Und eines Tages kommt das Glück
lief ganz gut«, erwiderte sie.
»In dem Fall tut es mir leid, dass ich dich nach Hause zurückgeholt habe.«
»Das ist schon okay.«
»Tatsächlich?«
»Es ist ja nicht für lange«, fügte Romy hinzu. »Was wird denn nun operiert?«
»Mein dummer Rücken«, sagte Veronica heftig. »Meine blöden Bandscheiben und Knochen.« Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt würde es mir mehr nützen, wenn du gelernt hättest, wie man morsche Knochen richtet, statt sie auszugraben.«
»Was genau hast du denn?«, hakte Romy nach.
»Ach, ich weiß nicht so recht«, erwiderte Veronica verächtlich. »Eine meiner Bandscheiben ist herausgesprungen oder irgendwie abgenützt. Jetzt muss ich dieses lächerliche Ding da – Korsett sagt man dazu – tragen, damit ich bis zur Operation in Form bleibe. Ich glaube, sie wollen irgendwie die Knochen fixieren. Ich will es auch gar nicht so genau wissen. Ich habe dem Arzt gesagt, er soll einfach machen.«
»Glaubst du, dass sie Erfolg haben werden?«
»Du kennst doch die Ärzte! Die garantieren für nichts.« Veronica verzog geringschätzig das Gesicht. »Aber ich kann ihnen nur raten, dass sie Erfolg haben, denn so kann ich nicht weiterleben!«
Romy sagte nichts.
»Wahrscheinlich findest du das lustig«, fuhr Veronica fort. »Wahrscheinlich denkst du, dass ich es verdiene.«
»Jetzt bist du aber albern«, erklärte Romy.
»Meinst du?«
Mindestens einen Monat wird das nun so weitergehen, dachte Romy verzweifelt, einen Monat lang, wenn nicht mehr, in dem wir beide uns wie zwei rohe Eier behandeln werden, weil wir aufeinander angewiesen sind. Sie wusste nicht, ob sie das aushalten würde. Und ob Veronica damit zurechtkam, wusste sie ebenso wenig.
»Was hältst du von einer Tasse Tee?«, schlug sie vor.
»Du weißt, wo alles steht.« Veronica rutschte unbehaglich auf dem Sessel hin und her.
Romy ging in die Küche, wo sie erleichtert aufseufzte. Sie hatte sich geschworen, nicht gleich die Fassung zu verlieren, wenn sie Veronica sah, und sich nicht von ihr ärgern zu lassen. Doch selbst wenn sie die beste Mutter-Tochter-Beziehung gehabt hätten, ungetrübt von irgendwelchen Ereignissen in der Vergangenheit, würden früher oder später doch wieder die Fetzen zwischen ihnen fliegen. Sie waren nun einmal zwei grundverschiedene Menschen,
und es fiel ihnen schwer, den Standpunkt der anderen zu verstehen. Deshalb war es aus Romys Sicht das Wichtigste, in den kommenden Wochen ihre Impulsivität zu zügeln und erst nachzudenken, bevor sie etwas sagte, außerdem die bei Veronica verhassten Themen wie Alter und Krankheit nicht zu erwähnen und die Ohren auf Durchzug zu stellen. Keith beherrschte das hervorragend. Ihn brachte nie etwas aus der Ruhe, und er lachte immer darüber, wie leicht sie sich wegen jeder banalen Kleinigkeit, wie er es nannte, aufregte. Aber ihr Verhältnis zu Veronica war nicht banal, dachte Romy, während sie zwei blaue Becher aus dem Schrank nahm, und eine Kleinigkeit schon gar nicht.
Dermots Auszug war der Auslöser gewesen und hatte den Beginn schwieriger Zeiten zwischen ihnen eingeläutet. Natürlich hatte es auch schon früher Streit gegeben, so jedes Mal, wenn Veronica versucht hatte, Romys langes, störrisches Haar zu bändigen (was stets mit wütenden Tränen bei Romy und Frustration bei Veronica endete), oder wenn ihre Mutter sie bat, einen Rock statt Jeans zu tragen, oder ihre Tochter zu überreden versuchte, doch einmal eine Feuchtigkeitscreme auszuprobieren. Aber das waren Themen, die schnell wieder vergessen waren. Andere Dinge waren schwerwiegender gewesen. Und womit Romy immer zu kämpfen gehabt hatte, waren Veronicas gelegentliche, leise hingeworfene Bemerkungen, dass sie – sobald sie etwas falsch gemacht hatte – dies wohl von ihrem Vater geerbt haben müsse.
Romy wusste, dass Veronica sehr unter dem Scheitern ihrer Ehe gelitten hatte, nicht zuletzt wegen besserwisserischer Kommentare (vor allem aus der eigenen Familie) nach dem Motto: Wir haben es dir doch gleich gesagt. Romy fand es sehr unfair, sich solche Bemerkungen über eine Ehe zu erlauben, die immerhin vierzehn Jahre lang gehalten hatte, weitaus länger, als viele andere Ehen intakt waren. Und natürlich wusste sie auch, dass es sich der eine oder andere nicht hatte verkneifen können, hämisch darauf hinzuweisen, dass Dermot sich nun bestimmt eine jüngere
und hübschere Frau als Veronica suchen würde – die damals Ende vierzig, aber schöner denn je war –, während
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