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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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sagte er mit milder Ironie: »Laß von dir hören, wenn du irgendeine Theorie hast.«
    Fußabdrücke waren ebenfalls nicht zu finden, was nicht weiter verwunderlich war, weil so viele Menschen im Restaurant herumgetrampelt waren, und überdies ist es auf dickem Teppichboden fast unmöglich, brauchbare Abdrücke zu finden. Vor dem Fenster war der Täter in einen Blumenkasten gesprungen - zum großen Schaden der Blumen, aber leider auch nicht zum Nutzen der Kriminaltechniker -, bevor er auf dem Bürgersteig weggelaufen war.
    »Dieses Essen«, sagte Skacke.
    »Ja, was ist damit?«
    »Es scheint eher ein Geschäftsessen als eine private Zusammenkunft gewesen zu sein.«
    »Möglich«, sagte Mänsson.
    »Hast du die Liste der Teilnehmer?«
    »Natürlich.«
    Sie gingen die Liste gemeinsam durch.
    Viktor Palmgren, Direktor, Malmö, 56 Charlotte Palmgren, Hausfrau, Malmö, 32 Hampus Broberg, Abteilungsleiter, Stockholm, 43 Helena Hansson, Chefsekretärin, Stockholm, 26 Öle Hoff-Jensen, Abteilungsleiter, Kopenhagen, 48 Birthe Hoff-Jensen, Hausfrau, Kopenhagen, 43 Mats Linder, Direktionsassistent, Malmö, 30 »Die arbeiten natürlich alle für den Palmgren-Konzern«, sagte Mänsson.
    »Es scheint so«, meinte Skacke. »Wir müssen sie aber noch einmal gründlich vernehmen.«
    Mänsson seufzte und dachte an die geographische Verteilung dieser Menschen. Das Ehepaar Jensen war schon am vorhergehenden Abend nach Kopenhagen zurückgekehrt. Hampus Broberg und Helena Hansson hatten die Morgenmaschine nach Stockholm genommen, und Charlotte Palmgren befand sich am Krankenbett ihres Mannes in Lund. In Malmö war nur noch Mats Linder. Und dessen konnte man auch nicht einmal sicher sein. Er war der engste Mitarbeiter Palmgrens und viel auf Reisen.
    So schienen die traurigen Ereignisse des Tages in der Nachricht vom Tode Palmgrens zu gipfeln, die sie um Viertel vor acht erreichte.
    Es sollte aber schlimmer kommen. Um halb elf saßen sie noch im Polizeihaus und tranken hohläugig und todmüde Kaffee, als das Telefon klingelte. Mänsson nahm den Hörer ab. »Ja, hier Kriminalinspektor Mänsson.« Und kurz darauf: »Ja, ich verstehe.«
    Er wiederholte das dreimal, bevor er »Auf Wiederhören« sagte und auflegte. Er sah Skacke an und sagte: »Dieser Fall ist nicht mehr unser Fall. Sie schicken einen Mann von der Reichsmordkommission her.«
    »Doch nicht Kollberg?« fragte Skacke unruhig.
    »Nein, es ist Beck höchstpersönlich. Er kommt morgen vormittag her.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Jetzt gehen wir nach Hause und legen uns schlafen«, entschied Mänsson und erhob sich.
    Martin Beck fühlte sich alles andere als wohl, als die Maschine aus Stockholm in Bulltofta landete.
    Er hatte schon immer eine heftige Abneigung gegen das Fliegen gehabt, aber dieser Flug war besonders unangenehm gewesen, da er an diesem Freitagvormittag noch unter den Folgen des Festessens vom Vortag zu leiden hatte.
    Als er aus der relativen Kühle der Kabine ins Freie trat, schlug ihm die heiße, stehende Luft entgegen, und er fing schon auf der Gangway an zu schwitzen. Als er auf die Ankunftshalle zuging, fühlte sich der Asphalt unter den Schuhsohlen weich an.
    Die Luft im Taxi war wie in einer Sauna, trotz der heruntergekurbelten Fenster, und der Kunststoffbezug der Rücklehne brannte glühendheiß durch den dünnen Hemdenstoff.
    Beck wußte, daß Mänsson im Polizeihaus auf ihn wartete, entschloß sich aber, zuerst ins Hotel zu fahren, um zu duschen und sich umzuziehen. Diesmal hatte er nicht wie sonst immer im St. Jörgen ein Zimmer bestellt, sondern im Savoy.
    Der Portier begrüßte ihn so überschwenglich und herzlich, daß Martin Beck einen Augenblick den Verdacht hegte, er verwechsle ihn mit irgendeinem lange vermißten Hotelgast von Bedeutung.
    Das Zimmer war luftig und kühl und ging nach Norden. Von den Fenstern aus konnte Beck den Kanal und den Hauptbahnhof sehen; hinter den Hafenbecken und der Kockums-Werft entdeckte er einen weißen Hovercraft, der gerade in dem taubenblauen Dunst in Richtung Kopenhagen verschwand.
    Martin Beck zog sich aus und spazierte nackt durchs Zimmer, während er seine Reisetasche auspackte. Dann ging er ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Anschließend zog er frische Unterwäsche und ein neues Hemd an, und als er mit dem Ankleiden fertig war, sah er, daß die Bahnhofsuhr genau zwölf zeigte. Er nahm ein Taxi zum Polizeihaus und begab sich sofort zu Mänssons Zimmer.
    Dieser hatte die Fenster zum Hof weit geöffnet.

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