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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Erkenntnisse gab, die ihn weiterbringen und das Rätsel lösen würden.
    Er wusste, wer an seiner Stelle jetzt auf seinem Stuhl saß und sich die gleichen Fragen stellte wie er. Demandt, sein ehemaliger Chef, Ausbilder, Kollege, in manchen Zeiten auch väterlicher Freund.
    Levys Ausscheiden würde die Runde machen. Nicht nur unter Kollegen. Auch Staatsanwälte, Richter, Polizisten, Psychologen, Kriminaltechniker und natürlich private Auftraggeber, die sich vertrauensvoll für einen Tipp an seine Kollegen wandten, dürften davon erfahren. Er hasste den Gedanken, dass sie bei einem Feierabend-Bier über ihn reden und ihn mit bedauerndem Kopfschütteln abschreiben würden.
    Die einzige Chance, dem zu entgehen, war, den Fall selbst zu lösen. Und das, bevor Demandt und Michaelis es taten. Würde er Anubis nicht rechtzeitig der Öffentlichkeit präsentieren, war er beruflich tot. Jetzt ging es nicht mehr alleine um die Eitelkeit, nun stand sein Leben – und das bestand nur aus seinem Beruf – auf Messers Schneide.
    Wie würde Demandt die Fragen an der Wand beantworten?
    Er schloss die Augen und erinnerte sich an seine Ausbildung.
Nur die Fakten
.
Keine voreiligen Schlüsse ziehen. Den Standpunkt ändern. Immer wieder neu überdenken. Vorurteilsfrei vorgehen. Die beweisbaren Erkenntnisse so hinnehmen, wie sie sind. Nichts verschönern und zurechtbiegen.
    Das machte er nun schon seit Stunden. Doch das reichte nicht. Er musste einen Schritt weitergehen. Aus sich heraustreten, die Sache von außen betrachten, die eigentliche Struktur erkennen und dann wieder zurückkehren, um das Rätsel zu lösen.
    Am besten den Kopf ausschalten; nun war das Gefühl an der Reihe, nein, die Intuition. Jenes magische Hilfsmittel, für das er und seine Kollegen gerade aus den Reihen des Polizeiapparats verspottet wurden. Die erfahrenen und lang gedienten Ermittler, die dachten, dass er nichts anderes als sie machte, nur dass die Medien im Gegensatz zum stinknormalen Ermittler einen Riesen-Hype um die Profiler machten; die meisten hielten die Profilerarbeit für Scharlatanerie und betonten immer wieder die Ehrlichkeit der guten alten Lehrsätze der Kriminalistik.
    Dummköpfe, sagte er sich. Was er machte, war demnach Hokuspokus, aber wenn einer dieser Altgedienten auf sein Näschen oder seinen Bauch hörte, dann war es dessen über jeden Zweifel erhabener sechster Sinn.
    Levy ging zu seinem Computer, steuerte von der Festplatte einen Ordner an und wählte aus der Liste
Dead Can Dance
.
    Er legte sich aufs Bett, schloss die Augen und entspannte sich.
    Die ersten Klänge von
Yulunga
erfüllten den Raum und drangen tief in sein Unterbewusstsein ein. Die Stimme von Lisa Gerrard beförderte ihn hoch über die Wolken. Levy sah sich entspannt in ihnen treiben. Er hatte allen Widerstand aufgegeben, den Verstand abgeschaltet und war offenfür jede Erfahrung, der er auf seiner mentalen Reise begegnen würde.
    Der Wind trug ihn weit aufs Meer hinaus. Er sah sich durch eine unsichtbare Hand geschützt. Unter sich die grenzenlose Weite eines sanftmütigen, blauen Meeres. Der Horizont offenbarte ihm erste Eindrücke von einem warmen Rot. Aus ihm heraus floss ein Ton, tief und schwer. Der Ton nahm ihn in sich auf, wiegte ihn in Sicherheit.
    Er öffnete die Augen. Doch sah er nicht durch seine, sondern durch die Augen eines anderen.
    Das Gesicht von Tessa Fahrenhorst formt sich. Sie lacht, hat Spaß mit einer Freundin. Sie gehen an einem sonnigen Tag durch die Einkaufsstraße. Die fremden Augen folgen ihnen, auf Abstand, gerade so weit weg, wie sie noch Deckung hinter Säulen und Häuserecken finden. Tessa und ihre Freundin bleiben vor einem Schaufenster stehen. Sie diskutieren ein Sommerkleid und einen Strohhut. Strandleben, Unbeschwertheit, die eindeutigen Angebote braun gebrannter, junger Männer.
    Seine Lider schlossen sich kurz, und eine neue Szene erschien.
    Supermarkt, an der Fleischtheke. Tessa Fahrenhorst steht mit dem Rücken unmittelbar vor den sie fixierenden Augen. Sie spricht mit der Verkäuferin. Der Blick nähert sich ihrem Haar. Er wandert entlang der geschwungenen Strähnen nach unten, über die Schultern zu einer Locke am Hals. Die Nase nimmt an Tessas Hals den Geruch ihres Parfüms auf. Der Geruch explodiert im Kopf.
    Die Lider schlossen sich erneut, die Tür eines Aufzugs ging auf.
    Tessa Fahrenhorst kommt mit Koffern schwer beladen auf ihn zu. Sie blickt kurz auf zu seinen Augen, sie ist im ersten Moment überrascht, überspielt es

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