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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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hatte ihn nach auffälligen Dateien und Mails durchforstet. Wenn Kolber Recht hatte, dann musste irgendwo etwas zu finden sein.
    Erschöpft sank er an der Wand mit den Notizen zu den vier Opfern und zu Anubis zu Boden. Er hatte nichts gefunden. Die innere Unruhe, die ihn aus der Haftanstalt nach Hause getrieben hatte, wollte nicht weichen. Zigmal hatte er sich während der Zugfahrt eingeredet, dass Kolber nur ein hinterlistiges Spiel mit ihm trieb. Doch woher wusste er von seinen Träumen über Anubis?
    Levy riss sich zusammen, rief sich die Symptome einer Identitätsstörung in Erinnerung, so wie er sie im Studiumgelernt hatte. Erste Anzeichen waren Gedächtnislücken, kleine Amnesien. Den
Multis
, wie sie in der Psychoszene genannt wurden, fehlte Zeit. Die verlorene Zeit konnte sich über Stunden, aber auch über Wochen und Monate erstrecken. Während dieser
blackouts
übernahm die andere Identität das Ruder und knipste das eigentliche Ich, soweit es das überhaupt noch gab, aus. Der Multi bekam davon nichts mit.
    Erst, wenn dieser auf vermeintlich fremde Gegenstände in der Wohnung traf, an deren Anschaffung er sich nicht erinnern konnte, oder wenn er Notizen fand, die von fremder Hand zu stammen schienen, aber persönliche Details beinhalteten, begann er sich zu hinterfragen.
    Levy konnte sich aber nicht erinnern, dass er jemals unter voll ausgebildeten Amnesien gelitten hatte. Hin und wieder vergaß auch er etwas, doch das war normal. Jeder tat das. Konnte es aber sein, dass er selbst das Vergessen nicht mehr erinnern konnte?
    Unangenehm berührt fiel ihm der letzte Besuch von Demandt ein. Der Hausmeister   … Schnell wischte er den Gedanken beiseite. Er war betrunken gewesen.
    Er musste weiter zurückgehen.
    Eine Aufspaltung in mehrere Identitäten wurzelte gemeinhin in einem Trauma. Dieses musste regelmäßig und über einen längeren Zeitraum auf die Person eingewirkt haben. Besonders bei Kindern lag die Wahrscheinlichkeit einer Persönlichkeitsspaltung hoch. Sie konnten sich gegen die psychische Gewalt am wenigsten wehren. Sie reagierten mit Flucht in einen anderen Bewusstseinszustand. Nach und nach bildete sich eine andere Identität heraus, die angemessen auf die traumatisierende Situation reagieren konnte.
    Hatte er den Trennungsschmerz von seinen Eltern undihren Flugzeugabsturz mit der Ausbildung einer zweiten Identität überwunden? Wenn ja, wer war sie, diese andere Person? Kannte er sie, war er ihr schon mal begegnet?
    Seine Wohnung hatte ihm darauf keine Antwort liefern können. Sie war frei von Hinweisen. In dieser Wohnung lebte Balthasar Levy und niemand anderer.
    Noch etwas fiel ihm ein. Um in einen anderen Bewusstseinszustand zu wechseln, bedurfte es eines Auslösers, eines
triggers
. Das konnten Bilder, Geräusche, Gerüche, Situationen oder einfach Wörter sein. Beim Hören, Lesen, Schreiben oder Sprechen löste eine bestimmte Abfolge eine Assoziationskette aus, die in die andere Person hinüberführte.
    Levy schüttelte den Kopf. Verdammt, das konnte alles sein. Wie würde er den Schlüssel finden können, wenn er noch nicht mal wusste, wie dieser aussah?
    Der Schlaf, schoss es ihm durch den Kopf. Kolber hatte etwas über seinen Schlaf und seine Träume gesagt. War es das? Glitt er etwa im Schlaf hinüber? Dann musste er wach bleiben. So lange es nur irgendwie möglich war. Levy erhob sich. Er musste sich bewegen, Zeit gewinnen, bevor er sich doch an den Schlaf verlor. Wo hatte er noch nicht nach Hinweisen gesucht?
    Hier oben in der Wohnung war alles überprüft. Blieb nur noch der Keller. Dort hatte er ein kleines Abteil, das er seit seinem Einzug nicht mehr aufgesucht hatte.
    Wann war er eingezogen, fragte er sich. Er wusste es nicht genau. Irgendwann vor ein paar Jahren. Und zuvor? Wo hatte er da gelebt? In Wiesbaden. Wie sah seine Wohnung dort aus? Er hatte keine genaue Erinnerung.
    Begann nun eine Amnesie just in diesem Moment, in dem er sich einer möglichen zweiten oder dritten Identität bewusst werden wollte?
    Der Aufzug und eine Treppe führten ihn in den letzten Winkel eines verstaubten und dunklen Kellers.
    Welches war sein Abstellraum? Der Schlüssel, den er in der Hand hielt, gab keinen Aufschluss. Er probierte ein Schloss nach dem anderen, bis er das richtige fand.
    Kartons waren an der einen Seite bis zur Decke gestapelt, an der anderen hing ein Fahrrad an einem Nagel. Gehörte das ihm? Gegenüber an der Wand stand ein Spind aus Metall. Er trug kein Schloss.
    Levy öffnete

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