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und die Schattenmaenner

und die Schattenmaenner

Titel: und die Schattenmaenner
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Entführung der Spinne würde sie am nächsten Morgen noch früh genug schockieren.
    In dieser Nacht konnte Peter lange nicht einschlafen. Mit verschränkten Händen lag er da, starrte Löcher in die Dunkelheit und überlegte hin und her, ob und wie er der Spinne hätte helfen können. Erst, als der nahende Sonnenaufgang es draußen wieder heller werden ließ, fiel Peter endlich in einen wenig erholsamen Schlaf.
    Ein Albtraum ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Sein Traum lief ab wie ein Film, dessen Zuschauer er war. Er begann auf dem Petersplatz – im Traum überlegte Peter ernsthaft, ob er vielleicht nach ihm benannt war – und mit einem wüsten Dröhnen über den Köpfen von tausenden von Gläubigen. Ein Hubschrauber brachte den Papst wie jeden Mittwoch im Sommer von seiner Residenz in Castelgandolfo nach Rom zurück. Pünktlich um 17 Uhr hielt er auf dem Petersplatz seine Generalaudienz. Tausende von Händen reckten sich dem Heiligen Vater entgegen, und Peter staunte, woher die immer neuen Hände kamen. Teilweise verschwanden die Menschen, nur ihre Hände blieben übrig und klatschten, wenn der Papst etwas gesagt hatte. Dann fuhren ganze Kolonnen von blauen Vespas am Rande des Platzes auf und umzingelten förmlich die Gläubigen. Hände stiegen ab und begannen, sich in die Menge zu schleichen, krabbelten an den Menschen hoch, fuhren ihnen in die Taschen, kamen mit Geldbörsen, Pässen und allem möglichen anderen wieder zum Vorschein, warfen einander die Beute zu und stießen dabei höhnisches Kichern aus.
    Es war ein wilder Reigen, der sich vor Peters Augen abspielte. Wie einer dieser pausbäckigen Engel hockte er in schwindelerregender Höhe auf einer Säule und sah mit wachsendem Erstaunen zu. Gelegentlich versuchte Peter, den Papst auf das schlimme Treiben aufmerksam zu machen, das unter seinen Augen stattfand. Aber seine Stimme ging im Kichern und Klatschen der unzähligen Hände, im Dröhnen des über ihnen kreisenden Hubschraubers und in der Ansprache des Heiligen Vaters vollkommen unter, die aus riesigen Lautsprechern über den ganzen Platz hallte.
    Dann tauchte hinter dem Papst in seinen weißen Gewändern plötzlich die Spinne auf und winkte Peter zu. Aus den Ärmeln ihres Pullis ragten übernatürlich große Hände, die sie wie in der Blockhütte im Park gefaltet hatte, als Peter versucht hatte, sie zu verhören. Auch die Hände der Spinne machten sich selbstständig. Sie wanderten um den Papst herum und schienen zu überlegen, ob sie auch ihn bestehlen sollten. Peter steckte zwei Finger zwischen die Lippen und pfiff – wie auf Kommando kehrten die Hände der Spinne zu ihrer Besitzerin zurück. Im nächsten Augenblick preschte ein Auto durch die Menge, die erschrocken zurückwich. Es rollte dem Papst vor die Füße, und auch der machte ein paar schnelle Schritte beiseite, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Fahrer stieg aus. Sein Gesicht verbarg er unter einem grünen Helm. Als er die Spinne herbeiwinkte und sie sich in das Auto setzte, wurde Peter wach.

Weiße Weste
    Ein paar Stunden später stand er müde und unausgeschlafen im Schlafanzug vor Justus’ Bett. Der war auch eben erst aufgewacht und rieb sich die Augen.
    »Wie war euer Abend mit Alberto?«, begann Peter.
    »Unser Abend mit Alberto?«, brummte der Erste Detektiv. »Der ist nicht erschienen. Stattdessen kam wieder dieser komische Knabe auf der Vespa und hat uns beäugt wie zwei Gemälde in einer Ausstellung.« Er gähnte herzhaft. »Und wo hast du dich herumgetrieben, wenn man fragen darf?«
    Es klopfte, und Bob stürmte herein. Offenbar war er in bester Stimmung. Er rief etwas von der Ewigen Stadt, die heute wieder zu ihren Füßen liege und die er erneut zu erobern gedenke.
    Justus winkte matt ab. »Er hat ja so recht. Aber muss das noch heute Nacht sein?« Bob protestierte und hielt Justus seine Uhr unter die Nase. Der kniff die Augen zusammen. »Halb acht. Ich habe doch gesagt: Es ist Nacht.«
    Peter verlor die Geduld. »Hört auf damit«, unterbrach er die beiden Freunde und ließ sich auf Justus’ Bettkante nieder. »Die Spinne ist entführt worden.«
    Mit einem Mal saß Justus senkrecht im Bett. »Woher weißt du das?«
    »Ich war dabei, gewissermaßen.«
    »Warum hast du’s dann nicht verhindert?«, fauchte Bob.
    »So nah war ich nun auch wieder nicht dran.«
    Justus machte eine ungeduldige Handbewegung und meinte, es wäre vielleicht besser, wenn Peter die ganze Geschichte von vorn erzählen würde.
    »Schöne Bescherung«,
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