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Und Finsternis wird kommen

Und Finsternis wird kommen

Titel: Und Finsternis wird kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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schweren Tisch vor die Tür, und innerhalb von zwei Minuten war eine Barrikade errichtet, die ihren Mangel an Schönheit und Symmetrie durch unbesiegbare Massivität wettmachte.
    Aus weiter Ferne, undeutlich, konnten sie das Hämmern nackter Fäuste gegen die Tür vernehmen, und das Schreien und Rufen schien aus einer andern Wirklichkeit zu kommen.
    Der Mob von Saro City hatte sich aufgemacht, um das Observatorium zu zerstören und dadurch kultistische Erlösung zu gewinnen. Aber die Furcht trieb sie zum Wahnsinn, lähmte ihre Gehirne. Sie dachten nicht an Waffen, nicht an Organisation, nicht an Autos. Zu Fuß waren sie herbeigeeilt, mit den bloßen Händen griffen sie das Observatorium an.
    Und jetzt umkreiste der Mob das Gebäude, im letzten Schein von Beta, im letzten rubinroten Flammentropfen, der matt über einer Menschheit flackerte, die nur mehr aus allumfassender Angst bestand.
    »Steigen wir wieder in die Kuppel hinauf«, stöhnte Theremon.
     
    In der Kuppel war nur Yimot hinter seinem Sonnenteleskop sitzen geblieben. Die anderen tummelten sich um die Kameras herum, und Beenay gab mit heiserer Stimme seine Anweisungen.
    »Paßt jetzt gut auf, alle! Ich knipse Beta, kurz bevor die totale Finsternis einsetzt, und wechsle die Platte. Jeder von euch steht hinter einer Kamera. Ihr wißt Bescheid … Die Belichtungszeiten …«
    Zustimmendes, atemloses Gemurmel.
    Beenay legte eine Hand über seine Augen.
    »Brennen die Fackeln noch immer? Keine Sorge, ich sehe sie!« Er lehnte sich müde gegen einen Stuhl. »Denkt daran. Versucht nicht, gute Schnappschüsse zu machen. Verschwendet keine Zeit, indem ihr euch bemüht, zwei Sterne auf einmal vor die Linse zu kriegen. Einer genügt. Und – und wenn ihr fühlt, daß euch die Sinne schwinden, weg von den Kameras!«
    An der Tür flüsterte Sheerin zu dem Reporter: »Führen Sie mich zu Aton. Ich sehe ihn nicht.«
    Theremon antwortete nicht sofort. Die undeutlichen Umrisse der Astronomen schwankten vor seinen Augen, und die Fackeln an den Wänden waren nur mehr gelbe Punkte.
    »Es ist dunkel«, wimmerte er.
    Sheerin hob die Hand.
    »Aton!« Er stolperte vorwärts. »Aton!«
    Theremon folgte ihm und ergriff seinen Arm.
    »Warten Sie, ich führe Sie.« Irgendwie gelang es ihm, den Raum zu durchqueren. Er verschloß die Augen vor der Dunkelheit und den Verstand vor dem Chaos, das in den Schatten lag.
    Niemand hörte oder achtete auf die beiden Männer. Sheerin taumelte gegen eine Wand.
    »Aton!«
    Der Psychologe fühlte, wie ihn zitternde Hände berührten und sich wieder zurückzogen. Eine Stimme flüstere: »Sind das Sie, Sheerin?«
    »Aton!« Er bemühte sich, ruhig zu atmen. »Machen Sie sich keine Sorge wegen des Mobs. Das Gebäude wird ihm standhalten.«
    Latimer, der Kultist, war aufgestanden. Sein Gesicht verzerrte sich vor Verzweiflung. Er hatte ein Gelübde getan, und wenn er es brach, so bedeutete das, daß seiner Seele Sterblichkeit drohte, auch wenn man ihn gezwungen hatte, sein Wort zu brechen. Bald würden die Sterne kommen! Er konnte nicht dabei stehen und zulassen … Er hatte doch sein Wort gegeben.
    Beenays Gesicht war von düsterer Röte überzogen, als er zum letzten Streifen von Beta aufblickte, der noch am Himmel übriggeblieben war. Und Latimer faßte seinen Entschluß, als er sah, wie Beenay sich wieder über die Kamera beugte. Seine Fingernägel gruben sich in die Handflächen, als sein Körper sich anspannte.
    Er taumelte, als er vorstürzte. Er sah nichts, nur Schatten sprangen ihm entgegen. Der Boden schwand unter seinen Füßen. Und dann war jemand über ihm, und er brach zusammen, als sich Hände um seinen Hals krallten.
    Latimer zog das Knie an und stieß es hart gegen seinen Angreifer.
    »Lassen Sie mich los, oder ich töte Sie!«
    Theremon schrie auf und krächzte durch einen Schmerzschleier, der ihn fast blind machte: »Du heimtückische Ratte!«
    Dann stürmte alles zugleich auf ihn ein. Er vernahm Beenays Schrei: »Ich habe es! An die Kameras, Leute!« Und der letzte Faden des Sonnenlichts verdünnte sich und verlöschte endlich ganz.
    Gleichzeitig hörte Theremon Beenays letztes ersticktes Keuchen, Sheerins wunderlichen kleinen Schrei, sein hysterisches Kichern, das rasselnd abbrach – und eine plötzliche Stille, eine sonderbare, tödliche Stille, die von draußen hereindrang.
    Und Latimer hing schlaff in Theremons sich lockerndem Griff. Der Reporter starrte in die weit geöffneten schwarzen Augen des Kultisten, in denen sich die

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