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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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hatte ihm im Krieg die Kniescheibe zerschmettert und ihn in die ungeliebte Tätigkeit eines Handelsvertreters für Küchengeräte gezwungen.
    Wenn die Kriegsverletzung das familiäre Glück so belastete, dann war es nur recht und billig, wenn er als Sohn nun stärker in die Aufgabe des Familienoberhauptes hineinwuchs. Letztlich war es auch die Begründung dafür, dass er dauernd im Haushalt mithelfen musste. Er hatte die Anerkennung verdient.
    Er schaute zum Horizont. Die Sonne hatte das Meer bereits berührt. Er versicherte sich der Streichholzschachtel in der Hosentasche.
    «Hol mal Zigaretten», befahl Onkel Jaap.
    Verdammt, nie hatte der Alte genügend Zigaretten dabei. Er lief schnell die Düne hinauf, hastete ins Haus, suchte im Mantel des Onkels. Nichts. Dann in der Tasche der Tante. Wieder nichts.
    «Keine mehr da», sagte er zu Jaap, als zurückgerannt kam.
    Der Onkel reichte ihm einen Schein. Am Kiosk gäbe es welche. Den Rest dürfe er behalten.
    Danke, aber das ginge jetzt nicht. Die Sonne war bereits zur Hälfte verschwunden.
    «Nun geh schon», rief ihn seine Mutter zur Ordnung.
    «Aber das Feuer», entgegnete er ihr.
    «Das Scheiß-Feuer kannst du anzünden, wenn du wieder da bist.»
    Er traute ihr nicht. Bestimmt würden sie nicht auf ihn warten. «Ihr habt es mir versprochen.»
    «Ja, verdammt. Geh jetzt, damit du wieder da bist, wenn die Sonne untergegangen ist.»
    Janis kam zu ihm. «Mach dir keine Sorgen. Niemand außer dir wird das Feuer anzünden.»
    «Versprochen?»
    Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. «Na, klar.»
    Er blickte hinüber zum Horizont. Unaufhörlich tauchte der rote Ball hinter der grauen Linie unter.
    Wenn er rannte, dann könnte er es schaffen.
    Sein Bruder war ganz mit Onkeln und Tanten beschäftigt, er bemerkte so wichtige Sachen wie den Lauf der Sonne nicht.
    Er könnte es wagen. Wenn er schnell war   …
    Zwischen Wasser und Düne rannte er am Strand entlang. Der Kiosk war als weißer Punkt in der Ferne zu sehen. Zu seiner Linken verabschiedete sich das Sonnenlicht, während ihn die Füße immer weiter vorwärts trugen.
    Auf halber Strecke erkannte er, dass er es nicht schaffen würde. Die letzte Wölbung setzte bereits auf dem Meer auf. Keuchend machte er Halt und schaute zurück. Weit weg konnte er sie sehen, ganz weit weg. Die Verwandten saßen nicht mehr. Im Kreise standen sie um den Scheiterhaufen herum, hoben die Gläser.
    Nein, sie haben es mir versprochen.
    Er rannte zurück. Tränen sprangen ihm in die Augen, die Verwandten verschwammen hinter einem Schleier aus Zorn und Verlust.
    Als er völlig erschöpft wieder dort ankam und förmlich in den Kreis fiel, sah er, dass die Scheite bereits Feuer gefangen hatten. Sein Bruder thronte auf den Armen von Janis, das Feuerzeug als Zepter in der Hand.
    Wie konnte sie ihm nur so in den Rücken fallen? Ausgerechnet Janis. Sie war doch wie er ein Außenseiter. Sie hatte es ihm versprochen. Es war sein Feuer, sein Abend vor dem Geburtstag, den er als Erwachsener erleben wollte.
    Er sah die Gesichter seiner Mutter und von Janis. Er prägte sie sich gut ein. Dann war er nicht mehr zu halten. Er sprang an Janis hoch und griff nach dem Feuerzeug.
    «Ihr habt es mir versprochen», schrie er noch, als die Mutter ihn vom Feuer wegzog und ihn ins Haus verbannte.
    Doch in diesem Haus war kein Platz mehr für ihn. Er ging hinaus, stieg die Düne hoch und beobachtete, wie sich am Himmel Wolken zusammenzogen. Zu seinen Füßen feierten sie den neuen König.
    Sein Zorn verdichtete sich in kühle, emotionslose Berechnung.

2
    Sven Demandt musste von null beginnen.
    Er hätte Levy zwar anrufen und von ihm alle bisher ermittelten Fakten abfragen können, aber das widersprach nicht nur seiner Arbeitsweise, sondern auch dem ehernen Gesetz aller Fallanalytiker, einen eigenen Blick auf die Vorgänge zu gewinnen, nicht in die Fußstapfen des Vorgängers zu treten und dessen Einschätzung der Lage zu übernehmen. Er selbst hatte dieses Gesetz geformt und in zahlreichen Ausbildungsseminaren vermittelt.
    Vorteil dieser Vorgehensweise war, dass Ermittlungen, die stecken geblieben waren, aus einer anderen Sicht auf Schwachstellen überprüft und unter Umständen sogar neue Lösungsansätze gewonnen werden konnten. Der Nachteil bestand jedoch darin, dass der neue Fallanalytiker sich erst einarbeiten musste und dadurch wertvolle Zeit verstrich.
    Dennoch konnte Demandt überhaupt nicht nachvollziehen, wieso Levy keine Aufzeichnungen hinterlassen hatte.

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