Und eines Tages kommt das Glück
ihn nicht gefragt (obwohl ihr die Frage auf der Zunge lag), welche Tochter er damit meinte. Dermot und Larissa hatten eine dreijährige Tochter namens Erin, die ein paar Monate nach Mimi zur Welt gekommen war. Romy hatte nicht recht gewusst, was sie davon halten sollte, als sie von Larissas Schwangerschaft erfahren hatte. Sie hatte Dermot nie zuvor mit jemandem teilen müssen, auch wenn Kathryn ihn Dad genannt hatte. Doch das war etwas anderes gewesen. Sie hatte dies Kathryn großzügig gestattet, bei Erin hatte sie keine andere Wahl gehabt.
Romy war jedes Mal wieder von Neuem überrascht, wenn sie überlegte, dass sie und Erin auf exakt dieselbe Weise verwandt waren wie sie und Kathryn oder Darragh. Sosehr sie sich bei den anderen beiden als Außenseiterin fühlte, so wenig fühlte sie sich mit Erin verbunden, obwohl sie die Kleine bereits als wenige Monate altes Baby kennengelernt hatte und überwältigt gewesen war von ihrem babyblonden Haar und den veilchenblauen Augen.
Ich wünschte, das alles wäre einfacher, dachte Romy, als sie vor Dermots Haus parkte. Warum kann ich nicht so fühlen, wie man es von mir erwartet? Und wenn ich wenigstens wüsste, was ich fühlen soll!
Sie klingelte an der Tür, und Larissa machte ihr auf. Romy lächelte der Frau ihres Vaters zu. Larissa stammte aus Litauen und hatte Dermot während einer seiner Reportagen über das Entstehen neuer Staaten in Osteuropa kennengelernt. Larissa war groß (fast einen Meter achtzig und damit ganze zehn Zentimeter größer als Romy), hatte karamellfarbenes Haar und dieselben veilchenblauen Augen wie Erin. Sie war dreiunddreißig Jahre alt und wirkte keinen Tag älter als Romy. Auf der langen Liste der Dinge, die Romy an ihrer Patchworkfamilie nervten, stand ganz oben an erster Stelle, dass ihr Vater eine Frau geheiratet hatte, die jünger war als ihr Halbbruder (und damit alle, die es immer schon besser gewusst hatten, in ihrer Ansicht bestätigt hatte, er würde sich eine Jüngere als Veronica suchen).
»Hallo!« Larissas Lächeln war offen und freundlich. »Schön, dich mal wiederzusehen. Dermot freut sich so, dass du hier bist.«
»Ja, es ist gut, wieder hier zu sein.« Das ist eine Lüge, dachte Romy. Es ist nicht gut, ganz und gar nicht.
»Hallo, mein Schatz!« Dermot kam in den Flur. »Tut mir leid, ich habe dich schon klingeln hören, aber ich war am Telefon! Ich habe zwar sofort aufgelegt, aber Larissa war schneller. Wie geht es dir?«
Plötzlich änderte Romy ihre Meinung über ihre Rückkehr.
Vielleicht war es doch nicht so schlecht. Sie hatte ihren Vater und seine bedingungslose Liebe sehr vermisst, nicht zuletzt die Wärme in seiner Stimme. Zwar hatten alle sie freundlich zu Hause willkommen geheißen, doch erst bei Dermot hatte sie das Gefühl, dass es ihm ernst war.
»Mir geht es prima«, antwortete sie und versank in seiner Umarmung. »Es ist ewig her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, und deswegen freue ich mich jetzt so.«
Dermot zog sie enger an sich. »Tut mir leid, dass wir nicht hier waren, als du gekommen bist«, sagte er. »Aber die Fahrt nach Kerry war lange geplant.«
»Kein Problem.« Romy beugte sich zurück, und er ließ sie los. »Und wie geht es dir?«
»Bestens.« Dermot ging voran durch das Haus in die sonnendurchflutete Küche und hinaus in den Wintergarten. »Komm, setzen wir uns hierher, und dann erzählst du mir alles.« Er ließ sich auf einen der Korbstühle fallen und streckte seine langen Beine von sich, die in verblichenen Jeans steckten. Er sieht fantastisch aus, dachte Romy. So entspannt habe ich ihn noch nie gesehen.
»Möchtest du etwas zu trinken?«, fragte Larissa. »Tee, Kaffee, Saft?«
»Wasser wäre schön«, erwiderte Romy.
»Sonst nichts?«
Sie schüttelte den Kopf. Dann griff sie in die Stofftasche, die sie dabeihatte, und holte ein paar Papiertüten heraus.
»Die habe ich für dich in Australien gekauft«, sagte sie zu Dermot. »Das sind Stubby-Cooler, eine Art Neoprenschlauch für die Flasche oder für die Dose, damit dein Bier nicht so schnell kalt wird.«
Er lachte. »Danke.«
»Und das ist für Erin.« Sie sah sich suchend um. »Wo ist sie eigentlich?«
»Sie schläft«, drang Larissas Stimme aus der Küche herüber.
»Sie war heute Morgen schon um fünf Uhr wach und hat jetzt plötzlich schlappgemacht.«
»Ach, das kann ich ihr auch später geben.« Romy stellte den kuscheligen Koalabären auf den Tisch. »Für dich habe ich ein Parfüm mitgebracht, Larissa«,
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