Und ewig währt die Hölle (German Edition)
platzieren.
Lykke und Sadegh machten sich mit Gisle Kvamme ohne Handschlag bekannt.
Eva-Britt Grøsland stand hinter dem Sofa und strich dem Mädchen übers Haar.
«Es wäre gut, wenn Sie es kurz machen könnten», sagte sie und warf Lykke einen mahnenden Blick zu.
«Natürlich.» Lykke drehte den Kopf zu Parisa.
«Hallo, ich heiße Parisa. Ich arbeite bei der Polizei.»
Das Mädchen starrte stumm vor sich hin. Das dunkle, dicke Haar war zu zwei kurzen Zöpfchen geflochten, die von rosa Haargummis zusammengehalten wurden.
«Wie heißt du denn?»
«Nora», kam es leise.
Lykke rutschte bis an die Stuhlkante vor.
«Und wie alt bist du?»
«Zehn.»
Sie wirkt wie ferngesteuert, dachte Lykke.
«Wir wissen, dass du ganz schrecklich traurig bist», fuhr Parisa fort. «Aber wir würden gern erfahren, was passiert ist. Kannst du uns das sagen?»
Keine Reaktion.
Der Vater blickte Parisa bekümmert an.
«Kannst du?», wiederholte Parisa langsam.
Immer noch nichts. Nora starrte blicklos in die Luft.
«Ich habe dir etwas mitgebracht», sagte Parisa plötzlich und kramte in der großen Umhängetasche, die sie immer dabeihatte. «Schau mal.»
Das Mädchen sah zu Parisa, und zum ersten Mal regte sich in ihren blauen Augen ein Hauch von Leben.
«Teddy?»
Sie griff nach dem einäugigen Bär und drückte ihn an ihre Wange.
Parisa ist richtig gut, dachte Lykke.
«Als du nach Hause gegangen bist, um deine Schultasche zu holen, bist du da vor dem Haus oder auf der Treppe jemandem begegnet?»
Nora schüttelte den Kopf.
«Sicher?»
Gisle Kvamme warf Lykke einen besorgten Blick zu.
«Da war keiner», sagte Nora.
«Und als du bei eurer Wohnung angekommen bist, was war da?»
Noras Gesicht wurde starr. «Ich hab die Tür aufgeschlossen und bin reingegangen …»
Parisa beugte sich vor und nahm die kleine Hand des Mädchens in beide Hände.
«War jemand in der Wohnung, als du aufgeschlossen hast?», fragte sie vorsichtig.
Nora saß ganz still auf dem Schoß ihres Vaters, ihr Körper hatte sich versteift. Die geschwollenen Augen füllten sich mit Tränen.
«Nur Mama», schluchzte sie plötzlich, presste den Teddy vors Gesicht und drehte sich zu ihrem Vater um. «Meine Mama!», rief sie und brach in krampfhaftes Weinen aus.
Lykke merkte, wie es ihm die Kehle zuschnürte.
«Okay», sagte er, «das genügt.»
Dann wandte er sich zum Vater um. Ein mageres Gesicht, umrahmt von grauen, glanzlosen Locken. Die Tränen zogen Streifen über seine fahlen Wangen.
«Zwei Fragen?», sagte Lykke.
Kvamme fuhr sich mit dem Jackenärmel übers Gesicht.
«Fragen Sie.»
«Wo waren Sie, als es passierte?»
Gisle Kvamme hatte offenbar mit der Frage gerechnet, denn er antwortete, ohne zu zögern:
«Zu Hause in Risør.»
«Allein?»
«Nein, zusammen mit einem Kumpel. Wir haben uns im Fernsehen ein Fußballspiel angeschaut.»
«Gut», sagte Lykke beinahe erleichtert. «Könnten Sie uns den Namen und die Telefonnummer geben? Reine Routine …», fügte er beinahe entschuldigend hinzu.
«Sverre Helge Barmen, 907 73 184. Er arbeitet in einem Hotel. Im Hotel Risør», kam es stockend.
«Warum hat es so lange gedauert, bis wir Sie erreichen konnten?»
«Ich hatte mein Handy stumm geschaltet, ich wusste ja nicht …» Die rotgeränderten Augen füllten sich mit Tränen.
«Natürlich, das konnten Sie auch nicht.»
Lykke wartete einen Moment, bevor er fortfuhr: «Haben Sie irgendeine Idee, wer das getan haben könnte?»
Kvamme umfasste seine Tochter noch fester.
«Ich habe überhaupt keine Erklärung dafür», sagte er. «Nadija hatte keine Feinde.»
«Einen neuen Freund vielleicht?»
«Nicht, dass ich wüsste.»
Lykke blickte fragend zu Nora, die immer noch leise an der Brust ihres Vaters schluchzte.
Kvamme schüttelte den Kopf. «Nora hätte mir erzählt, wenn da ein neuer Mann gewesen wäre.» Er dachte einen Moment nach. «Es ist nur …», begann er.
Lykke zog die Augenbrauen hoch.
«Ja?»
Kvamme schüttelte erneut hilflos seine grauen Locken.
«Na ja, es ist nur so, dass sie in der letzten Zeit ziemlich oft unterwegs war.»
Er blickte auf seine Tochter hinunter. «Wir hatten vereinbart, dass Nora jedes zweite Wochenende zu mir kommen sollte. Aber in den letzten Monaten war sie fast jedes Wochenende in Risør. Nadija sagte, sie hätte ein so volles Programm, aber was genau das war, hat sie mir nie erzählt.»
«Haben Sie sie denn gefragt?», hakte Parisa nach und lächelte, um der Frage die Schärfe zu
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