Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
Vom Netzwerk:
hatte keinen Hunger, dafür aber um so mehr Durst. Er hatte zwar den Drink abgelehnt, den Charlotte Palmgren ihm angeboten hatte, aber als er in seinem glutheißen Wagen saß, standen die hellroten, eisklirrenden Getränke, die er in Mats Linders Händen gesehen hatte, wie eine Fata Morgana vor seinen Augen. Er erwog einen Augenblick, nach Hause zu fahren und sich einen Greifenberger zu mixen, entschied aber, daß der Tag noch zu jung sei, und schraubte seine Ansprüche etwas herunter. Ein kaltes Sodawasser in der Kantine mußte vorerst genügen.
    Martin Becks Hunger ließ ein wenig nach, als er den Speiseraum betrat, und weil er sich seines Magens nicht ganz sicher war, bestellte er eine Schinkenomelette, eine Tomate und eine Flasche Ramlösa. Mänsson verdoppelte die Bestellung.
    Als sie sich mit ihren Tabletts an einem Tisch niedergelassen hatten, entdeckten sie Benny Skacke, der verzweifelte Blicke zu ihnen herüberwarf. Ihm gegenüber und mit dem Rücken zu Beck und Mänsson saß Backlund. Er hatte seinen Teller zur Seite geschoben und drohte Skacke mit erhobenem Zeigefinger. Sie konnten nicht hören, was er sagte, aber Skackes Blicken nach zu urteilen, hielt er diesem eine Standpauke.
    Martin Beck aß schnell seine Omelette auf und ging dann zu Backlund an den Tisch. Er legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte freundlich: »Entschuldige, aber ich muß Skacke einen Augenblick entführen. Ich habe etwas mit ihm zu besprechen.« Backlund schien nicht erfreut über die Unterbrechung zu sein, konnte aber kaum protestieren. Dieser großschnauzige Stockholmer war ja hergeschickt worden, um im Auftrag der Reichspolizei-Führung die Ermittlungen zu leiten. Als könnten sie die nicht selbst mit Erfolg durchführen.
    Skacke stand sichtlich erleichtert auf und folgte Martin Beck. Als Mänsson seine Mahlzeit beendet hatte, verließen sie gemeinsam die Kantine, von den gekränkten Blicken Backlunds verfolgt.
    Sie gingen in Mänssons Zimmer, das einigermaßen kühl und gut durchgelüftet war. Mänsson ließ sich in den Drehsessel fallen, nahm einen Zahnstocher aus dem Bleistiftbehälter und steckte ihn in den Mundwinkel, nachdem er die Papierhülle entfernt hatte. Martin Beck zündete sich eine Zigarette an, und Skacke ging über den Flur, um seinen Notizblock zu holen. Dann setzte er sich auf den Stuhl neben Martin Beck und legte den Block aufs Knie. Martin Beck entdeckte den Text auf dem Deckel des Blocks und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Als Skacke seinen Blick sah, errötete er und schlug rasch den Block auf. Dann berichtete er, was die neue Zeugin mitzuteilen gehabt hatte.
    »Bist du ganz sicher, daß sie Gröngren heißt?« fragte Mänsson zweifelnd.
    Als Skacke fertig war, sagte Martin Beck: »Du mußt das mit der Besatzung des Tragflächenboots besprechen. Wenn dies derselbe Mann war, den sie auf dem Achterdeck stehen sahen, müssen sie auch den Pappkarton gesehen haben. Wenn er ihn überhaupt noch bei sich hatte, natürlich.«
    »Ich habe schon angerufen«, sagte Skacke. »Diese Stewardess, die ihn gesehen hat, ist heute nicht im Dienst. Aber morgen vormittag kommt sie herüber nach Malmö. Ich werde zum Hafen fahren und mit ihr reden.«
    »Gut«, sagte Martin Beck.
    »Kannst du denn Dänisch überhaupt verstehen?« fragte Mänsson zweifelnd.
    »Was soll denn dabei so schwierig sein?« fragte Skacke mit großen Augen.
    Dann war es Zeit für Martin Beck, über sein Telefongespräch mit Malm und seine Begegnung mit dem soeben angekommenen Kollegen zu berichten.
    »Ach so, Paulsson heißt der«, sagte Mänsson. »Ich frage mich, ob ich den nicht schon mal im Fernsehen gesehen habe. Er erinnert mich übrigens sehr an einen Burschen von der Sicherheitspolizei, der hier in Malmö arbeitet. Man nennt ihn den ›geheimen Persson‹.
    Der trägt auch so merkwürdige Anzüge und kleidet sich überhaupt sehr komisch. Übrigens, das mit dem Heringsexport habe ich als bekannt vorausgesetzt, aber von Waffengeschäften und dunklen Machenschaften habe ich bisher keine Ahnung gehabt.«
    »Nun, das ist an und für sich nicht verwunderlich«, sagte Martin Beck. »Das hat er bestimmt nicht an die große Glocke gehängt.« Mänsson zerbrach den Zahnstocher und legte ihn in den Aschenbecher. »Also, ich hatte gleich so ein merkwürdiges Gefühl, als mir die nackte Witwe erzählte, Palmgren tätige viele seiner Geschäfte in Portugal.«
    »Die nackte Witwe?« wiederholten Martin Beck und Skacke wie aus einem

Weitere Kostenlose Bücher