Und die Großen lässt man laufen
schwer zu beantworten.
Martin Beck und Kollberg waren überdies gezwungen, das Problem per Telefon zu lösen, und das ließ sich nicht in ein paar Minuten bewerkstelligen.
»Wo sind sie denn jetzt?« fragte Martin Beck.
»In der Kungsholmsgatan.«
»Vorläufig festgenommen?«
»Ja.«
»Können wir einen Haftbefehl bekommen?«
»Der Staatsanwalt glaubt es.«
»Glaubt?« Kollberg seufzte tief.
»Was meinst du eigentlich?« fragte Martin Beck.
»Sie sind wegen des Verdachts eines geplanten Devisenvergehens vorläufig festgenommen worden. Eine Anzeige liegt bis jetzt aber noch nicht gegen sie vor.« Kollberg machte eine gedankenschwere Pause, bevor er sagte: »Was ich meine, ist folgendes: Broberg hat zwar bewiesenerweise einen gefälschten Paß in der Tasche getragen und mit einer Startpistole einen Schuß mit unscharfer Munition abgefeuert, als Larsson und dieser schießwütige Konstabler ihn festnehmen wollten.«
»Ja?«
»Und die Puppe hat zugegeben, daß sie auf den Strich geht. Außerdem hatte sie eine Tasche mit einer Menge von Wertpapieren bei sich. Sie sagt daß Broberg ihr die Tasche und die Wertpapiere und das Geld und das Flugticket und alles andere gegeben habe, damit sie das Zeug in die Schweiz schmuggelt. Dafür sollte sie 10000 Kronen kriegen.«
»Was wohl den Tatsachen entsprechen dürfte.«
»Sicher. Das Problem ist nur, daß sie es nicht schafften, sich rechtzeitig auf den Weg zu machen. Wenn Larsson und ich etwas mehr Grips im Schädel gehabt hätten, hätten wir sie noch ein Weilchen gewähren lassen. Wir hätten dem Zoll einen Tip geben sollen, vielleicht auch den Paßbehörden, und dann wären beide in Arlanda aufgeflogen.«
»Du meinst also, daß wir nicht genügend Beweise haben?«
»Haargenau das. Der Staatsanwalt meint, daß der Richter es unter Umständen ablehnen wird, die Haft anzuordnen, und sich damit begnügen könnte, ein Reiseverbot auszusprechen.«
»Um sie dann laufenzulassen?«
»Genau. Wenn nicht…«
»Was denn?«
»Na, wenn es dir nicht gelingen sollte, deinen Staatsanwalt da unten in Malmö davon zu überzeugen, daß die beiden mit entscheidenden Hinweisen zum Mord an Palmgren hinterm Berg halten. In dem Fall könnten wir ohne weiteres einen Haftbefehl erwirken und die beiden zu dir herunterschicken. Dies ist also der Standpunkt der Juristen zu der ganzen Geschichte.«
»Und was glaubst du selbst?«
»Gar nichts, eigentlich. Daß Broberg vorhatte, mit einer sündhaft großen Summe über den Deich zu gehen, scheint ja wohl klar zu sein. Will man die Sache aber auf dieser Linie weiterverfolgen, muß sie an das Betrugsdezernat übergeben werden.«
»Aber hat Broberg denn irgend etwas mit dem Mord zu tun?«
»Sagen wir mal, daß sein Verhalten seit Freitag von der Tatsache bestimmt ist, daß Palmgren am Donnerstag ermordet wurde. Das ist doch klar wie Kloßbrühe, oder etwa nicht?«
»Ja, natürlich, jede andere Möglichkeit wäre unverständlich.«
»Andererseits hat Broberg für den eigentlichen Mord das beste Alibi, das man sich denken kann. Genauso wie Helena Hansson und die anderen, die am Tisch saßen.«
»Was sagt Broberg selbst?«
»Er soll ›Aua‹ gesagt haben, als der Arzt ihm die Schnauze verband. Im übrigen sagt er sonst kein Wort.«
»Warte einen Augenblick«, sagte Martin Beck. Der Telefonhörer war schweißnaß, und er trocknete ihn mit dem Taschentuch ab.
»Was machst du denn da?« fragte Kollberg mißtrauisch. »Ich schwitze.«
»Dann solltest du mich mal sehen. Aber, um auf diesen verdammten Broberg zurückzukommen, er ist nicht sonderlich kooperativ. Denn immerhin ist ja nicht auszuschließen, daß all diese Aktien und das verfluchte Geld tatsächlich ihm gehören.«
»Hm«, sagte Martin Beck. »Woher sollte er sie denn haben?«
»Da darfst du nicht mich fragen. Das einzige, was ich über Geld weiß, ist, daß ich keins habe.« Kollberg schien über diese traurige Erkenntnis nachzudenken. Dann sagte er: »Auf jeden Fall muß ich dem Staatsanwalt irgendwas erzählen.«
»Wie steht's denn mit dem Mädchen?«
»Einfacher, wie mir scheint. Sie quatscht, daß es eine wahre Freude ist. Das Sittlichkeitsdezernat ist gerade dabei, den Callgirl-Ring aufzurollen, der sich offenbar über das ganze Land erstreckt. Ich habe vorhin mit Sylvia Granberg gesprochen, und sie meinte, daß es kein Problem sei, einen Haftbefehl für Helena Hansson zu bekommen, jedenfalls nicht so lange, wie sie in die Ermittlungen eingeschaltet sei.«
Sylvia
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