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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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Dann holte er tief Luft, griff von neuem nach dem Notizblock und nahm einen weiteren Anlauf. »Obwohl Ihnen zwei Uhren zur Verfügung standen, wissen Sie also nicht, wie spät es war?«
    »Ja, so ist es.«
    »Derart vage Antworten helfen uns nicht viel.«
    »Übrigens gehen die Uhren nicht gleich. Meine geht vor, und die da hinten geht nach.«
    Backlund konsultierte seinen Chronometer. »Eigentümlich«, sagte er und schrieb etwas auf.
    Mänsson hätte gern gewußt, was es war.
    »Sie standen also hier, als der Täter vorbeiging?«
    »Ja.«
    »Können Sie mir von diesem Mann eine möglichst genaue Beschreibung geben?«
    »Ich muß gestehen, daß ich ihn mir gar nicht angesehen habe.«
    »Sie haben den Täter nicht angesehen?« sagte Backlund verblüfft.
    »Das schön, aber erst, als er aus dem Fenster kletterte.«
    »Na also. Wie sah er denn aus?«
    »Ich weiß nicht. Die Entfernung dorthin ist ziemlich groß, und der Tisch wird von der Säule verdeckt.«
    »Sie wollen also sagen, daß Sie nicht wissen, wie der Mann ausgesehen hat?«
    »Ja.«
    »Vielleicht wissen Sie aber, wie er gekleidet war?«
    »Er trug ein braunes Jackett, glaube ich.«
    »Glauben Sie.«
    »Ja, ich habe ihn schließlich nur einen kurzen Moment gesehen.«
    »Aber was hatte er denn sonst noch an? Was für eine Hose, zum Beispiel.«
    »Doch, eine Hose hatte er an.«
    »Ach, sind Sie ganz sicher?«
    »Nun ja, es wäre ja ein bißchen komisch gewesen, wenn er keine angehabt hätte. Keine Hose, meine ich.«
    Backlund schrieb aus Leibeskräften mit. Mänsson drehte den Zahnstocher im Mund um und sagte leise: »Hör mal, Backlund.« Dieser fuhr herum und starrte Mänsson irritiert an. »Ich bin gerade dabei, einen wichtigen Zeugen zu vernehmen…« Er brach unvermittelt ab und sagte sauertöpfisch: »Ach so, du bist es.«
    »Was ist eigentlich passiert?«
    »Ein Mann ist hier im Saal niedergeschossen worden«, sagte Backlund mit tiefem Ernst. »Und weißt du, wer?«
    »Nein.«
    »Direktor Palmgren«, sagte Backlund beinahe ehrfürchtig.
    »Ach so, der«, sagte Mänsson, Und dachte: Das wird noch heiter werden. Laut sagte er: »Es ist also vor mehr als einer Stunde passiert, und der Schütze ist seelenruhig aus dem Fenster geklettert und verschwunden.«
    »So kann es sich abgespielt haben, ja.« Backlund nahm nie etwas als gegeben hin.
    »Warum stehen draußen sechs Polizeiwagen?«
    »Ich habe absperren lassen.«
    »Was denn? Das ganze Viertel?«
    »Den Tatort«, sagte Backlund.
    »Jetzt sieh mal zu, daß du all die Uniformierten wegschaffst«, sagte Mänsson müde. »Es scheint den Hotelleuten nicht sehr angenehm zu sein, daß es sowohl in der Halle wie draußen auf der Straße von Polizisten wimmelt. Außerdem glaube ich, daß die Beamten woanders dringender benötigt werden. Dann solltest du versuchen eine brauchbare Täterbeschreibung zu bekommen. Es gibt bestimmt bessere Zeugen als diesen Mann.«
    »Wir müssen alle vernehmen, die als Zeugen in Betracht kommen«, sagte Backlund.
    »Ja, wenn es an der Zeit ist«, sagte Mänsson. »Aber halte bitte niemanden fest, der nichts wirklich Entscheidendes vorzubringen hat. Laß dir Adressen und Telefonnummern geben, das genügt.« Backlund sah ihn mißtrauisch an. »Was hast du denn vor? Was willst du tun?«
    »Ein paar Telefongespräche führen«, sagte Mänsson.
    »Mit wem denn?«
    »Mit den Zeitungen zum Beispiel, um herauszufinden, was geschehen ist.«
    »Soll das etwa ein Witz sein?« fragte Backlund argwöhnisch.
    »Genau das«, erwiderte Mänsson geistesabwesend und sah sich um.
    Mehrere Journalisten und Fotografen strichen im Speisesaal umher. Einige von ihnen waren sicher lange vor der Polizei eingetroffen, und vermutlich hatte der eine oder andere sich im Grillroom oder in der Bar aufgehalten, als der ominöse Schuß fiel.
    Wenn er die Brüder richtig kannte…
    »Aber die Sorgfalt erfordert…«, begann Backlund.
    Genau in diesem Augenblick kam Benny Skacke in den Speisesaal gestürmt. Er war Kriminalassistent und erst dreißig Jahre alt. Er hatte früher bei der Reichsmordkommission in Stockholm gearbeitet, war aber um eine Versetzung eingekommen, nachdem sein etwas zweifelhaftes Vorgehen bei einem dienstlichen Auftrag einem seiner Vorgesetzten um ein Haar das Leben gekostet hätte. Skacke war pflichtbewußt und gewissenhaft, wenn auch etwas naiv.
    »Nimm dir Skacke zur Unterstützung«, sagte Mänsson.
    »Diesen Burschen aus Stockholm?« sagte Backlund zweifelnd.
    »Genau den. Und vergiß bitte

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