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und die Schattenmaenner

und die Schattenmaenner

Titel: und die Schattenmaenner
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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Tür. »Sie wollte sich nur vergewissern, dass uns niemand gefolgt ist«, übersetzte Alexandra ihre Erklärung.
    Peter runzelte die Stirn. Versuchte die Spinne, ihn hinzuhalten? Aber wozu? »Frag sie, ob sie meine Fragen beantworten will oder nicht.« Er wollte sich auf die Zunge beißen, als er merkte, dass das schon wieder so unfreundlich geklungen hatte.
    Dafür setzte Alexandra ein umso netteres Lächeln auf. Sie sprach auf die Römerin ein. Das Ganze dauerte jedenfalls deutlich länger, als für die Übersetzung nötig gewesen wäre. Ab und zu nickte die Spinne. Alexandra holt für mich die Kastanien aus dem Feuer, dachte Peter und fühlte, dass er schon wieder rot wurde.
    Als Alexandra fertig war, fing die Spinne an. Es wurde eine sehr lange Rede. Sie handelte von kleinen und großen Räubern, von Handtaschendiebstahl und Rauschgiftkriminalität, von Erpressung und Betrug, vom Krieg der Banden untereinander, von Jugendlichen, von denen die einen aus reiner Geldgier stahlen, andere sich aus Langeweile prügelten und die nächsten einbrachen, weil sie ohne die Beute nicht hätten überleben können. Auch die Schattenmänner, die unsichtbaren Bosse im Hintergrund, wurden erwähnt. Peter musste während des Vortrags der Spinne oft an Sofia denken. Die Wirtin der ›Albergo Torino‹ hätte ihr schreckliches Vergnügen gehabt, wenn sie das mit angehört hätte.
    Es war ein faszinierendes Sittengemälde der Ewigen Stadt, mit all den hässlichen Gebräuchen in der Halb- und Unterwelt. Davon, dachte Peter dann wieder, weiß jemand wie der Papst wahrscheinlich nur sehr wenig. Die Erzählung hatte nur einen kleinen Schönheitsfehler: Sie fiel ziemlich allgemein aus. Keine Namen wurden genannt, und die konkreten Fragen, die Peter gestellt hatte, blieben auch ohne Antwort.
    Unter dem Tisch knetete er seine Finger. »Frag sie, warum sie Justus verschleppt haben«, sagte er zu Alexandra, ohne sie anzublicken. Er starrte in das angespannte Gesicht der Spinne, und die starrte zurück. Aber er hatte den Eindruck, sie sähe durch ihn hindurch.
    Die junge Deutsche saß wie gebannt auf ihrem Platz. Offenbar brauchte sie einige Zeit, um zu verdauen, was sie gehört hatte. Dann gab sie sich einen Ruck. »Vielleicht solltest du dich erst einmal bei ihr bedanken«, sagte sie langsam.
    »Okay. Sag ihr, dass ich ihr danke. Und dann frag sie, warum sie Justus verschleppt haben.« Peter hörte hinter seinen Worten her und wunderte sich, warum sie wieder so kalt und nüchtern klangen. Vielleicht sind die Mädchen in Europa anders als die in Kalifornien, ging es ihm durch den Kopf, und sie machen mich unsicher. So ein Gedanke war ihm daheim noch nie gekommen. Aber dann rief er sich zur Ordnung. Auch in Europa ist jedes einzelne Mädchen anders als das andere, sagte er zu sich selbst, genau so wie in Amerika und überall sonst auf der Welt.
    »Er war zu neugierig.« Die Stimme der Spinne riss ihn aus seinen philosophischen Überlegungen. Sie rückte ihre Nickelbrille zurecht und streckte die gefalteten Hände über den Tisch. »Er hat Alberto verfolgt. Also haben ihn zwei Leute aus dem Verkehr gezogen.«
    »Das weiß ich selbst. Aber wozu? Was sollte mit ihm geschehen?«
    Aufmerksam lauschte die Spinne Alexandras Übersetzung. Dann zögerte sie. Sie machte den Mund auf und wieder zu. Sie überlegt, was sie von ihrem Wissen preisgeben soll, dachte Peter, und sie gibt sich nicht einmal Mühe, das zu verheimlichen. Langsam hob die Spinne die Schultern und öffnete ihre Hände. »Ich weiß es nicht«, übersetzte Alexandra.
    Jetzt war es an Peter, zu überlegen. Wenn er ihr auf den Kopf zu sagte, dass er ihr das nicht glaubte, riskierte er, dass sie aufstand und ging. Vorsichtig warf er einen Blick zu Alexandra hinüber, die seine nächste Frage erwartete. Wahrscheinlich stünde sie sogar auf der Seite der Spinne. Also musste er mit etwas anderem das Gespräch in Gang halten. Aber womit? In seinem Kopf überschlugen sich die Einfälle. Einer verdrängte den anderen. Und das Schlimmste war, dass zwischendurch immer der Gedanke an Justus auftauchte. Das Superhirn würde so ein Verhör mit Scharfsinn und Überblick führen, würde Frage um Frage planen, so wie ein guter Schachspieler mehrere Züge vorausplant. »Wir danken dir sehr, dass du uns zu Justus’ Gefängnis gebracht hast«, hörte er sich plötzlich sagen. »Wirklich.«
    Die Miene der Spinne wurde freundlicher. »Bitte«, sagte sie etwas steif.
    Während der nächsten halben Minute
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