte, ob sie Tracy anbieten sollte, ihr ein weites Kleid zu leihen, entschied sich aber dagegen. Das Mädchen würde es als Kritik an ihrer Kleidung auffassen.
    Im Pub machte Agatha die beiden mit ihren neuen Freunden bekannt, und Tracy blühte regelrecht auf, weil hier nichts weiter von ihr erwartet wurde, als über das Wetter zu reden.
    Die Hitze war allerdings auch heftig genug, um ein spannendes Thema zu sein. Draußen brannte die Sonne vom Himmel, und ein Mann sagte, in Cheltenham hätten sie 50 Grad gemessen.
    Zurück im Cottage half Tracy bei der Zubereitung des Mittagessens und drückte mit ihren hohen Absätzen Dellen in den Küchenboden, bis Agatha sie erneut bat, die Schuhe auszuziehen. Nach dem Mittag gingen sie mit ihrem Kaffee zu einem schattigen Flecken in den Garten, setzten sich dort auf die Gartenstühle und lauschten träge den Einzugsgeräuschen der neuen Nachbarn.
    »Willst du nicht mal über die Hecke linsen oder ihnen einen Kuchen bringen oder etwas in der Art?«, fragte Roy. »Bist du gar nicht neugierig?«
    Agatha schüttelte den Kopf. »Ich war beim Makler, und mein Haus steht ab nächste Woche zum Verkauf.«
    »Sie verkaufen?«, fragte Tracy verblüfft. »Warum?«
    »Ich gehe zurück nach London.«
    Tracy schaute sich im sonnigen Garten um, dann hinauf zu den Cotswolds Hills, die über dem Dorf aufragten und im gleißenden Sonnenschein schimmerten. Sie schien es nichtglauben zu wollen. »Das alles wollen Sie verlassen? Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen schöneren Flecken gesehen.« Sie sah wieder zum Cottage und hatte offensichtlich Mühe, ihre Gedanken in Worte zu fassen. »Es ist so alt, so … verlässlich. Alles wirkt so friedlich. Aber für Sie ist es wohl anders, Mrs. Raisin. Sie sind bestimmt schon viel gereist und haben viele schöne Orte gesehen.«
    Ja, Carsely war wunderschön, dachte Agatha missmutig. Das Dorf war mit vielen unterirdischen Quellen gesegnet, weshalb es inmitten all der verbrannten Landstriche ringsum sattgrün leuchtete.
    »Es gefällt ihr nicht«, krähte Roy, »weil die Leute hier dauernd versuchen, sie umzubringen.«
    Tracy wollte natürlich alles darüber hören, und so begann Agatha mit der Geschichte ganz am Anfang. Zuerst erzählte sie es Tracy, dann eher sich selbst, denn irgendetwas nagte in ihrem Hinterkopf.
    Am Abend führte Roy sie zum Essen in ein Schickimicki-Restaurant in Mircester aus. Tracy trank nur Mineralwasser, weil sie nach London zurückfahren würde. Sie schien eingeschüchtert von dem edlen Lokal. Umso mehr bewunderte sie Roy, der mit den Fingern nach den

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