und die neue Klasse
ganze Zeit so hungrig, dass sie im Wettrechnen sogar Letzte wurde.
Immer noch stinkwütend, lief sie in die Schulkantine. Papa wartete bereits vor der Essensausgabe auf sie. Wortlos verschlang Nele fünf Fischstäbchen hintereinander und stibitzte sogar noch eines von Papas Teller. Nur den Spinat ließ sie übrig.
»Oha«, rief Herr Winter. »Heute ist tatsächlich ein besonderer Tag, weil du Fischstäbchen isst.« Er rieb sich erstaunt die Nase.
Nele schüttelte den Kopf. »Nö, überhaupt nicht«, antwortete sie einsilbig. Eigentlich hatte sie keine Geheimnisse vor Papa. Aber von dem gemeinen Pausenbrot-Diebstahl erzählte sie ihm besser nichts. Über so etwas regte er sich immer furchtbar auf.
Herr Winter sah seine Tochter prüfend an.
Nele hatte plötzlich das Gefühl, dass er ohnehin längst wusste, was passiert war. Verlegen guckte sie weg.
Trotz des gemeinen Überfalls in der Pause hatte sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass etwas wirklich Tolles passierte. Zwar war das Kribbeln in ihrem linken Ohrläppchen während Mathe fast verschwunden gewesen, aber gerade ging es wieder los und wurde mit jeder Sekunde doller.
Papa fuhr extra einen Umweg mit seinem Lieferwagen und kaufte frischen Erdbeerkuchen mit Sahne vom Bäcker. Weil Freitag ist, sagte er lächelnd.
Neles Herz hüpfte.
Manchmal hatte sie ihren Papa wirklich ganz besonders lieb.
Noch bevor er den Hausschlüssel ins Schloss stecken konnte, riss Mama die Wohnungstür von innen auf. Anscheinend hatte sie schon sehnsüchtig hinter der Tür gewartet.
»Barbara! Warum bist du nicht im Labor? Es ist doch nichts mit David passiert.« Herr Winter guckte beunruhigt in den Flur.
Mama strahlte ihn an. »Ach nein. Ich habe bloß meinen Dienst getauscht!«, rief sie. »Wo habt ihr denn so lange gesteckt? Wir haben ganz überraschend Besuch bekommen!«
Auf dem Sofa im Wohnzimmer saßen Großtante Adelheid und Sir Edward.
Nele stieß einen entzückten Schrei aus und stürzte ihrer Großtante jubelnd in die Arme. »Habe ich nicht gesagt, dass heute noch was ganz Tolles passiert?«, rief sie aufgeregt.
Großtante Adelheid war Mamas Patin und – wie Papa sie respektlos nannte – ein total verrücktes Huhn . Obwohl sie schon fast siebzig Jahre alt war, reiste sie die meiste Zeit des Jahres quer über den Erdball. Mit den knallbunten Postkarten, die sie von den schönsten Plätzen der Welt geschickt hatte, hatten Nele und David bereits eine ganze Zimmerwand tapeziert.
Sir Edward war der Mann von Großtante Adelheid und ein echter schottischer Graf. Sie hatten sich höchst abenteuerlich auf einem Elefantenausflug in Indien kennengelernt und sich auf den ersten Blick ineinander verliebt. Seither waren die beiden unzertrennlich.
Nele drückte ihre Großtante so fest, dass diese heftig nach Luft schnappte.
»Loslassen!«, keuchte Adelheid. »Ich ersticke sonst, bevor ihr alle Neuigkeiten erfahren habt. Sag lieber erstmal Edward hallo.«
Nele ließ ihre Großtante augenblicklich los und gab Sir Edward die Hand.
»Hello, Sir!«, sagte sie und machte einen tiefen Knicks. Das hatte sie kürzlich in einem alten Film gesehen.
Edward schien das zu gefallen, denn er lächelte erfreut.
»Hello, Nele!«, sagte er. Er stand auf und verbeugte sich höflich vor ihr. »How are you, dear?«
Das hieß so viel wie Alles klar, Süße? , wusste Nele von ihrem Bruder. In Englisch hatte er eine Zwei.
Nele war für einen Moment unentschlossen, was sie darauf antworten sollte.
»Danke, cool!«, sagte sie schließlich. Mehr englische Wörter fielen ihr auf die Schnelle nicht ein.
Sie setzte sich vor Großtante Adelheid auf den Teppich und drückte aufgeregt auf ihrem Knie herum. »Was gibt es denn für Neuigkeiten, Tante Adelheid?«, hakte sie nach. Das Wort Neuigkeiten hörte sich sehr gut an. Vor allem aus Großtante Adelheids Mund. »Und hast du mir wieder was Tolles mitgebracht?«
Großtante Adelheid nickte. »Ich glaube schon«, sagte sie geheimnisvoll lächelnd. »Aber die Überraschung passte diesmal nicht in meine Handtasche und ist eigentlich für alle zusammen bestimmt. Wir müssen nur noch auf David warten. Dann machen wir gemeinsam einen netten, kleinen Ausflug und schauen es uns an.«
Nele guckte einen Moment enttäuscht.
Nach ihrer letzten Reise hatte Großtante Adelheid ihr ein total niedliches Lederarmband mit einem grünen Elefanten daran geschenkt. Etwas Kleines hätte auch gereicht, dachte sie heimlich. Ein süßer Ring oder so. Hoffentlich
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