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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Try
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Nur das etwas zu schnelle Pochen ihrer Halsschlagader unter der bronzefarbenen Haut verriet, wie angespannt sie war.
    Pay wühlte mit dem Zeigefinger im Aschenbecher herum, auf der Suche nach einer weiteren Kippe.
    «Nicht lange», sagte er.
    «Eine Woche? Zwei? Drei?»
    Der schmächtige Körper auf dem Sofa wand sich.
    «So was in der Art.»
    Parisa beugte sich nach vorn, hielt aber jäh inne, als sein Atem ihr wieder entgegenschlug.
    «Könnten Sie versuchen, etwas präziser zu sein? Das ist wichtig.»
    «Ich weiß nicht …»
    Jetzt war offensichtlich, dass Pay gestresst war.
    «War sie allein?»
    «Ja.»
    «Sie vermuten also, dass sie eine Prostituierte war, weil sie ein paarmal am Wochenende spät nach Hause gekommen ist?»
    Pay hustete krampfhaft. Seine blasse Stirm glänzte feucht. «Ich hab ja gesagt, dass ich euch nicht helfen kann.»
    Parisa schlug den Notizblock zu und richtete den Blick auf eines der größten Aquarien an der Längswand. Fische in allen Regenbogenfarben schossen unter dem grellen Licht durchs Becken.
    Plötzlich fiel ihr auf, wie schön das aussah. Grüne Pflanzen, die sich dem Licht entgegenreckten, der goldgelbe Sand, die Unterwasserlandschaft mit dunkelbraunen Wurzeln und runden Steinen in verschiedenen Grautönen.
    «Haben Sie das alles so angelegt?», entschlüpfte es ihr.
    Zum ersten Mal erschien die Andeutung eines Lächelns auf dem blassen Gesicht.
    «Ich hab Fotos vom Grund des Tanganjikasees gesehen, da sieht es genauso aus.» Pay zeigte auf ein Aquarium in der Regalreihe darüber. «Das da oben ist der Viktoriasee. Ich mache Zeichnungen von allem, bevor ich es anlege.»
    Parisa hob die Hand, um an das Glas zu klopfen.
    «Nicht!»
    Sie zuckte zusammen.
    «Das macht Flecken», sagte er in ruhigerem Ton.
    Parisa drehte sich zu dem ungemachten Bettsofa um. Wie konnte es angehen, dass ein Mann in einer Wohnung, vor der selbst CityClean nach einer halben Stunde kapituliert hätte, sie wegen eines Fettflecks am Aquarium anraunzte?
    «Wie viele Fische haben Sie, so ungefähr?»
    «Vierhundertneunundfünfzig, plus Fischbrut.»
    Parisa beobachtete einen dunklen, glänzenden Fisch. Er war mindestens fünfzehn Zentimeter lang, und als er seine Breitseite dem Glas zukehrte, schimmerte er wie tausend kleine Perlen. Parisa konnte den Blick nicht von ihm abwenden.
    «Was für ein Cichlide ist das?»
    Pay war ihrem Blick gefolgt. Sein Lächeln war jetzt noch breiter.
    «Jack Dempsey.»
    «Wie der Boxer?» Parisas Überraschung war nicht gespielt.
    «Mhm.»
    Egil Pay zündete eine Kippe an, die nicht länger als ein Filterstück war, und hustete.
    «Ist Zigarettenrauch nicht schädlich für die Fische?»
    «Die schwimmen ja keine Meisterschaften», sagte Pay und grinste über seinen eigenen Witz.
    «Wohl wahr …»
    Parisa schlug ihren Notizblock wieder auf.
    «Warum glauben Sie, dass Nadija Hadzic Prostituierte war?»
    Das spitze Gesicht verschloss sich.
    «Ich kann euch nicht helfen, hab ich gesagt.»
    «Ich bitte nicht um Ihre Hilfe, ich möchte nur wissen, warum. Weil sie spät nach Hause gekommen ist?»
    Egil Pay starrte vor sich hin und saugte an seiner Kippe.
    «Sind Sie sicher, dass sie allein war?»
    Keine Reaktion. Parisa spielte ihre letzte Karte aus. «Haben Sie miteinander gesprochen, Sie und Nadija?»
    «Ich rede nicht mit Huren!»
    Wieder dieser plötzliche Wutausbruch. Parisa versuchte einen Trick.
    «Die Nachbarin im zweiten Stock sagt, dass Nadija von Ihren Aquarien geschwärmt hat.»
    Egil Pay sah zur Decke. Der rechte Mittelfinger trommelte auf die Rücklehne des Sofas.
    «Wenn wir merken, dass Sie uns etwas verheimlichen, müssen wir Sie ins Präsidium mitnehmen. Sind Sie sicher, dass Sie das wollen?»
    Pay starrte weiterhin trotzig auf einen unsichtbaren Punkt an der Decke.
    Viker erschien in der Wohnzimmertür. Er hielt ein Paket Biotex hoch.
    «Das ist alles, was ich gefunden habe.»
    Parisa überlegte kurz, dann legte sie ihre Visitenkarte auf einen der vielen Leuchtkästen.
    «Rufen Sie an, wenn Sie reden wollen. Jede Kleinigkeit könnte weiterhelfen.» Sie lächelte.
    Der kleine Flur wirkte jetzt beinahe noch enger als vorher. Zwei nackte Kleiderbügel an einer Garderobe aus einer frühen Ikea-Produktion. Drei Paar ausgetretene Joggingschuhe und eine Plastiktüte von Prix, sonst nichts. Aus einem Impuls heraus warf Parisa einen Blick in die Tüte. Darin lag ein Kassenzettel und Der Prozess von Franz Kafka.

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    Kapitel 8
    «Kommissar Lykke?»
    Rolf

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