Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und die Hölle folgte ihm nach

Und die Hölle folgte ihm nach

Titel: Und die Hölle folgte ihm nach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
Gesang auf Latein angestimmt, der Fidelma unbekannt war.
    »
Dominus pascit me, nihil mihi deerit
…« – der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
    Als sie sich der Stelle näherten, wo man das Grab ausgehoben hatte, ordnete man sich zu einer langen Reihe.
    »
Sed et si ambulavero in valle mortis, non timebo malum, quoniam tu mecum es; virga tua et baculus tuus ipsa consolabuntur me
…« – Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich …
    An dem frisch ausgehobenen Grab erwarteten sie bereits etliche Mönche. Man senkte den Leichnam hinab, es folgten Gebete, und dann gab Abt Servillius Fidelma das Zeichen vorzutreten.
    Am liebsten hätte sie sich umgewandt und einen aus der Menge des Mordes an ihrem Mentor bezichtigt. Sie hatte das Bedürfnis, die Anklage laut hinauszuschreien, dass er nicht an den Folgen der Verletzungen, die er ein oder zwei Wochen zuvor erlitten hatte, gestorben war, sondern dass man ihn erst heute Morgen, kurz, nachdem sie bei ihm gewesen war, ermordet hätte. Dass er versucht hätte, sie zu drängen, diesen vom Bösen heimgesuchten Ort zu verlassen. Doch es gelang ihr, sich selbst in die Schranken zu weisen und sich zu beruhigen.
    »Bruder Ruadán stammte aus dem Königreich von Muman, aus einem der fünf Königreiche, die ihr das Land Hibernia nennt. Er wurde nach einem Heiligen benannt, der in meiner Heimat als einer der zwölf Apostel Hibernias gilt. Besagter Ruadán wurde der erste Abt von Lothra, nicht weit von dem Ort gelegen, wo unser Bruder Ruadán aufwuchs, ein junger Bursche voller Wissensdurst und Hingabe zur Frömmigkeit. Er trat in die Abtei von Inis Celtra ein, einer kleinen Insel inmitten eines großen Sees, wo er sich in seine Bücher vertiefte und danach strebte, sein Wissen zu vervollkommnen. Ich selbst habe, wie so viele andere auch, bei ihm gelernt und studiert und verdanke seiner Lehre und seinen profunden Kenntnissen eine unschätzbare Bereicherung meines eigenen Wissens. Sein Leben war einer der wenigen leuchtenden Leitsterne in unserer dunklen Welt.«
    Sie nahm eine Handvoll Erde und warf sie ins Grab.
    Abt Servillius bedachte sie mit einem anerkennenden Blick und trat seinerseits vor.
    »Hibernias Verlust war ein Gewinn für uns und unsere Abtei. Gewiss war es für Hibernia ein trauriger Tag, als Bruder Ruadán von seinen Ufern Abschied nahm und ein
peregrinus pro amore Christi
wurde. Für uns aber war es einegroße Freude, als er an die Tore unserer Gemeinschaft pochte. Er wurde einer unserer größten Prediger, ging hinaus zu den Heiden und war bemüht, sie auf den Pfad der Wahrheit zu bringen. Er musste für die Wahrheit büßen. Wir dürfen ihn als einen wahren Märtyrer bezeichnen, denn er starb an den Schlägen derer, die auf ihn einhieben, die sich der Ketzerei verschrieben haben und nichts von dem wahren Glauben halten. Seine Seele wird zu Gott auffahren, und der Himmel wird ihn mit Freuden empfangen.«
    Auch der Abt nahm eine Handvoll Erde und warf sie ins Grab. Einer nach dem anderen aus dem Trauerzug trat vor und tat das Gleiche. Jeder verharrte einen Moment im Gedenken an den Verstorbenen, ehe er weiterging.
    Als Fidelma und die anderen sich von dem Grab entfernten, durchdrangen unheimliche, klagende Töne die Nacht. Sie hatten etwas Gespenstisches und doch Melodiöses an sich, und Fidelma erkannte sie als eine Weise, die auf einem Dudelsack gespielt wurde. Es klang ähnlich, wie sie es von zu Hause her kannte, aber irgendwie dünner, wie eine Sackpfeife mit Rohrblatt. Die klagende Tonfolge hallte in den Bergen wider, erinnerte an den Aufschrei einer gequälten Seele. Fidelma sah verschreckt zum Ehrwürdigen Ionas, der neben ihr stand.
    »Hab keine Angst, meine Tochter«, beruhigte er sie. »Es ist nur der alte Aistulf, der auf der Muse spielt – ein Klagelied für den Verstorbenen.«
    »Aistulf der Einsiedler? Und was ist eine Muse?«
    »Eine Sackpfeife, wie sie die Bergbewohner hier spielen. Manchmal des Nachts, wenn die Geräusche im Tal leichter zu vernehmen sind, kann man den alten Aistulf spielen hören. Das darf dich nicht weiter beunruhigen.«
    Die Trauergemeinde verließ die Nekropole. Einer derFackelträger blieb zurück, um Fidelma und die anderen zu begleiten. Sie folgten dem Weg, der von Grabsteinen und Holzkreuzen gesäumt war, als sie ein ungewöhnlich grobes Holzkreuz mit einem Namen darauf bemerkte. Unter all den kunstvoll gearbeiteten

Weitere Kostenlose Bücher