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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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drei Jahrgängen in medizinischen, geowissenschaftlichen und biologischen Ausbildungskursen an mindestens drei Schulen, also in Frankfurt, Bochum und Berlin, da kannst du dir vorstellen, dass er damit noch eine Weile beschäftigt ist. Schweiz, Österreich und die Niederlande noch nicht mitgerechnet. Zudem haben wir noch keine eindeutige Täterbeschreibung oder einen Namen, nach dem man gezielt suchen könnte.»
    «Von wem kam die Anweisung?»
    «Demandt hat Luansi beauftragt. Und außerdem hat er sich darüber beschwert, dass du so wenig schriftlich fixiert hast. Er ist nicht gut auf dich zu sprechen. Er fragt sich, ob du alles, was du bei ihm gelernt hast, vergessen hast.»
    Soll er sich doch genauso durchwurschteln, wie ich es getan habe, sagte sich Levy.
    «Wie lange brauchst du?», fragte Levy.
    «Wenn ich gleich ins Büro fahre und ungestört arbeiten kann, eine Stunde.»
    «Danke, Alexej. Ich zähl auf dich.»
    Die Sache kam ins Laufen. Er hatte die Spur wieder aufgenommen, und dieses Mal würde er nicht eher ablassen, bis er Anubis seine schreckliche Maske vom Gesicht gerissen hatte.

38
    Die Datei öffnete sich problemlos.
    Levy druckte den Text und das Bild zu dem verschwundenen Jungen aus, klebte die Seiten untereinander fest und heftete die Papierfahne neben den Bildern und Aufzeichnungen zu Tessa Fahrenhorst, Eberhard Finger und Tatjana an die Wand.
    Der Junge war ein stinknormaler Fünfzehnjähriger, immer auf Achse mit der Clique, leidenschaftlicher Skater, Hiphopper und Gamer. Keine feste Freundin, normal schlecht in der Schule. Einige Direktoratsverweise standen zu Buche. Somit stand er kurz vor dem Rausschmiss. Prügeleien und sein vorlautes Mundwerk waren dafür verantwortlich.
    Wenn das alles war, dann musste Anubis mehr über ihn gewusst haben, damit er ihn ausgewählt hatte. Das, was vor Levy auf den beiden Seiten Papier stand, passte ungefähr auf jeden fünften Schüler bundesweit. Was war das ausschlaggebende Detail, womit sich dieser Junge von den anderen unterschied?
    Noch war seine Leiche oder, im Kontext von Anubis, eines seiner Organe nicht gefunden worden. Er konnte unter Umständen noch leben.
    Zufall? Es musste nichts bedeuten.
    Apropos Organe, fragte sich Levy. Von Finger war der Atmungstrakt übrig geblieben, von der Fahrenhorst der Gebärtrakt oder, anders ausgedrückt, die Geschlechtsorgane und von Tatjana ein Teil des Gehirns und das Herz. Welcher Rest würde, nach der Logik Anubis’, vom Jungen auftauchen?
    Wieder ging er an die Urfrage zurück.
    Was ist das Wesen der Dinge?
    Also, was bedeutet ein herausgenommenes Organ?
    Was bedeutet dieses spezifische Organ?
    Zur ersten Frage: Wieso wurde ein Organ herausgenommen.
    Wieso macht er das? Was will er damit ausdrücken?
    Levy suchte eine Brücke, eine Metapher, um der bewussten Entscheidung des Täters auf die Spur zu kommen. Denn in diesem Fall log der Täter nicht. Das war ein weiterer Grundsatz der Fallanalytik. Die Parameter, nach denen er seine Opfer auswählt, den Ort findet, an dem er sie tötet, wie er sie tötet und was er anschließend mit der Leiche anstellt, waren zwingende Fragen bei der Tathergangsanalyse, die zum Schluss in das gewünschte Täterprofil einfließen sollten.
    Anubis hatte nicht gelogen, als er Tessa Fahrenhorst die Geschlechtsorgane aus dem Leib geschnitten hatte. Wieso tat er das, verdammt?
    Levy schloss die Augen, stellte sich den Vorgang bildlich vor. Es war, als öffnete man ein Gehäuse und entnahm ein sehr wichtiges Teil, das zur Funktionalität des Ganzen dringend benötigt wurde.
    Oder ein anderes Bild: Levy knackte eine Nuss, behielt die Schale, schmiss den Kern weg.
    Wenn das die Antwort war, dann degradierte Anubis die Menschen, die er auserwählt hatte, auf einen einzigen Gegenstand – die Hülle.
    Somit gelangte Levy zur zweiten Frage: Wieso gerade dieses Organ und nicht ein anderes? Was bedeutete das Geschlechtsteil mit anhängendem Gebärtrakt einer Frau?
    Levy fiel spontan ein Bild ein, das er in einer Ausstellung mal gesehen hatte. Er wusste nicht mehr, wer es gemalthatte, aber es zeigte lediglich die Schenkel und die behaarte Scham einer Frau. Kein Kopf, keine Arme oder sonst etwas, mit dem man die Identität der Frau hätte bestimmen können. Das lag auch nicht in der Absicht des Malers. Er betitelte das Bild als
Ursprung der Welt
.
    Das Bild hatte Levy sehr beeindruckt, zeigte es durch die provokative Perspektive eben nicht Pornographie, sondern den Ursprung aller, egal, ob Mann

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