Und fuehre uns in die Versuchung
unerschütterlicher Gelassenheit abprallen zu lassen, war seine Spezialität.
„Ich werde gern Euer Anliegen in unserer nächsten internen Besprechung vorbringen“, bot er liebenswürdig an. Denn ich bin dazu verpflichtet, so unerfreulich das auch ist. „Nur kann ich Euch nicht viel Hoffnung machen.“
Das war gelogen gewesen, und Arno sich dessen vollauf bewusst. Auch wenn diese Lüge gerechtfertigt gewesen war, um die Überheblichkeit seines Gastes zu rächen und die Ehre des heiligen Klerus (in der Theorie) zu erhalten – vor seiner nächsten Amtshandlung hatte er beichten müssen.
Während er seinen Schlüssel zur jetzt leeren Bibliothek zückte, wanderten seine Gedanken zum zweiten Gespräch anlässlich Mathildas zurück. Wiederum war das Trennungsgitter im Redhaus zum Einsatz gekommen. Nur dass es diesmal Prior Palgmacher und ihn von ihrer verehrten Äbtissin separiert hatte.
„Wir brauchen das Geld, Pater Wayden, und den Einfluss dieser doch recht mächtigen Familie Finkenschlag. Wenn der Vater einverstanden ist, dass sein Kind zusammen mit Novizen unterrichtet wird, dann soll es uns recht und billig sein. Und immerhin seid Ihr es, der sie unterweist.“
Das in ihrer Stimme zum Ausdruck kommende Vertrauen in ihn rührte Arno trotz allem, er konnte sich dessen nicht erwehren.
„Wenn jemand fähig ist, eventuelle ... Irritationen unter den jungen Menschen adäquat zu begegnen, dann Ihr!"
Arno neigte den Kopf. „Eure Zuversicht ehrt mich außerordentlich, liebe Mutter Örtlerin. Doch ich möchte uns alle davor bewahren, mich in meiner Macht über meine Schüler zu überschätzen. Deswegen bin ich der Meinung, dass Graf von Finkenschlag sich besser nach Augsburg wenden sollte."
„Seid Ihr wahnsinnig? Die bekommen doch genug von den Fuggerschen Ablassbriefen hinten rein geschoben!“
Palgmachers ordinäre Wortwahl nebst seinem polternden Tonfall waren untrügliche Zeichen, dass seine Zurechenbarkeit sich auch heute in den von ihm selbst gewählten Grenzen halten würde.
„Nein, Pater Wayden“, wurde der Prior auch noch seitens der Örtlerin unterstützt. „Wir brauchen diese Mitgift. Und dieses Mädchen.“
„Wer sagt Euch, dass sie sich zur Nonne eignet?“, versuchte Arno es mit einem vernünftigen Argument.
„Ihr Geld eignet sich, Bruder! Der Rest wird passend gemacht.“ Palgmacher lachte dröhnend.
Arno machte sein Schnauben extra dezent. „Dass Ihr Euch in die simonischen Auswüchse einreihen mögt ...“
„Hier geht es nicht um Korruption, sondern um eine pragmatische Entscheidung zugunsten des Wohles unseres Ordens“, bestimmte die Örtlerin abschließend. „Und dabei handelt es sich übrigens um denselben Pragmatismus wie der, der Euch den Posten des Novizenmeisters eingebracht hat: In Zeiten wie diesen müssen wir es dem Nachwuchs so leicht wie möglich machen, sich für uns zu entscheiden.“
Gut, auch sie waren auf den Punkt gestoßen, gegen den sich kein Argument finden ließ. Arno seufzte. „Wenn es denn so sein soll, so verlange ich wenigstens, dass Ihr eine der Schwestern als Lehrerin einsetzt. Ich kann nicht verantworten, dass meine Schüler durch die Anwesenheit eines Weibes von ihrem Wege abkommen.“
Durch die Ritzen des Klausurgitters erreichte Arno ein allen Ernstes verschmitztes Lächeln. „‚Wachet und betet, auf dass ihr nicht in Versuchung fallet. Denn der Geist ist willig ...’ Die ehrwürdige Nonne brach ab, wartete, bis Palgmacher sein Gelächter einigermaßen im Griff hatte, und fügte dann gönnerhaft hinzu: „Seht es doch so, dass die Novizen auf diese Weise Gelegenheit erhalten, ihren Entschluss, das Leben eines Priesters zu führen, unter Beweis zu stellen.“
„Seht Ihr es als Gelegenheit, zum Beispiel Schwester Jordanin eine neue Aufgabe zu verschaffen“, konnte Arno sich nicht verkneifen.
„Nicht Elisabeth!“
Diese Abwehr kam so prompt, dass Arno beinahe gegrinst hätte.
„ Von mir aus können wir Mutter Klöblin fragen“, schob die Äbtissin hastig nach. „Vielleicht ist sie geneigt, noch mehr Zeit in der Bibliothek zu verbringen.“
Sandizell würde sich darüber zweifellos freuen, aber das sagte Arno jetzt nicht. „Was ist mit Schwester Öflerin? Schwester Paumenin? Und wer sonst hat eine adäquate Ausbildung? Schwester Steudlin?“
„Ich werde die infrage kommenden Schwestern rufen lassen, Moment.“
Dass Ottilia Öfler abgesagt hatte, war für Arno, der sie in jeder freien Minute im Skriptorium antraf,
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