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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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in der Reisetasche da drüben liegt.«
    »Wage es ja nicht, ohne meine Einwilligung in meinen Sachen herumzuwühlen, du Aas. Ich kenne meine Rechte.«
    »Ich habe nicht die Absicht, hier irgend etwas ohne Erlaubnis anzurühren«, sagte Äsa Torell.
    »Was, zum Teufel, willst du dann hier? Wegen dieser Geschichte kann man mich nie belangen.«
    Äsa Torell sagte nichts.
    »Außerdem habe ich wohl, verflucht noch mal, das Recht, zu verreisen, mit wem ich will.«
    »Und zu schlafen, mit wem du willst? Ja, das ist völlig richtig. Du hast aber kein Recht, Geld dafür zu nehmen. Wie hoch war übrigens das sogenannte Honorar?«
    »Glaubst du wirklich, ich bin so scheißdämlich, eine solche Frage zu beantworten?«
    »Das ist gar nicht nötig. Ich kenne die Tarife. Du hast 1000 Kronen gekriegt, dazu die Reise und das Hotel.«
    »Du weißt ja allerhand«, sagte Helena Hansson aufmüpfig.
    »Wir wissen das meiste über diese Branche.«
    »Bilde dir nur nicht ein, du könntest mich reinreißen, du verdammte, beschissene…«
    »Doch, das kann ich schon. Nur keine Angst. Das wird sich schon machen lassen.«
    Plötzlich sprang Helena Hansson auf und warf sich mit ausgestreckten Krallen über den Tisch.
    Äsa Toreil kam mit der Geschmeidigkeit einer Katze auf die Beine und parierte den Angriff mit einem einfachen Schlag, der die aridere rücklings in den Sessel zurückwarf. Eine Vase mit Nelken fiel zu Boden, aber keine von beiden dachte daran, sie aufzuheben. »Nur nicht kratzen«, sagte Äsa Torell. »Immer schön mit der Ruhe.«
    Die Frau starrte sie an. Es sah tatsächlich so aus, als hätte sie Tränen in den wasserblauen Augen. Die Perücke war verrutscht.
    »Daß du auch noch prügeln mußt, du verdammte Xanthippe«, jammerte sie. Sie blieb eine Weile mit hoffnungsloser Miene sitzen. Dann machte sie sich Mut für eine neue Gegenoffensive und sagte hysterisch: »Hau endlich ab, du Miststück. Laß mich in Ruhe. Komm zurück, wenn du mir irgend etwas nachweisen kannst.« Äsa Torell wühlte in ihrer Umhängetasche und holte Bleistift und Notizblock heraus. »Ich bin eigentlich an etwas ganz anderem interessiert«, sagte sie. »Du hast noch nie als Freelancer gearbeitet und tust es heute sicher auch nicht. Na, wer ist denn derjenige, der die Fäden in der Hand hält?«
    »Bist du wirklich so blöd, zu glauben, ich würde dir das erzählen?« Äsa Torell ging zum Telefon, das auf dem Frisiertisch stand. Es war ein hellgrauer Apparat vom Typ Dialog. Sie bückte sich und notierte die Nummer, die schon vom Fernmeldeamt als kleinerer Kundendienst auf einem kleinen weißen Zettel vermerkt wird. Dann hob sie ab und wählte diese Nummer. Es ertönte das Besetztzeichen. »Nicht sehr schlau, den Zettel mit der richtigen Nummer dranzulassen«, sagte sie. »Dieses Telefon wird Sie überführen, wer auch immer als Teilnehmer angemeldet ist.«
    Die Frau sank noch tiefer in den Sessel und warf ihr einen zugleich gehässigen und resignierten Blick zu. Nach einer Weile sah sie auf die Uhr und jammerte: »Kannst du dich nicht endlich verziehen? Du hast doch schon bewiesen, wie tüchtig Polypen sein können.«
    »Noch nicht«, sagte Äsa Torell ruhig. »Warte noch ein bißchen.« Helena Hansson schien von der Entwicklung der Ereignisse völlig verwirrt zu sein. Dies war etwas, womit sie ganz offensichtlich nicht gerechnet hatte. Dies fiel völlig aus dem Rahmen und paßte so ganz und gar nicht zu der einstudierten Rolle, an die sie sich früher immer gehalten hatte. Außerdem genügte das Wissen darum, daß dieser weibliche Polizist Einblick in ihre Vergangenheit hatte, vollauf, um sie einsehen zu lassen, daß weiteres Theaterspielen sinnlos war. Dennoch wirkte sie merkwürdig nervös und schaute immer wieder auf die Uhr. Ihr war klar, daß die andere auf irgend etwas wartete, aber sie konnte sich nicht denken, auf was. »Willst du noch lange hier herumsitzen und glotzen«, fauchte sie irritiert.
    »Keineswegs. Es wird sehr schnell gehen«, sagte Äsa Torell und sah die Frau im Sessel an. Sie hatte keine Gefühle für die Hansson, nicht einmal Widerwillen und vor allem kein Mitleid. Das Telefon klingelte.
    Helena Hansson machte keine Anstalten, aufzustehen und zum Telefon zu gehen, und Äsa Torell bewegte sich nicht vom Fleck. Sechsmal hallte das Klingeln durch den Raum.
    Dann war der frühere Zustand wiederhergestellt. Äsa Torell stand neben dem Frisiertisch mit lose herabhängenden Armen und leicht gespreizten Beinen. Helena Hansson saß im

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