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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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die Rolle eines himmlischen Anklägers der Menschheit. Er war ein Engel, später ein gefallener, bekannt auch unter der Bezeichnung
Luzifer
, Bringer des Lichts. Man könnte meinen, er bringe das Licht, um aufzuklären und anzuklagen. Von dieser ersten Erwähnung in der Bibel als der Ankläger im Dienst des Herrn entwickelte sich das Bild in späteren Schriften schließlich zur Rolle eines ganz und gar bösen Wesens und Widersachers Gottes.»
    «Richtig», stimmte der Hohepriester zu, «weil wir erkannt haben, dass Christus und seine Kirche den Menschen zu Lebzeiten die Hölle auf Erden bereiten. Sie treiben sie in Angst und Verzweiflung. Satan hingegen repräsentiert die Hingabe anstatt die Enthaltsamkeit, die vitale Existenz statt spiritueller Hirngespinste, Güte gegenüber denen, die sie verdienen, anstatt Liebe und Zuwendung an die Undankbaren zu verschwenden. Und er steht auch für all die
so genannten
Sünden, da sie zur körperlichen, geistigen und emotionalen Genugtuung führen. Mach dich frei von der Lüge des Christus, Satan ist unser Erlöser.»
    Levy ließ ihn aussprechen, wenngleich er dem Unfug widersprechenwollte. Wichtig war, dass der Hohepriester seine Abwehrhaltung aufgab und ins Missionieren wechselte. Er wartete noch eine Weile, ließ den Worten Raum und Bedeutung.
    «Woher weißt du das alles, Jude?»
    «Weil ich nachdenke und mich zuerst informiere, bevor ich spreche.»
    «Das ist gut. Ich wünschte nur, deine Kollegen täten das Gleiche, bevor sie mich bequatschen.»
    Levy spürte, dass er die Neugier des Hohepriesters geweckt hatte.
    Jener fragte schließlich: «Woher weißt du, dass er es war, der dich angerufen hat?»
    Jetzt hatte er ihn.
    Levy überlegte gründlich, kitzelte seine Eitelkeit. «Weil er Sie mir beschrieben hat. Er sagte, er arbeite mit einem Profi zusammen, der seine Gaben zu schätzen wisse.»
    Der Hohepriester merkte auf. «Hat er das wirklich über mich gesagt?»
    Levy nickte. «Er meinte, dass es ihm Leid tue, dass die letzte Lieferung nicht vollständig war. Ein Teil war ins Wasser gefallen.»
    «Unsinn», widersprach er.
    Levy hatte einen Fehler gemacht. Irgendetwas stimmte an seiner Lügengeschichte nicht.
    «Es war meine Schuld», gab der Hohepriester zu. «Ich habe dieses schleimige Zeugs ins Wasser geworfen, weil ich es nicht gebrauchen konnte. Verdammt, hätte ich es doch nur verscharrt.»
    Levy hatte Glück und legte nach. «Wie hat die Übergabe stattgefunden?»
    «Er hat eine Wanne im Schilf abgestellt, das am Ufer meines Grundstücks wächst.»
    «Wie kam er dorthin?»
    «Ich nehme an, mit einem Boot. Ich habe ihn nie persönlich kennen gelernt, er hat mir jedes Mal, wenn er etwas hatte, eine Mail geschrieben. Ich ging dann hinunter zum Fluss und hab das Material abgeholt. Dabei hätte ich ihn gerne mal getroffen, mit ihm gesprochen, um ihn für unsere Sache zu gewinnen.»
    «Wie haben Sie sich eigentlich kennen gelernt?»
    «Im Internet. In einem dieser Foren über Selbstmörder und solche, die die Schnauze von allem voll haben. Ich habe nach Material für unsere Messen gesucht, und er hatte was anzubieten.»
    «Hat er Ihnen jemals seinen Namen genannt?»
    «Sicher. Er nennt sich
Anubis
, der Meister.»

21
    Die Stelle war genau so, wie sie ihm der Hohepriester beschrieben hatte.
    Levy ging vom Grundstück der Satanisten den Hang zu einer kleinen Böschung hinunter. Die Halbinsel erstreckte sich rund zwanzig Meter hinaus in den gemächlich dahinfließenden Fluss. Sie war gänzlich mit dichtem Schilf bewachsen. Lediglich eine schmale Schneise teilte den wild wuchernden Bewuchs in zwei Teile. Es passte nur ein Ruderboot dazwischen. Genug, um bequem und unerkannt das Grundstück über das Wasser zu betreten und wieder zu verlassen.
    Hier sollte also Anubis, der Meister, seine Fracht den Teufelsanbetern übergeben haben. Levy setzte sich ins Gras der Böschung und ließ den Ort auf sich wirken. Die Sonnestrahlte satt und angenehm von einem klaren Himmel auf ihn herunter. Er musste blinzeln, um dem Anblick standzuhalten. Es war schön hier; warm und kuschelig unter den raschelnden Blättern der Bäume. Der Wind blies kleine Wellen ans Ufer. Niemand würde vermuten, dass es nachts ein Schauplatz des Schreckens war, wenn nur ein paar Meter weiter menschliche Organe dem Satan geweiht wurden.
    Wenn Levy an Anubis’ Stelle gewesen wäre, so überlegte er, dann hätte er von der gegenüberliegenden Uferseite das Boot zu Wasser gelassen und wäre die einhundert Meter

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