Und endlich siegt die Liebe (German Edition)
dazu.
Über die Jahre hinweg hatte sich der Gesundheitszustand ihres Vaters immer weiter verschlechtert, sodass es ihm immer mehr Mühe bereitet hatte, seinen Aufgaben nachzukommen, so wenige auch verblieben, nachdem alle weg waren. Mollie hatte ihn unterstützt, wo sie nur konnte, und besonders den Cottage-Garten in Ordnung gehalten, damit ihr zunehmend dementer Vater möglichst sorgenfrei in seiner eigenen kleinen Welt leben konnte.
Jetzt wanderte sie voller Wehmut über die einst gepflegten Pfade der riesigen Gartenflächen, die zum Herrenhaus gehörten. Die symmetrischen Beete, in denen früher die exotischsten Pflanzen beheimatet gewesen waren, waren völlig verunkrautet. Bäume und Sträucher mussten dringend beschnitten werden. Einige würde selbst der radikalste Rückschnitt nicht mehr retten können. Innerhalb der gesamten Anlage gab es genügend totes Holz, um das Cottage einen ganzen Winter lang zu beheizen.
Besonders der bereits vor fünfhundert Jahren angelegte Rosengarten war in einem bedauernswerten Zustand. Dabei war er einst der Stolz von Wolfe Manor gewesen. Und der ihres Vaters …
Mollies Herz wurde ganz schwer, während sie zwischen den einzelnen Beeten hindurchging, die jeweils unterschiedliche Sorten beherbergten. Immer wieder blieb sie stehen, um die Parasiten und Krankheiten zu identifizieren, die für das traurige Bild um sie herum verantwortlich waren: Blattläuse, Spinnmilben, Mehltau, Rosenzikade, Knospenfäule …
Einmal befallen und nicht rechtzeitig bekämpft hatten die Rosenstöcke meist keine Chance zu überleben. Was für ein Jammer!
Und dennoch gab es selbst inmitten der Verwüstung kleine Hoffnungsschimmer. Die Buchsbaumrabatten, wenn auch verwildert, standen in knackigem Grün. Buschrosen und Peonien blühten um die Wette. Die sich hinter dem Rosengarten anschließende Wiese war ein wogendes Meer aus bunten Blumen, und an den weißen Mauern des Küchengartens rankten sich üppig blaulila leuchtende Glyzinien empor. Auch hier hatte sich die Natur große Teile des angelegten Gartens zurückerobert. Alles schien geradezu nach einer ordnenden Hand zu schreien.
In der sogenannten Kinderstube fand Mollie, versteckt hinter einem riesigen Rhododendron, eine Bank, die etwas wackelig aussah, aber zu ihrem Glück an der Steinmauer lehnte. Ihr Vater kannte die Namen der verschiedenen Gartenregionen auswendig und hatte sie ihr immer wieder vorgebetet: der Rosengarten, die Kinderstube, der Wassergarten, der Glockenblumenwald …
Für Mollie waren sie wie aufregende Geschichten aus einem Märchenbuch gewesen, und sie hatte jedes einzelne Kapitel geliebt.
Lächelnd setzte sie sich hin und öffnete das Skizzenbuch auf ihren Knien. Sie hatte ein paar spontane Ideen festhalten wollen, doch plötzlich wusste sie nicht mehr, wo und wie sie anfangen sollte. Alles, was sie vor ihrem inneren Auge sah, waren Berge von Unkraut und das sorgenvolle Gesicht ihres Vaters, während er den Verfall um sich herum betrachtete.
Vielleicht war der Job doch eine Nummer zu groß für sie?
Schließlich besaß sie kaum Erfahrung. Und die Vorstellung, auch nur eines der Beete zu eliminieren, die ihr Vater einst angelegt hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Doch mit halbherzigen, kosmetischen Korrekturen war hier nichts zu retten. Allein der Rosengarten müsste zu mindestens achtzig Prozent geräumt und neu bepflanzt werden.
Mollie seufzte, lehnte den Kopf an die sonnenwarme Mauer und schloss die Augen. Plötzlich fühlte sie sich unglaublich erschöpft, sowohl physisch wie psychisch. Sie war sogar zu müde, um nachzudenken. Wie lange sie so gesessen hatte, wusste sie nicht, doch als sie eine dunkle zynische Stimme hörte, fuhr sie derart zusammen, dass sie fast von der Bank gefallen wäre.
„Bei der Arbeit, wie ich sehe …“
Die Hände in den Hosentaschen stand Jacob vor ihr und schaute spöttisch auf sie herab. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug zu einem hellgrauen Hemd. Der einzige Farbtupfer war die kobaltblaue Seidenkrawatte. Im Businessoutfit wirkte er noch arroganter und unzugänglicher als am gestrigen Abend.
„Einen kreativen Prozess darf man nicht erzwingen“, informierte Mollie ihn spitz, konnte aber nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel unwillkürlich nach oben wanderten. Es war aber auch zu lächerlich, ausgerechnet von Jacob bei einem kleinen Nickerchen ertappt zu werden. Und dann ihr Aufzug! Als hätten sie die Rollen vertauscht.
„Würde ich nie wagen“, murmelte er.
Ihr Lächeln
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