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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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sich den Schweiß von der Stirn. Er trug ein weißes Hemd und Krawatte, helle Terylen-Hosen und schwarze Schuhe. Sein Hemd war schweißnaß. Martin Beck fühlte, daß auch sein eigenes Hemd feucht wurde und am Körper zu kleben begann. »Haben Sie zufällig gehört, worum sich das Gespräch drehte?« fragte er.
    »Um die Wahrheit zu sagen: ich habe tatsächlich eine ganze Menge gehört. Ich bin ein neugieriger Mensch, und es macht mir Spaß, Menschen zu beobachten. Ich habe also gelauscht. Palmgren und der Däne sprachen über Geschäfte. Ich weiß nicht, worum es ging, aber sie erwähnten mehrmals Rhodesien. Er hatte viele Eisen im Feuer, dieser Palmgren, das sagte er sogar selbst mehr als einmal, und wie ich gehört habe, waren seine Geschäfte nicht immer ganz sauber. Die Damen redeten über die Dinge, die Damen dieser Art miteinander zu beklönen pflegen: Kleider, Reisen, gemeinsame Bekannte, Parties und so etwas. Frau Palmgren and die Jüngere der beiden anderen sprachen über eine Frau, die sich ihre Hängebrüste hat wegoperieren lassen, die jetzt wie Tennisbälle aussehen und direkt unterm Kinn hängen sollen. Charlotte Palmgren erzählte von einer Party im Twentyone in New York, die Frank Sinatra mit seiner Gegenwart beehrt haben soll und bei der ein Mann namens Bully die ganze Nacht Champagner schmiß. Und derlei Zeugs mehr. Ein todschicker BH von Twilfit für 75 Kronen. Daß es im Sommer für Perücken zu warm sei, so daß man das Haar jeden Tag neu legen müsse, und so weiter und so weiter.«
    Martin Beck dachte im stillen, daß Edvardsson an jenem Abend nicht allzuviel in seinem Buch gelesen haben konnte. »Und die anderen Herren? Redeten die auch über Geschäfte?«
    »Nicht sehr viel. Es schien, als hätten sie vor dem Essen eine Konferenz gehabt, denn der vierte Mann, also nicht der Däne und nicht der junge Mann, erwähnte etwas darüber. Nein, auch die Gespräche der Männer bewegten sich nicht auf einem höheren Niveau als die Unterhaltung der Damen. Sie sprachen zum Beispiel lange über die Krawatte Palmgrens, die ich leider nicht sehen konnte, weil er mir den Rücken zuwandte. Diese Krawatte muß etwas ganz Besonderes gewesen sein, denn sie wurde von allen bewundert, und Palmgren sagte, er habe sie für 95 Francs auf den Champs-Elysees in Paris gekauft. Und dieser vierte Mann erzählte von einem Problem, das ihn nicht schlafen lasse. Seine Tochter sei nämlich mit einem Neger liiert. Palmgren schlug vor, er solle sie in die Schweiz schicken, denn dort gebe es kaum Neger.«
    Edvardsson stand auf, trug die leeren Flaschen in die Küche und kam mit zwei neuen Bieren zurück. Die Flaschen waren beschlagen und sahen äußerst verlockend aus.
    »Ja«, sagte Edvardsson, »das war's, was ich Ihnen von den Tischgesprächen erzählen kann. Nicht besonders ergiebig, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte Martin Beck wahrheitsgemäß. »Was wissen Sie eigentlich über Palmgren?«
    »Nicht viel. Er wohnte in einer der größten dieser alten Luxusvillen draußen in der Limhamm-Gegend. Er hat Geld in rauhen Mengen verdient, das er mit beiden Händen wieder ausgab, besonders für seine Frau und dieses alte Haus.« Edvardsson schwieg eine Weile. Dann stellte er eine Gegenfrage: »Was wissen Sie über Palmgren?«
    »Nicht viel mehr als Sie.«
    »Gott sei uns gnädig, wenn die Polizei über Figuren vom Schlage Viktor Palmgrens genausowenig weiß wie ich«, sagte Edvardsson und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Bierglas.
    »In dem Augenblick, in dem Palmgren erschossen wurde, hielt er doch gerade eine kleine Ansprache, nicht wahr?«
    »Ja, ich erinnere mich daran. Er stand auf und fing an, wie üblich eine Menge Scheiß zu quatschen. Hieß seine Gäste willkommen, dankte für die hervorragenden Arbeitsleistungen und schmierte den Damen Honig ums Maul. In diesen Dingen schien er Routine zu haben, denn er klang überwältigend herzlich. Die gesamte Bedienung zog sich zurück, um nicht zu stören, und sogar die Musik verstummte. Die Kellner waren plötzlich wie vom Erdboden verschluckt, und ich saß da und mußte mich an einem Whisky festhalten. Wissen Sie wirklich nicht, was für Geschäfte dieser Palmgren tätigte, oder ist das nur Geheimnistuerei der Polizei, um die Ermittlungen nicht zu stören?«
    Martin Beck schielte auf sein Bierglas. Nahm es in die Hand. Trank vorsichtig einen Schluck. »Ich weiß tatsächlich nicht sehr viel«, gestand er. »Aber es gibt sicher genügend andere, die mehr über Palmgren wissen. Ich

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