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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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an.« Kollberg nickte nachdenklich. Kurz darauf machte Helena Hansson die Tür wieder auf. Sie trug ein Kleid, und ihre Frisur sah verdächtig gepflegt aus. Sowohl Kollberg wie Äsa Torell sahen sofort, daß sie eine Perücke auf das nasse Haar gesetzt hatte. Sie standen mit unschuldigen Mienen weit weg von der Wohnungstür am Treppenabsatz. Äsa Torell hatte sich eine Zigarette angezündet und rauchte gleichgültig und scheinbar geistesabwesend.
    »Bitte, treten Sie ein«, sagte Helena Hansson. Ihre Stimme war angenehm und überraschend kultiviert.
    Sie traten ein und sahen sich um. Die Wohnung bestand aus Flur, einem Zimmer und der Küche. Sie war relativ geräumig und gut, aber unpersönlich möbliert. Die meisten Einrichtungsgegenstände schienen neu zu sein, und zahlreiche Einzelheiten deuteten darauf hin, daß der Bewohner dieser Wohnung nicht knapp bei Kasse war. Alles war peinlich sauber und ordentlich.
    Das Bett war groß und breit, und als Kollberg den dicken Überwurf ansah entdeckte er einen rechteckigen Abdruck, als hätte eben noch ein Koffer oder eine Reisetasche dort gelegen.
    Das Wohnzimmer hatte auch eine Sitzgruppe mit bequemen Sesseln. Helena Hansson zeigte nachlässig darauf und sagte:
    »Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Sie setzten sich. Die Frau blieb einen Augenblick stehen. »Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«
    »Nein, danke«, sagte Kollberg.
    Äsa Torell schüttelte verneinend den Kopf. Helena Hansson setzte sich, nahm eine Zigarette aus einem Zinnbecher, der auf dem Couchtisch stand, und zündete sie an. Dann sagte sie ruhig:
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«
    »Sie wissen ja schon, worum es geht«, sagte Kollberg.
    »Ja, diese schreckliche Geschichte in Malmö. Aber viel mehr als das kann ich eigentlich nicht sagen. Daß es schrecklich war.«
    »Wo saßen Sie am Tisch?«
    »An der äußersten Kante der Längsseite. Mein Tischherr war ein Däne, ein Geschäftsmann. Jensen hieß er, glaube ich.«
    »Direktor Hoff-Jensen«, sagte Kollberg.
    »Ach ja, jetzt entsinne ich mich.«
    »Und Direktor Palmgren?«
    »Saß auf der anderen Längsseite. Mir schräg gegenüber. Direkt gegenüber saß die Frau dieses Dänen.«
    »Sie wandten also dem Mann, der Direktor Palmgren erschoß, das Gesicht zu?«
    »Ja, das ist richtig. Es ging aber alles sehr schnell. Ich hatte kaum Zeit, zu begreifen, was da passierte. Im übrigen glaube ich, daß niemand begriff, was da geschah, bevor alles vorbei war.«
    »Aber Sie haben den Mörder gesehen?«
    »Ja. Aber ohne ihn für einen Mörder zu halten.«
    »Wie sah er aus?«
    »Auch das habe ich schon erzählt. Möchten Sie, daß ich es wiederhole?«
    »Ja, bitte.«
    »Ich habe nur eine ganz allgemeine Erinnerung an sein Aussehen. Wie ich schon sagte, ging alles sehr schnell, und außerdem habe ich mich nicht sehr auf die Menschen in meiner Umgebung konzentriert. Ich war in Gedanken versunken.« Sie sprach ruhig und schien völlig aufrichtig zu sein.
    »Warum haben Sie sich nicht auf Ihre Umgebung konzentriert, wie Sie es eben ausdrückten?«
    »Direktor Palmgren hielt gerade eine kleine Rede. Was er sagte, ging mich nichts an, und folglich hörte ich gar nicht richtig hin. Ich verstand nicht einmal ganz, wovon er sprach, und rauchte unterdessen und dachte an ganz andere Dinge.«
    »Lassen Sie uns zu dem Mann zurückkehren, der auf Palmgren schoß. Haben Sie ihn schon einmal gesehen?«
    »Nein, noch nie. Er war mir völlig fremd.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen, wenn Sie ihn wieder zu sehen bekämen?«
    »Vielleicht. Aber ich bin mir dessen durchaus nicht sicher.«
    »Wie alt mochte er Ihrer Meinung nach sein?«
    »So zwischen fünfunddreißig und vierzig. Ein schmales Gesicht mit gelichtetem dunklem Haar.«
    »Größe?«
    »Mittelgroß, würde ich sagen.«
    »Und die Kleidung?«
    »Recht gepflegt. Ich glaube, er hatte ein braunes Jackett an. Er trug auf jeden Fall eine Krawatte und ein helles Hemd.«
    »Können Sie noch mehr über ihn sagen?«
    »Nicht viel. Er sah recht alltäglich aus.«
    »Welcher Gesellschaftsschicht würden Sie ihn zurechnen?«
    »Gesellschaftsschicht?«
    »Ja. Sah er etwa wie ein Mann aus, der viel Geld hat oder eine hohe Stellung bekleidet?«
    »Nein, den Eindruck hatte ich nicht. Eher wie ein Buchhalter oder ein gewöhnlicher Arbeiter. Er machte einen recht ärmlichen Eindruck.« Sie zuckte die Achseln und fuhr fort: »Sie sollten sich aber nicht zu sehr auf das verlassen, was ich Ihnen zu sagen habe.
    Tatsache ist, daß ich ihn nur sehr

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