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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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und gleichzeitig stabil, hatte ihre Erscheinung etwas überaus Sinnliches, aber soviel er wußte, hatte sie ihre sexuelle Aktivität seit dem Tod ihres Mannes eingefroren.
    Er fragte sich, wie lange das so weitergehen konnte.
    Wenn er nicht schon Verstand genug gehabt hätte, sich eine erstklassige Frau zuzulegen…
    Dachte Lennart Kollberg. Dann streckte er den Arm aus und öffnete die rechte Vordertür. »Steig ein, Mädchen«, sagte er.
    Sie setzte sich neben ihn, legte ihre Umhängetasche auf die Knie und mahnte: »So, jetzt aber immer schön mit der Ruhe, ja?« Kollberg nickte und startete den Wagen. Fünf Minuten später hielten sie vor dem Eingang eines älteren Mietshauses in der Banergatan. Sie stiegen aus.
    »Du solltest nicht auf der Straßenseite aussteigen, das ist gefährlich«, bemerkte Asa Torell.
    Kollberg nickte noch einmal. »Du hast ja so recht«, sagte er. Er sehnte sich inständig nach einem frischen Hemd.

15
    Die Wohnung lag im dritten Stock, und auf dem Türschild stand tatsächlich der Name Helena Hansson.
    Kollberg hob die rechte Faust, um in gewohnter Manier an die Tür zu hämmern, aber Äsa Torell legte abwehrend die Hand auf seinen Arm und drückte statt dessen auf die Klingel. Nichts geschah, worauf sie nach einer halben Minute noch einmal klingelte. Diesmal wurde die Tür geöffnet, und eine blonde junge Frau sah sie mit blauen Augen fragend an. Sie trug lila Hausschuhe und einen weißen Morgenmantel, und sie schien gerade geduscht oder sich die Haare gewaschen zu haben, denn um den Kopf hatte sie ein Frotteetuch gewickelt.
    »Polizei«, sagte Kollberg und angelte seine Legitimation heraus. Äsa Torell wies sich ebenfalls aus, sagte aber nichts.
    »Sie sind Helena Hansson, nicht wahr?«
    »Ja, sicher.«
    »Es geht um diese Geschichte in Malmö vor einer Woche. Wir würden uns gern mit Ihnen unterhalten.«
    »Das bißchen, was ich weiß, habe ich aber schon der Polizei dort unten gesagt. Noch am selben Abend.«
    »Das Gespräch war aber nicht sehr erschöpfend«, sagte Kollberg.
    »Sie waren natürlich erschüttert, und Zeugenaussagen, die in solchen Schocksituationen gemacht werden, sind dann leicht ein bißchen summarisch. Darum unterhalten wir uns mit Augenzeugen gern noch ein zweites Mal, wenn sie Zeit gehabt haben, ein paar Tage nachzudenken. Dürfen wir einen blick reinkommen?« Die Frau zögerte. Es sah sogar aus, als wollte sie nein sagen.
    »Es wird bestimmt nicht lange dauern«, sagte Kollberg. »Es ist eine reine Routinesache.«
    »Wenn Sie meinen«, sagte Helena Hansson. »Ich habe es zwar etwas eilig, aber ..« Sie verstummte, und die beiden ließen ihr Zeit, sich eine geeignete Fortsetzung auszudenken.
    »Können Sie so nett sein, einen Augenblick draußen zu warten, während ich mir schnell etwas anziehe?« Kollberg nickte.
    »Ich habe gerade die Haare gewaschen«, fügte sie hinzu. »Es dauert nur eine Minute.« Ohne sich auf weitere Debatten einzulassen, machte sie ihnen die Tür vor der Nase zu. Kollberg legte warnend einen Finger auf die Lippen. Äsa Torell kniete sich sofort hin und schob geräuschlos und vorsichtig den Deckel des Briefschlitzes hoch. Aus der Wohnung waren einige Laute zu hören. Zuerst das Klicken einer Telefonwählscheibe. Helena Hansson versuchte, jemanden anzurufen. Sie kam offenbar durch, fragte nach irgend jemandem, wurde weiterverbunden und dankte mit leiser Stimme. Dann sagte sie nichts mehr, aber Äsa Torell hatte ein ungewöhnlich feines Gehör und glaubte zu hören, daß es sehr oft klingelte. Schließlich sagte die Frau in der Wohnung: »Also nicht. Vielen Dank.« Der Hörer wurde aufgelegt.
    »Sie hat versucht, jemanden anzurufen, hat ihn aber nicht erreicht«, flüsterte Äsa Torell. »Über eine Telefonzentrale, glaube ich.«
    Kollberg formte mit den Lippen einen Namen: »Broberg.«
    »Seinen Namen hat sie nicht genannt, das hätte ich gehört.« Kollberg machte eine warnende Grimasse und zeigte stumm auf den Briefschlitz. Äsa Torell legte ihr rechtes Ohr an die Öffnung. Es war ihr bestes. Es waren verschiedene Geräusche zu hören, und sie zog ihre dichten schwarzen Augenbrauen hoch. Nach zwei Minuten richtete sie sich wieder auf und flüsterte: »Sie hat etwas gemacht, was offensichtlich sehr schnell gehen mußte. Ich nehme an, daß sie eine Reisetasche gepackt hat, denn ich glaube, ich hörte das Schloß einschnappen. Dann trug oder schleifte sie etwas über den Fußboden und machte eine Tür auf oder zu. Jetzt zieht sie sich

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