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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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ganz einfach zu dumm dazu.
    Und Hoff-Jensen hatte sicher nicht den nötigen Einblick in die komplizierten Machenschaften des Palmgrenschen Geschäftsimperiums.
    War es aber wirklich denkbar, daß Linder ein derart offenkundiges Risiko einging? Warum eigentlich nicht? Ein hohes Spiel erfordert hohe Einsätze. Es wäre interessant, Hampus Broberg mit Mats Linder zu konfrontieren und zu hören, was die beiden Herren einander zu sagen hatten. Und das Mädchen?
    War Helena Hansson nur ein gedungenes Werkzeug gewesen? Wenn ja, dann offensichtlich ein vielseitig verwendbares Werkzeug; als Sekretärin, Schmuggelkurier und im Bett gleichermaßen gut zu gebrauchen.
    Ihre eigenen Angaben deuteten darauf hin, und es gab nicht den geringsten Anlaß, daran zu zweifeln. Lange Erfahrung hatte Martin Beck aber gelehrt, daß gerade im Bett zahlreiche Geheimnisse ausgeplaudert werden. Und Broberg gehörte zu den Kunden, die Helena Hanssons Dienste regelmäßig in Anspruch genommen hatten. Martin Becks Gedanken reiften zu einem Entschluß heran. Er stand auf und verließ das Zimmer. Er nahm den Fahrstuhl ins Erdgeschoß, wo die Staatsanwaltschaft ihre Büros hatte.
    Zehn Minuten später saß er wieder hinter dem Schreibtisch in dem ihm vorübergehend zur Verfügung gestellten Raum und wählte die Nummer von Västberga.
    »Fabelhaft«, sagte Kollberg. »Du hast tatsächlich die Zeit eingehalten.«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sieh zu, daß die beiden verhaftet werden.«
    »Alle beide?«
    »Ja, wir brauchen sie hier als Zeugen. Sie sind wichtig für die Ermittlungen in dieser Mordsache.«
    »Wirklich?« Kollbergs Summe klang zweifelnd.
    »Sie müssen so schnell wie möglich hierher verfrachtet werden«, sagte Martin Beck unerschüttert.
    »Okay«, sagte Kollberg. »Nur noch eins.«
    »Nämlich?«
    »Werde ich dann diesen verdammten Fall los?«
    »Ich glaube schon.«
    Nach dem Telefongespräch blieb Martin Beck noch eine Weile in Gedanken versunken sitzen. Jetzt grübelte er aber mehr über Kollberg und dessen mehr oder weniger unausgesprochene Zweifel nach. Waren diese Menschen tatsächlich für die weiteren Ermittlungen wichtige Zeugen? Vielleicht nicht, aber er hatte einen anderen, eher persönlichen Grund für seine Forderung. Er hatte weder Broberg noch Helena Hansson je gesehen, nicht einmal auf Fotos, und war ganz einfach neugierig. Er wollte sehen, wie sie aussahen, mit ihnen sprechen, irgendeine Form menschlichen Kontakts zu ihnen finden und seine eigenen Reaktionen testen.
    Am nächsten Morgen um fünf nach zehn wurden Hampus Broberg und Helena Hansson im Stockholmer Rathausgeficht verhaftet. Es war Mittwoch, der 9. Juli. Sie verließen Stockholm am selben Tag mit der Mittagsmaschine. Broberg wurde von einem Constable begleitet, Helena Hansson von einer Beamtin. Äsa Torell flog mit, um mit ihren Kollegen in Makao Ermittlungsfragen zu erörtern. Um Viertel vor zwei landeten sie in Bulltofta.

22
    An der Südostspitze Amagers, gleich südlich des Kastruper Flughafens, liegt Dragor. Das kleine dänische Städtchen wird von etwa vier bis fünftausend Seelen bewohnt und ist hauptsächlich wegen seines neuen großen Fährhafens bekannt. Im Sommer verkehren die Fähren zwischen Dragor und Limhamn im Pendelverkehr, um alle schwedischen Autofahrer zu transportieren, die sich auf dem Weg zum Kontinent oder von dort zurück befinden, aber auch im Winter werden die Schiffe fleißig benutzt, vor allem von schwereren Fahrzeugen, Fernlastern und Bussen. Und das ganze Jahr über fahren Hausfrauen von Malmö nach Dragor, um an Bord zollfreie Waren und in Dänemark Lebensmittel einzukaufen, die dort billiger sind als in Schweden.
    Vor nicht allzu langer Zeit war die kleine Hafenstadt noch ein beliebter Badeort, und im Fischereihafen, in dem die Fangschiffe Reling an Reling lagen, herrschte lebhafte Tätigkeit.
    Als Erholungsort hatte Dragor den Vorteil, für die Kopenhagener in bequemer Reichweite zu liegen. Heute ist die Nähe zur Hauptstadt bloß ein Nachteil; das Wasser vor den Kais und Stranden Dragors ist derart verschmutzt, daß es weder zum Baden noch zum Fischen taugt.
    Die Stadt selbst hat sich dagegen seit der Zeit, in der die Damen auf der Strandpromenade noch lässig ihre Sonnenschirme drehten, um ihre Alabasterhaut vor den schädlichen Sonnenstrahlen zu schützen, kaum in ihrem Erscheinungsbild verändert. Die Zeit, in der die Herren am Uferrand vorsichtig kneippten und ihre Punschbäuche in unvorteilhaften Badetrikots zur Schau stellten,

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