Und fuehre mich nicht in Versuchung
«Stimmt, vielleicht habe ich mich ja geirrt. Aber wir müssen einfach weiterkom-men. Laß es uns versuchen.»
* * *
Tanja und Arne hatten eine Stunde lang telefoniert, als der Durchbruch kam. «Steinmann», meldete sich eine kühle Frauenstimme. Arne leierte sein Sprüchlein herunter. «Wir haben eine Nachricht von Steffen Vogel für Sie, Frau Steinmann.» Arne hörte, wie Frau Steinmann scharf die Luft einsog. Nach einem Moment, Arne wollte schon fragen, ob sie noch in der Leitung sei, fragte die Stimme, immer noch kühl, aber leiser: «Woher haben Sie meine Telefonnummer?» Arne signalisierte Tanja mit erhobenem Daumen, daß sie den entscheidenden Treffer gelandet hatten, und stellte das Telefon laut. «Frau Steinmann, Sie sprechen mit der Kriminalpolizei. Wir haben Ihre Telefonnummer verschlüsselt in Herrn Vogels Terminkalender gefunden. Wir müssen Sie dringend sprechen.» Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann sagte die Stimme: «Ich kenne keinen Steffen Vogel. Sie müssen sich geirrt haben.»
Arne trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. «Wir haben bei Steffen Vogel genetisch verwertbares Material gefunden, das eindeutig von einer Frau stammt. Wenn Sie sich weigern, mit uns zu kooperieren, können wir Sie zu einem genetischen Vergleich zwingen. Möchten Sie das?»
Die Stimme seufzte. «Nein.» Wieder Schweigen. «Können Sie heute vormittag zu mir kommen? Wenn Sie meine Telefonnummer haben, kennen Sie ja sicher auch meine Adresse.» Arne nickte. «In der Tat. Wir kommen gleich vorbei, die Friedrichstraße ist uns ja bekannt.»
Tanja legte sich den Gurt an. «Der Opel kennt die Stre-cke bald wie im Schlaf.» Arne grinste und nahm die Hände vom Lenker. «Dann brauche ich ja nichts mehr zu tun, oder?» Tanja japste: «Du Spinner, wenn das die unifor-mierten Kollegen sehen! Was sagst du eigentlich zu meiner Spürnase?» Arne klopfte ihr auf den Oberschenkel.
«Braves Mädchen. Gut gemacht. Ich bin gespannt, was diese Steinmann für eine Type ist.» Tanja sah ihre Notizen durch. «Wir haben sie routinemäßig auch befragt, wie alle in der Friedrichstraße. Die zwei waren ja fast Nachbarn! Kein Wunder, daß da niemandem eine fremde Person aufgefallen ist. Die Steinmann gehört ja in die Straße, da dachte sich niemand etwas, wenn sie Vogel besuchte, nehme ich einmal an. Zumal die beiden sich ja sicher tags-
über getroffen haben.» Arne runzelte die Stirn. «Lebt sie allein?» Tanja blätterte. «Nein, sie ist verheiratet. Ihr Mann war nicht zu Hause, als die Befragung lief. Wie heißt er denn … Mensch, Arne, weißt du, mit wem die Steinmann verheiratet ist?» Arne schaute Tanja kurz an.
«Na, mit Herrn Steinmann wahrscheinlich.» Tanja schüttelte den Kopf. «Du bist eben von vorgestern, Kollege. Wie es heute modern ist, hat Frau Steinmann bei der Ehe-schließung offenbar ihren Namen behalten. Der Gemahl heißt nicht Steinmann. Der Gemahl heißt Lobschütz.»
Arne bremste und lenkte den Opel an den Straßenrand.
«Das meinst du nicht ernst. Doch nicht Reiner Lobschütz?» Tanja nickte. «Doch, in der Tat. Reiner Lobschütz.» Arme pfiff nachdenklich. «Reiner Lobschütz, der Minister. Der ist doch bestimmt Ende 50, und die Steinmann klang ziemlich jung am Telefon.» Tanja lachte.
«Falls du es noch nicht mitbekommen hast, lieber Arne, heute ist bei Ministern der Hang zur Zweit- oder Dritt-frau durchaus normal. Und in der Regel suchen sich die Herren dann etwas Jüngeres und kein älteres Semester aus.» «Und manchmal», dachte Tanja, während es ihrem Herz einen Stich gab, «finden jüngere Semester ältere Herren verdammt attraktiv …», sie seufzte. Arne merkte es nicht, er grübelte: «Wenn der Lobschütz mitbekommen hat, daß seine Gattin ein Verhältnis mit Steffen Vogel hatte, dann wäre ihm das gewiß nicht recht gewesen.»
Tanja stimmte zu. «Das könnte wohl so sein.» Arne spann den Faden weiter. «Somit hätten wir einen leibhaftigen Minister als Verdächtigen.» Tanja grinste. «Laß mich wet-ten: der wird bei unserem Gespräch ganz bestimmt nicht anwesend sein.» Arne schüttelte den Kopf: «Herzchen, ich wette nicht mit dir, das weißt du doch.»
* * *
Das Haus in der Friedrichstraße, in dem Wiebke Steinmann und Reiner Lobschütz residierten, war offensichtlich zu repräsentativen Zwecken gebaut worden. Eine geschwungene Auffahrt führte zu einem Gebäude, das fatal an die Southfolk-Ranch erinnerte. Korinthische Säulen flankierten das Eingangsportal. Zwei Löwen
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