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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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»Herr Linder ist nicht im Haus«, sagte die blonde Empfangsdame lässig. »Aber…«
    »Aber was?«
    »Ich kann Sie mit seiner Sekretärin verbinden.«
    Mats Linder war in der Tat recht weit außer Haus. Er war nämlich am Dienstagnachmittag von Kastrup nach Johannesburg geflogen. In eiligen Geschäften.
    Im Augenblick war er nicht einmal in Johannesburg anzutreffen, falls jemand auf die Schnapsidee kommen sollte, es dort zu versuchen. Die Maschine befand sich nämlich noch in der Luft.
    Es sei sehr ungewiß, wann Herr Linder zurückkommen werde. Ob die Reise geplant sei?
    Herr Linder bereite seine Reisen immer sehr sorgfältig vor, sagte die effektive Sekretärin orakelhaft.
    Martin Beck legte auf und sah das Telefon vorwurfsvoll an. Damit war also die Gegenüberstellung von Broberg und Linder zum Teufel.
    Martin Beck kam ein plötzlicher Einfall. Er hob den Hörer wieder ab und wählte die Nummer der Firma Aerofragt am Kultorvet in Kopenhagen. Sehr richtig.
    Direktor Hoff-Jensen habe sich sehr plötzlich gezwungen gesehen, eine Reise nach Lissabon anzutreten. Möglicherweise sei er später im Hotel Tivoli in der Avenida da Liberdade zu erreichen. Im Augenblick sei die Maschine aber noch in der Luft. Wann er nach Dänemark zurückkehren werde, sei ungewiß.
    Martin Beck gab diese Nachrichten an Mänsson weiter, der ungerührt die Achseln zuckte.
    Um halb drei kamen endlich Broberg und Helena Hansson an. Broberg war außer mit seinem Bewacher und einem enormen Pflaster auch mit seinem Anwalt versehen. Er selbst sagte nichts, dafür drückte sich sein Anwalt um so unverblümter aus.
    Direktor Broberg könne nicht sprechen, weil er seitens der Polizei der gröbsten Brutalität ausgesetzt worden sei. Und selbst wenn er imstande gewesen wäre zu sprechen, hätte er zur Sache selbst nichts anderes mitzuteilen als das, was er bereits am vergangenen Mittwoch zu Protokoll gegeben habe.
    Der Anwalt setzte seinen Wortschwall fort, während er Skacke von Zeit zu Zeit flammende Blicke zuwarf. Skacke bediente das Tonbandgerät. Und errötete.
    Martin Beck dagegen wurde nicht rot. Er stützte das Kinn in die linke Hand und betrachtete unverwandt den Mann mit dem großen Heftpflaster. Broberg war ein völlig anderer Menschentyp als etwa Linder und Hoff-Jensen. Er war untersetzt, rothaarig und hatte grobe, brutale Gesichtszüge. Blinzelnde blaßblaue Augen, einen Spitzbauch und eine Kopfform, die ihn umgehend in die nächste Todeszelle befördert hätte, wenn die kriminologischen Theorien von Lombrosi selig sich international durchgesetzt hätten.
    Der Mann sah ganz einfach widerlich aus und war überdies geschmacklos und schreiend gekleidet. Er könnte einem beinahe leid tun, dachte Martin Beck.
    Einer, der eher berufsmäßig Mitleid mit Broberg hatte, war der Anwalt. Er redete und redete, und Martin Beck ließ ihn gewähren, obwohl der Mann im großen und ganzen sicher nur das wiederholte, was er ohne Erfolg schon vor dem Haftrichter gesagt hatte.
    Aber der Kerl mußte ja etwas zeigen, um das fette Honorar zu rechtfertigen, das ihn erwartete, wenn er Broberg irgendwann freibekam und dafür sorgte, daß Gunvald Larsson und Zachrisson wegen Amtspflichtsverletzung zur Rechenschaft gezogen wurden. Das mochte im übrigen ruhig geschehen. Martin Beck hatte schon lange schwer an Gunvald Larssons Methoden getragen, aber im Namen der heiligen Loyalität bislang nie eingegriffen.
    Als der Anwalt das Ende der Brobergschen Leidensgeschichte erreicht hatte, sagte Martin Beck, noch immer, ohne den Blick von dem Verhafteten losreißen zu können: »Direktor Broberg kann also nicht sprechen?« Kopfschütteln.
    »Was halten Sie von Mats Linder?«
    Achselzucken.
    »Glauben Sie, daß er fähig ist, die Leitung des Gesamtkonzerns zu übernehmen?«
    Neues Achselzucken.
    Martin Beck betrachtete Broberg noch eine weitere volle Minute und versuchte, den Ausdruck der flackernden, fahlen Augen zu deuten. Der Kerl hatte ohne Zweifel Angst, schien aber gleichzeitig kampfbereit zu sein.
    Schließlich sagte Martin Beck zum Anwalt: »Ich verstehe, daß Ihr Klient durch die Ereignisse der letzten Woche ein bißchen durcheinandergeraten ist. Es ist bis auf weiteres sicher am besten, wenn wir hier Schluß machen.«
    Alle sahen gleichermaßen erstaunt aus: Broberg, der Anwalt, Skacke und sogar der Constable.
    Martin Beck stand auf und ging hinaus, um sich zu erkundigen, wie Mänsson und Backlund mit Helena Hansson fertig wurden. Im Flur traf er Äsa Torell. »Was

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