Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit
Nun, vielleicht fällt er mir ja irgendwann wieder ein.« Sie zuckte gleichgültig die Achseln. »Schade, daß Raen schon abreisen mußte. Er hätte Hugh bestimmt gerne die letzte Ehre erwiesen. Er ist ein ausgesprochen rücksichtsvoller Mensch. Nun ja, er wird es sicher bald erfahren.«
»Würde er dann kehrtmachen und zurückkommen?« fragte Brenna, bemüht, die Furcht in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Vielleicht. Es hängt wohl davon ab, wo er sich gerade befindet, wenn die Nachricht ihn erreicht«, antwortete Euphemia. »Er wird es als seine Pflicht betrachten, an der Seite der anderen Lairds am Grab zu stehen, aber möglicherweise kann er Hughs Festung nicht mehr schnell genug erreichen. Wenn die anderen schon wieder abgereist sind, hat es ja keinen Sinn. Ich kann nur hoffen, daß er rechtzeitig Bescheid bekommt, denn ich weiß, daß er enttäuscht wäre, wenn er nicht dabei sein kann.«
»Aber Raen ist kein Laird, oder?«
»Er wird es aber bald sein«, erwiderte Euphemia scharf.
»Sicher«, beeilte Brenna sich zu sagen. »Wenn er also rechtzeitig von Hughs Tod erfährt, kommt er zurück. Würde er hier haltmachen?«
»Das wäre nur vernünftig, nicht wahr? Er hätte wohl keine Zeit, es auf dem Hinweg zu tun, aber wenn er sich wieder auf den Weg nach Norden macht, stattet er mir bestimmt noch einen letzten Besuch ab. Was ist denn, Brenna? Ihr seht so beunruhigt aus. Gefällt Euch der Gedanke nicht?«
»Oh, ich habe mich nur gefragt, wann Connor zurückkommt. Ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.«
»Wenn Ihr ein Problem habt, Brenna, dann solltet Ihr nicht Euren Mann damit belästigen. Ihr solltet mich um Rat ersuchen.«
Brenna beschloß, die Probe aufs Exempel zu machen. »Und wenn dieses Problem mit Eurem Sohn zusammenhängt?«
»Dann solltet Ihr erst recht mit mir sprechen. Ich bin immerhin seine Mutter, um Himmels willen, und da ist es nur recht und billig, daß ich den … Streit schlichte, bevor er unerwünschte Auswirkungen bekommt.«
»Mylady, ich bezweifle, daß ich jemals wieder mit Raen allein sein werde, so daß das Problem –«
Euphemia schnitt ihr das Wort ab. »Allein mit Raen? Erklärt mir, was Ihr damit meint, Kind. Habt Ihr Angst vor meinem Sohn?«
Brenna nickte zögernd. »Er hat versucht … ich meine, er hat mich … bedrängt, indem er mich festgehalten und … angefaßt hat, und als ich ihm sagte, daß er mich loslassen sollte, hörte er nicht auf mich. Er hat ziemlich unanständige Dinge –«
»Genug!« fauchte Euphemia. Ihre Augen funkelten wütend, aber Brenna hätte nicht sagen können, ob ihr Zorn sich auf sie oder auf ihren Sohn bezog.
Doch einen Lidschlag später veränderte sich Euphemias Miene vollkommen, und plötzlich sah sie tatsächlich amüsiert aus. Brenna fand ihr Lächeln genau so beunruhigend wie ihren Zorn.
»Mein Sohn hat Euch ins Herz geschlossen, Kind, das ist alles. Er hatte immer etwas für die armen Benachteiligten übrig – schon als Kind war er so. Als kleiner Junge suchte er sich aus den Würfen der Hündinnen immer die Schwächsten und Verkümmertesten aus, um sie aufzupäppeln. Ich will damit natürlich nicht sagen, daß Ihr benachteiligt oder verkümmert seid, aber Raen und ich haben beide bemerkt, wie kalt sich Connor Euch gegenüber benimmt. Ich denke, daß sich seine Haltung Euch gegenüber mit der Zeit verändern wird, wenn Ihr eifrig lernt und Euch bessert. Gestern abend zum Beispiel wirkte Connor doch ganz erfreut über Eure Anwesenheit am Tisch.«
Brenna fragte sich, was Euphemia wohl denken würde, wenn sie wüßte, daß sie ihren Mann gebeten hatte, sich nett und freundlich zu verhalten, aber sie konnte verstehen, wieso seine Stiefmutter glaubte, daß er nicht glücklich war. Connor war ja auch zunächst sehr distanziert mit Brenna umgegangen, und daß er sie schon mehrmals vor seinen Leuten küßte, hatte Euphemia ja nicht miterlebt.
»Was ist jetzt mit Raen?« fragte sie.
Euphemia tätschelte ihre Hand. »Seid Ihr sicher, daß Ihr die Sache nicht überbewertet?«
»Ja, da bin ich ganz sicher.«
Euphemia dachte eine lange Weile nach. Schließlich sagte sie: »Ihr wißt natürlich, daß Raen als der Bruder Eures Gemahls eine wichtige Person für Euch ist. Ich schlage vor, daß Ihr tut, was Raen von Euch verlangt. Als Herrin müßt Ihr Euch um seine Bedürfnisse kümmern, denn in Connors Abwesenheit ist er der Befehlshaber und Herr des Hauses.«
Brenna konnte ihre Empörung nicht mehr verbergen. »Soll das heißen,
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