Und eines Tages kommt das Glück
wollte gerade auf die Klingel drücken, um Veronica über ihre Ankunft zu informieren, als das Tor plötzlich nach innen aufschwang. Die Eingangstür öffnete sich, und Veronica trat heraus.
Das Erste, was Romy an ihrer Mutter auffiel, war, dass sie ihre Frisur verändert hatte. Veronica hatte stets eine Vorliebe für üppige Mähnen gehabt. In jüngeren Jahren war es eine platinblonde Föhnfrisur mit Außenwelle im Stil von Farrah Fawcett aus Drei Engel für Charlie gewesen. Danach war sie zu Korkenzieherlocken in sanfteren Goldtönen übergegangen. Später waren aus den Locken sanfte Wellen geworden, und Veronica hatte dem Champagnerblond ein paar Karamelltöne beigemischt. Jetzt trug sie ihr Haar glatt und mit nach außen geschwungenen Spitzen, außerdem war es kürzer und fiel ihr nur noch knapp bis auf die Schultern. Doch noch immer war es champagnerblond und ohne eine Spur von Grau.
Über einer weiten, cremefarbenen Hose aus fließendem Stoff trug Veronica einen korallenroten, mit goldenen Perlen und bunten Pailletten bestickten Kaftan. Zwei Goldketten baumelten um ihren Hals, während ein passendes Armband und eine goldene Omega-Uhr ihre Handgelenke zierten. An ihrer linken Hand glitzerte ein Smaragdring und an der rechten ein länglicher Rubin.
Sie sah umwerfend aus. Ihr Gesicht war sorgfältig geschminkt, die von Natur aus langen, geschwungenen Wimpern waren mit braunem Mascara betont, sodass sie noch länger wirkten. Hätte Romy es nicht besser gewusst, hätte sie Veronica auf fünfunddreißig bis fünfzig Jahre geschätzt.
Aus der Nähe betrachtet, wirkte sie jedoch älter. In ihren Augenwinkeln sammelten sich feine Linien, und Romy fiel auf, dass die Haut unter dem Make-up nicht mehr so fest wie früher war. Neu auf dem Gesicht ihrer Mutter war auch der flüchtige Anflug von Schmerz, den Romy dort zu entdecken vermeinte. Doch all das war nur von untergeordneter Bedeutung. Veronica Kilkenny war noch immer eine erstaunlich attraktive Frau.
Als Romy näher kam, machte Veronica einen Schritt auf sie zu. Dabei bemerkte Romy das Paar korallenrote Loafers, ebenfalls mit Pailletten bestickt, an ihren Füßen. Es waren diese flachen Slipper, die Romy nachdenklich stimmten. Ihre Mutter schien tatsächlich ein Problem zu haben. In ihrem ganzen Leben konnte Romy sich nicht daran erinnern, Veronica jemals mit Absätzen unter fünf Zentimeter Höhe gesehen zu haben.
»Hallo, Mam«, sagte sie, als sie auf die Veranda trat.
»Willkommen, Fremde.«
Romy zuckte die Schultern, und die beiden Frauen sahen einander einen Moment lang an.
»Danke, dass du gekommen bist«, fuhr Veronica fort.
»Kein Problem.«
Ihre goldenen Ketten klirrten, als Veronica sich vorbeugte und ihre Tochter auf beide Wangen küsste, ehe sie sie musterte.
»Vielleicht gehen wir besser rein«, schlug Romy vor.
Veronica drehte sich zum Haus um und ging langsam den Gang entlang. Dabei stellte Romy mit Entsetzen fest, dass ihrer Mutter jeder Schritt schwerfiel und eine enorme Anstrengung für sie bedeutete. Normalerweise hatte Veronica es immer eilig und humpelte auch nicht (es sei denn, sie hatte vollkommen ungeeignetes Schuhwerk an und litt freiwillig der Schönheit wegen).
»Du meine Güte, ich hatte ja keine Ahnung, dass es dir so schlecht geht.«
»Du hast wohl gedacht, ich spiele Theater, wie?«, fragte Veronica, als sie die Tür zum Wohnzimmer öffnete.
»Natürlich nicht«, log Romy. »Du siehst nur absolut fantastisch aus, und da dachte ich …« Wieder zuckte sie die Schultern. (Die meisten Gespräche mit ihrer Mutter endeten mit einem Schulterzucken, stellte sie fest. Es war ihr von jeher schwergefallen, mit ihr zu reden.)
»Ich muss doch nicht aussehen wie ein Wrack, nur weil ich einen kaputten Rücken habe.« Veronica ließ sich auf einem der Sessel mit hoher Lehne nieder und schob sich ein Samtkissen in den Rücken.
»Du siehst nie aus wie ein Wrack«, widersprach Romy.
»Ich fühle mich aber so«, erklärte Veronica.
»Das mit der Operation tut mir leid.«
Wir hören uns an wie zwei Fremde, dachte Romy, irgendwie aufgesetzt.
»Tja, nun, ich schätze, sie lässt sich nicht vermeiden.«
Romy nickte.
»Wie erging es dir denn so in Australien?«
Romy zuckte die Schultern. Und noch einmal, dachte sie. Sie würde sich zusammenreißen müssen. Allmählich kam sie sich wieder vor wie der sechzehnjährige Teenager, als ihre gesamte Kommunikation mit Veronica einige Monate lang nur aus Schulterzucken bestanden hatte.
»Es
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