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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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Profite machte. Darum schließen weder Martin noch ich aus, daß er aus politischen Gründen beseitigt worden ist. Als eine Art Warnung für andere, die in der gleichen Branche arbeiten.«
    »Der arme Martin«, sagte Äsa Torell. Es lag Wärme in ihrer Stimme. Kollberg lächelte in sich hinein. Er hatte Äsa Torell nach Äke Stenströms Tod sehr gut kennengelernt und schätzte sie außerordentlich, sowohl als Frau wie wegen ihres klaren Intellekts.
    »Nun ja«, sagte er. »Ich schlage vor, daß wir so schnell wie möglich zu dieser bezaubernden Dame fahren und versuchen, etwas aus ihr herauszuquetschen. Ich kann dich mit dem Wagen abholen. Wir müssen einfach hoffen, daß sie zu Hause ist.«
    »Okay«, sagte Äsa Torell. »Aber…«
    »Aber was?«
    »Ich möchte dich nur darauf vorbereiten, daß sie bestimmt eine hartgesottene Type ist. Wir tun bestimmt gut daran, vorsichtig vorzugehen, jedenfalls zu Anfang. Ich bin zwar eine Anfängerin in diesem Spiel, und es ist vielleicht albern, daß ich dir gute Ratschläge gebe, aber ich habe mit dieser Art Klienten schon eine Menge zu tun gehabt. Eine Person wie die Hansson beherrscht die meisten Kniffe im Umgang mit der Polizei. Langes und hartes Training, weißt du. Ich glaube nicht, daß es sich lohnt, wie ein Bulldozer vorzugehen.«
    »Du hast sicher recht.«
    »Wer hält übrigens ein Auge auf Broberg?«
    »Wenn wir Glück haben, finden wir ihn vielleicht in den Armen dieser Dame. Sonst hat merkwürdigerweise Gunvald Larsson sich bereit erklärt, auf ihn aufzupassen.«
    »Nun, dann wird es auf jeden Fall Bulldozertaktik geben«, sagte Äsa Torell trocken.
    »Vermutlich. Also, machen wir's doch so: Ich komme vorbei und hole dich in etwa zwanzig Minuten ab.«
    »Ja, gut. Also, bis gleich.«
    »Bis gleich.« Kollberg blieb einige Zeit mit dem Hörer in der Hand sitzen. Dann rief er Gunvald Larsson an.
    »Ja?« sagte dieser unfreundlich. »Was, zum Teufel, ist denn jetzt schon wieder los?«
    »Wir haben diese Puppe jetzt lokalisiert.«
    »Aha«, sagte Gunvald Larsson uninteressiert.
    »Ich fahre jetzt zusammen mit Äsa Torell zu ihr hin.«
    »Aha.«
    »Hör mal, du bist ja noch saurer als gewöhnlich.«
    »Aus guten Gründen«, sagte Gunvald Larsson. »Vor zwanzig Minuten wurde einem Türken auf dem Hötorget die Wampe aufgeschlitzt. Mit einem Stilett - der Himmel weiß, ob er durchkommt. Als ich ihn sah, schien er Mühe zu haben, die Eingeweide im Körper zu behalten.«
    »Habt ihr den Burschen gefaßt, der's getan hat?«
    »Nein, aber wir wissen, wer es war.«
    »Ein anderer Türke?«
    »Keineswegs, ein prima reinrassiger Stockholmer. Siebzehn Jahre alt und high wie 'ne Schiffssirene. Wir jagen ihn jetzt.«
    »Warum hat er's getan?«
    »Warum? Das ist vielleicht eine dämliche Frage. Vielleicht hat er sich vorgenommen, das Gastarbeiterproblem auf seine Weise zu lösen. Es wird mit jedem Tag schlimmer und schlimmer.«
    »Ja, ja, wie wahr«, sagte Kollberg. »Hör mal, ich glaube nicht, daß ich rechtzeitig zu Brobergs Büro hinkomme.«
    »Nur keine Angst«, sagte Gunvald Larsson. »Das geht schon in Ordnung. Ich fange nämlich an, mich für diesen Burschen zu interessieren.«
    Sie legten zur selben Zeit auf, ohne noch etwas gesagt zu haben. Kollberg wunderte sich noch immer über die plötzliche Hilfsbereitschaft Gunvald Larssons. Er rief auch die Bankierfirma in der Kungsgatan an.
    »Nein, Direktor Broberg hat noch nichts von sich hören lassen«, sagte Sara Moberg.
    »Und die Reisetasche steht noch immer in seinem Zimmer?«
    »Ja, aber das habe ich Ihnen doch schon gesagt, als Sie das letztemal anriefen.«
    »Entschuldigung, ich wollte mich nur noch einmal vergewissern.« Er wählte die Nummer des Immobilienbüros, das er am Morgen besucht hatte. Auch dort hatte Hampus Broberg sich nicht blicken lassen. Er hatte auch nicht angerufen. Kollberg ging hinaus, um sich die Hände zu waschen, legte anschließend einen Zettel auf seinen Schreibtisch und ging hinunter zu seinem Wagen. Äsa Torell stand schon auf der Treppe des Polizeihauses in der Kungsholmsgatan und wartete auf ihn. Kollberg hielt an der Bordsteinkante und sah sie bewundernd an, während sie die Treppenstufen herabkam und den Bürgersteig überquerte.
    In seinen Augen war sie eine ungewöhnlich anziehende Frau mit ihrem kurzgeschnittenen dunklen Haar und den großen braunen Augen. Sie war zwar klein, hatte aber einen vielversprechenden Körperbau mit genau der richtigen Breite zwischen den Hüftknochen. Zierlich

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