Und erlose uns von dem Bosen
Nordecke von New Jersey. Dort wartete ein schwarzer Range Rover auf ihn. Mit diesem fuhr er nach New York City, einer Stadt, die er zutiefst verachtete. Der Verkehr war â wie üblich â schlimm. Er brauchte von Teterboro nach Manhattan ebensolang, wie er von New Hampshire in die Metropole geflogen war.
Die Arztpraxis befand sich in einem Backsteinbau an der Sixty-third Street, gleich bei der Fifth Avenue. Der Wolf parkte den Range Rover und eilte ins Haus.
Es war kurz nach neun Uhr morgens. Er machte sich nicht die Mühe, herauszufinden, ob er beschattet wurde. Das hielt er für ausgeschlossen. Sollte dem dennoch so sein, konnte er auch nichts dagegen tun. AuÃerdem hatte er natürlich alles an diesem Morgen und Vormittag sorgfältigst geplant.
Die Schwester für die plastische Chirurgiepraxis arbeitete heute am Empfang. Sie und die Spitzenchirurgin würden als Einzige bei der Behandlung anwesend sein. Er hatte darauf bestanden, dass nur zwei Menschen dabei sein durften und dass die Praxis für alle anderen Patienten an diesem Tag geschlossen bliebe.
»Hier sind noch einige Formulare, die Sie durchlesen und unterschreiben müssen«, erklärte ihm die Schwester mit gequältem Lächeln. Sie wusste zwar nicht, wer er war, aber sie vermutete, dass es für so viel Geheimniskrämerei einen guten Grund gäbe. Sie wurde für diese Schicht zumindest ausgesprochen gut bezahlt.
»Nein, ich unterschreibe gar nichts, danke«, sagte der Wolf und ging an ihr vorbei, auf der Suche nach der Chirurgin. Dr. Levine war in einem kleinen Operationssaal, der bereits hell erleuchtet war. Dort war es sehr kalt.
»Erinnert mich an Sibirien, wo ich einen Winter in einem Gulag zubringen musste«, sagte der Wolf.
Die Ãrztin drehte sich zu ihm um. Sie war einigermaÃen attraktiv, schlank, gut erhalten, wahrscheinlich Anfang vierzig. Er hätte sie mühelos ficken können. Aber dazu war er jetzt nicht in Stimmung. Vielleicht später.
»Dr. Levine«, sagte er und schüttelte die Hand der Ãrztin. »Ich bin bereit. Ich werde hier nicht länger als ein paar Stunden verbringen. Also fangen wir an. Jetzt.«
»Das ist unmöglich«, widersprach Dr. Levine.
Der Wolf gebot ihr mit erhobener Hand Schweigen. Es sah fast so aus, als wolle er die Chirurgin schlagen. Sie zuckte zurück.
»Ich brauche keine Vollnarkose. Wie gesagt â ich bin bereit. Und Sie auch.«
»Sir, Sie haben keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Wirklich nicht. Die Operationen, die wir geplant haben, betreffen ein Gesichts-, Hals- und Brauenlifting. Dazu Implantate ins Kinn und die Wangen. Und eine Nasenkorrektur. Die Schmerzen werden unerträglich sein, glauben Sie mir.«
»Nein, es wird durchaus erträglich. Ich habe schon schlimmere Schmerzen ausgehalten«, widersprach der Wolf. »Ich gestatte Ihnen nur, meine Lebensfunktionen zu überwachen. Und jetzt keine weitere dumme Diskussion über Narkose. Bereiten Sie mich auf den Eingriff vor, sonst...«
»Sonst was ?«, fragte Dr. Levine verärgert. Die zierliche Frau wiegte sich auf den Fersen vorwärts und rückwärts.
»Nur sonst «, antwortete der Wolf. »Das umschlieÃt ein weites
Feld, finden Sie nicht auch? Darin sind Schmerzen enthalten, von denen Sie glauben, dass sie unerträglich sind. Ich kann sie ertragen. Sie auch, Dr. Levine? Können Ihre beiden Kinder Martin und Amy derartige Schmerzen ertragen? Oder Ihr Mann Jerrold? Fangen wir an, ich habe einen vollen Terminkalender.«
Immer einen Terminkalender.
Und einen Plan.
115
Er schrie nicht ein einziges Mal. Kein Laut während der ungemein schmerzhaften Operationen. Weder die Chirurgin noch die Schwester vermochten zu begreifen, was sich vor ihren Augen abspielte. Der Patient schien überhaupt kein Gefühl zu haben. Wie es bei Männern häufig ist, blutete er sehr stark. Schon jetzt hatte er viele blutunterlaufene Stellen im Gesicht. Die Schmerzen während der anderthalbstündigen Nasenkorrektur waren am schlimmsten, weil groÃe Teile von Knochen und Knorpel ohne Lokalanästhesie entfernt wurden.
Am Ende der Nasenoperation, der letzten Behandlung, befahl ihm Dr. Levine, nicht aufzustehen. Er tat es dennoch.
Er hatte das Gefühl, der Hals wäre enger und zarter. Kopfhaut und Kehle waren voll von Betadine. »Nicht übel«, krächzte er. »Ich habe schon Schlimmeres erlebt.«
»Putzen Sie
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