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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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Angestellten und zur noch größeren Schmach der Kunden, die bei der Razzia gleich mitgenommen wurden.
    Äsa Toreil hatte offensichtlich recht gehabt, als sie sagte, sie werde eine Menge zu tun bekommen.
    Martin Beck verließ das Polizeihaus gegen acht, noch immer genauso unzufrieden und auf unbestimmte Art beunruhigt. Sein Appetit ließ ihn im Stich, so daß von einem Essen nach Schonenart auch keine Rede sein konnte. In der Cafeteria Mitt i City auf dem Gustav Adolfstorg zwang er sich dazu, ein Butterbrot zu essen und ein Glas Milch zu trinken.
    Er kaute das Brot lange und sorgfältig, während er durch die Fensterscheiben die jugendlichen Vagabunden beobachtete, die Hasch rauchten und Cannabisharz gegen gestohlene Schallplatten tauschten. Dieses Treiben rund um das rechteckige Steinbassin auf dem Markt ging völlig ungestört vor sich. Polizei war nicht zu sehen, und das Personal des Jugendamtes hatte wohl Wichtigeres zu tun.
    Nach einiger Zeit machte er sich auf den Weg und flanierte die Strömgatan entlang, überquerte den Stortorget und ging dann weiter in Richtung Hafen.
    Als er im Hotel war, zeigte die Uhr halb elf.
    In der Halle fiel sein Blick sofort auf zwei Männer, die in den Sesseln rechts vom Eingang zum Restaurant saßen. Der eine war hochgewachsen, kahlköpfig und hatte einen dicken schwarzen Schnurrbart. Außerdem war er dunkel gebräunt. Der andere war verwachsen und fast zwergenhaft klein, aber das blasse, scharfgeschnittene Gesicht und die schwarzen Augen verrieten Intelligenz. Beide waren untadelig gekleidet. Der Schnurrbärtige trug einen Anzug aus dunkelblauer Shantungseide und der Bucklige einen gutsitzenden hellgrauen Anzug mit Weste. Beide trugen spiegelblanke schwarze Schuhe, und beide saßen unbeweglich da und starrten ausdruckslos vor sich hin. Zwischen ihnen auf dem Tisch standen eine Flasche Chivas Regal und zwei Gläser.
    Ausländer, dachte Martin Beck. Das Hotel wimmelte von ausländischen Gästen, und an den Fahnenstangen vor dem Hotel hatte er mindestens zwei Nationalflaggen gesehen, die er nicht einordnen konnte.
    Während er seinen Zimmerschlüssel holte, sah er Paulsson aus dem Fahrstuhl kommen und auf den Tisch zugehen, an dem die beiden Männer saßen.

24
    Oben im Hotelzimmer hatte das Zimmermädchen alles für die Nacht vorbereitet: Laken und Wolldecke waren aufgeschlagen, der Bettvorleger war säuberlich hingelegt, das Fenster war geschlossen, die Rollgardine heruntergezogen.
    Martin Beck knipste die Nachttischlampe an und sah den Fernseher an. Er hatte keine große Lust, ihn anzustellen, und vermutlich war die Sendezeit auch schon um. Er zog Schuhe, Strümpfe und Hemd aus. Dann zog er die Gardinen auf und öffnete die Doppelfenster. Ein schwacher Lufthauch drang herein, so schwach, daß er kaum fühlbar war. Er stützte die Hände aufs Fensterbrett und sah auf den Kanal, den Bahnhof und den Hafen hinaus. Er blieb in Hose und Netzhemd lange am Fenster stehen und dachte eigentlich an gar nichts.
    Die Luft war warm und still, der Himmel sternenklar.
    Hell erleuchtete Passagierschiffe kamen und gingen; in der Hafeneinfahrt ertönte die Sirene der Eisenbahnfähre. Der Verkehr auf den Straßen war fast völlig abgeflaut, und vor dem Hauptbahnhof stand eine lange Reihe von Taxis mit beleuchteten Frei-Schildern und geöffneten Vordertüren. Die Fahrer standen in Gruppen beisammen und klönten. Anders als die einheitlich schwarzen Taxis in Stockholm wiesen diese mehr oder weniger fröhliche Farben auf.
    Er hatte keine Lust, schon zu schlafen. Die Abendzeitungen hatte er schon gelesen und leider vergessen, sich ein Buch zu besorgen. Er konnte zwar hinuntergehen und sich eins kaufen, aber dazu müßte er sich erst wieder anziehen. Außerdem hatte er ja noch die Bibel in der Nachttischschublade und das Telefonbuch zur Verfügung. Oder den Obduktionsbefund, aber den kannte er schon fast auswendig. So stand er also statt dessen am Fenster und sah in die Nacht hinaus und fühlte sich seltsam allein. Ganz aus freien Stücken, denn er hätte sich ja in die Bar setzen oder Mänsson besuchen oder sonstwohin ausgehen können.
    Irgend etwas fehlte ihm, aber er wußte nicht genau, was.
    Als er eine ganze Weile so dagestanden hatte, hörte er, daß jemand an die Tür klopfte. Ganz leicht. Hätte er geschlafen oder unter der Dusche gestanden, würde er es nicht gehört haben. »Herein«, sagte er, ohne den Kopf zu wenden.
    Er hörte, daß die Tür geöffnet wurde.
    Vielleicht war es der Mörder,

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