Und eines Tages kommt das Glück
statt Klamotten kaufen zu gehen, und deren stämmiger Körper in Jeans besser aussah als in einem Kleid. Veronica verstand sie einfach nicht.
Auf jeden Fall hätte ein Teil von Romy sich gern für Dermot entschieden. Sie vergötterte ihren Vater. Er war lustig und ein Abenteurer, und ihm war es egal, wenn ihre Schuhe zerschrammt waren oder wenn sie dieselbe schmuddelige Jeans eine ganze Woche lang anhatte. Veronica versuchte ständig, sie für Schuhe mit
hohen Absätzen und für Make-up zu begeistern, ganz egal, wie oft Romy ihr erklärte, dass sie das nicht interessiere.
Doch allein hätte Romy diese Entscheidung nie treffen können. So gern sie auch bei Dermot gelebt hätte, Veronica war ihre Mutter, und es erschien ihr falsch, ihre Mutter im Stich zu lassen. Sie wusste, welche Entscheidung sie auch traf, es würde die falsche sein.
Zum Glück blieb ihr letzten Endes die Qual der Wahl erspart. Veronica und Dermot einigten sich gütlich mit ihren Anwälten. Romy würde bei ihrer Mutter leben und jedes zweite Wochenende bei Dermot verbringen, ebenso abwechselnd die kleinen Schulferien und die Hälfte der langen Sommerferien. Das war die vernünftigste Lösung, wie Veronica ihr erklärte. Romy erinnerte sich noch gut daran.
Vielleicht für die beiden, aber nicht unbedingt für sie. An den Wochenenden, an denen sie nicht zu Hause war, fühlte Romy sich noch mehr von Darragh und Kathryn entfremdet, auch wenn Darragh nicht sehr präsent war, da er mit seinen dreiundzwanzig Jahren gerade angefangen hatte, im Familienbetrieb zu arbeiten, und auch sonst keine Notiz mehr von Romy nahm. Und was Kathryn betraf – nun ja, Romy wusste genau, dass sie nie die innige Beziehung zu ihr haben würde, wie andere Schwestern sie zueinander zu haben schienen. Dafür war Kathryn viel zu distanziert.
Auf jeden Fall verstärkte dieses Pendeln zwischen den beiden Haushalten – Veronica in Rathfarnham und Dermot in Glasnevin auf der anderen Seite der Stadt – noch den Abstand, den sie immer gespürt hatte, abgesehen davon, dass es den Kontakt zu ihren Schulfreunden erschwerte. So versäumte Romy oft irgendwelche Geburtstagspartys oder andere Wochenendaktivitäten und konnte daher am Montagmorgen in der Schule nicht mitreden, wenn die anderen beieinanderstanden und sich darüber unterhielten. Und in Glasnevin, wo Dermot im Penthouse eines neu gebauten
Apartmentblocks wohnte, hatte sie überhaupt keine Freunde. Dort gab es fast nur Singles und kinderlose Paare.
Romy wusste genau, dass sie ihrem Vater näherstand als ihrer Mutter. Dermot gehörte ganz ihr, während sie Veronica mit den anderen teilen musste; trotzdem hielt sie sich nicht so gern in seiner Wohnung auf. Und so befand sie sich jeden zweiten Freitagnachmittag in einem Zwiespalt der Gefühle, weil sie einerseits ihren Vater sehen, andererseits aber auch nicht auf ihre Freunde verzichten wollte. Sie wusste, dass Dermot sie bei sich haben wollte, und sie wünschte sich das auch, trotzdem fiel es ihr unerwartet schwer, Veronica allein zu lassen, die jedes Mal, wenn sie ging, ein trauriges Gesicht machte.
Colleen Rafferty erklärte ihr einmal, dass es viel mondäner sei, bei Dermot in Glasnevin zu wohnen, als in Rathfarnham herumzuhängen. Nahm Dermot sie nicht überall mit hin und ging mit ihr ins Kino, sobald ein neuer Film herauskam? Bekam sie nicht alles von Dermot, was sie sich wünschte?
»Ja«, sagte Romy traurig, »aber das ist nicht dasselbe.«
»Wäre es dir lieber, du würdest ihn niemals sehen, so wie Becky Murphy ihren Vater?«
Beckys Eltern hatten sich weitaus weniger einvernehmlich getrennt als Veronica und Dermot, und Beckys Mutter verweigerte dem Vater jeglichen Umgang mit seinen Kindern, worüber Becky sehr verwirrt und untröstlich war.
»Warum benehmen sie sich so uneinsichtig?«, fragte Romy. »Sie sind schließlich erwachsen. Sie sollten wissen, wie man mit solchen Sachen umgeht. Sie sollten sich nicht streiten und sich anbrüllen und einander hassen. Aber wenn sie schon streiten müssen, wenn sie schon alles missverstehen, dann sollten sie irgendwie besser damit umgehen.« Romy musste schlucken. »Im Moment hasse ich sie beide, Col. Wenn ich erwachsen bin, können sie mir beide gestohlen bleiben. Und ich werde mich niemals verlieben oder gar heiraten. Das ist es einfach nicht wert.«
»Ich weiß, wie es dir geht.« Colleen grinste und nahm ihre Freundin mitfühlend in den Arm. »Warte, bis ich dir erzählt habe, was sich meine blöde Mutter
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