Und Finsternis wird kommen
gelben Punkte der Fackeln spiegelten. Er sah die Schaumblasen vor Latimers Mund und hörte das animalische Wimmern, das sich aus dem Hals des Kultisten rang.
Langsam überkam ihn die Faszination der Angst, und er stützte sich auf einen Arm. Er blickte zum Fenster, das schwarz war wie geronnenes Blut.
Und durch die Schwärze schienen die Sterne!
Das waren nicht die matten dreitausendsechshundert Sterne, die man von der Erde aus mit bloßem Auge sehen kann. Lagash befand sich im Mittelpunkt eines gigantischen Schwarms. Dreißigtausend mächtige Sonnen schienen herab, und ihr Glanz ließ das Herz erstarren und war in seiner schrecklichen Gleichgültigkeit viel eisiger als der bittere Wind, der über die kalte, furchtbar öde Welt wehte.
Theremon taumelte auf die Füße, sein Hals verengte sich, er konnte kaum mehr atmen. Alle Muskeln seines Körpers zuckten vor Grauen und unerträglicher Angst. Er wurde wahnsinnig, und er wußte es, und ein letzter gesunder Funke in ihm kämpfte schreiend und erbittert und hoffnungslos gegen den schwarzen Schrecken. Es war entsetzlich, dem Wahnsinn zu verfallen und es zu wissen, zu wissen, daß man in einer Minute zwar noch physisch da sein, daß das eigentliche Wesen aber gestorben sein würde, ertrunken in finsterem Wahn. Denn jetzt war die Dunkelheit gekommen – die Dunkelheit und die Kälte und das Verderben. Die leuchtenden Wände des Universums waren zertrümmert, und ihre schrecklichen schwarzen Fragmente sanken herab, um ihn zu begraben, zu zerquetschen, auszulöschen.
Er stieß gegen jemanden, der auf allen vieren kroch, stolperte über ihn, seine Hände griffen nach seinem gepeinigten Hals, und er taumelte auf die Fackeln zu. Sie waren das einzige, das sein Wahnsinn ihn noch erkennen ließ.
»Licht!« schrie er.
Irgendwo wimmerte Aton wie ein zu Tode verängstigtes Kind.
»Die Sterne – all die Sterne – wir wußten nichts – wir wußten überhaupt nichts. Wir dachten, sechs Sterne im Universum … wir bemerkten die Sterne nicht … Dunkelheit für immer – die Wände brechen ein, und wir wissen nichts, können nichts wissen, überhaupt nichts …«
Jemand griff nach einer Fackel. Sie fiel herab und verlöschte. Und in diesem Augenblick sprang der schreckliche Glanz der Sterne näher und näher.
Draußen, am Horizont, in der Richtung, wo Saro City lag, wuchs ein karmesinrotes Glühen, schwoll zu leuchtender Helligkeit an. Aber es waren keine Sonnenstrahlen.
Die lange Nacht war wieder gekommen …
Grüne Flecken
Eines Morgens im Jahr 1948 las ich in der New York Times, daß Street & Smith Publications das Erscheinen all ihrer Magazine eingestellt hatten.
Da Astounding Science Fiction eines dieser Magazine war, wurde mir schwarz vor Augen. Seit 1943 hatte ich dreizehn Science-Fiction-Erzählungen verkauft und publiziert, und jede einzelne davon war in Astounding veröffentlicht worden. Während dieser ganzen Periode hatte ich mich immer wieder mit dem Gefühl herumgequält, daß ich eigentlich gar kein richtiger Schriftsteller war, sondern lediglich das Glück hatte, in einer ganz bestimmten Thematik erfolgreich zu sein. Wenn Astounding oder Mr. Campbell, dem Herausgeber, etwas zustieß, dann war auch ich erledigt.
Tief betrübt las ich den Artikel zu Ende, und ganz am Schluß entdeckte ich die beiläufige Bemerkung, daß Astounding die einzige Ausnahme bilde. Es war das einzige Magazin, das auch weiterhin erscheinen würde.
Zwar atmete ich erleichtert auf, aber meine Situation erschien mir immer noch recht fraglich. Es konnte ja immer noch irgend etwas mit Astounding oder mit Mr. Campbell passieren. (Es passierte aber nichts! Wenigstens vorläufig nicht. Während ich diese Bemerkung niederschreibe, mehr als zwanzig Jahre nach jenem Artikel, blüht und gedeiht Astounding noch immer, wenn es jetzt auch einen anderen Verleger hat und in Analog umbenannt worden war.)
1949 und 1950 verkaufte ich vier weitere Erzäh lungen an Astounding, bevor ich diese Serie einstell te. Dann nahm 1950 ein neues Science-Fiction-Magazin einen plötzlichen Aufschwung unter der energischen Führung seines Herausgebers, Horace L. Gold.
Mr. Gold suchte rastlos nach neuen Erzählungen, und er fragte mich, ob ich ihm einige zur Verfügung stellen könne. Ich zögerte, weil ich nicht sicher war, ob sie ihm gefallen würden. Außerdem fragte ich mich, ob ich einen Rückschlag ertragen könne, der vielleicht beweisen würde, daß ich gar kein richtiger Schriftsteller, sondern
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