Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
die Rosl zu. »Einfach den Roidl niederschießen. Wo wir doch so dringend einen Mesner bräuchten. Des will doch keiner mehr machen, wenn man gleich derschossen wird, sobald man’s ist.«
Ein Mesnermörder. Ich versuchte, den Mund geschlossen zu halten. So ein Unsinn. Das war bestimmt ein Zufall, dass bei uns jetzt schon der zweite Mesner im Wald gestorben war.
»Ich mach auf jeden Fall nicht den Mesner«, sagte Großmutter energisch. »Wo kämen wir denn da hin. Da musst ja ständig nachschauen. Und jeder red dir blöd her.«
»Ich bin dafür auch zu alt«, sagte die Rosl und schaute die Metzgerin an.
»Ich steh den ganzen Tag im G’schäft«, erklärte die Metzgerin und warf einen drohenden Blick auf die Kreszenz.
Die Kreszenz räusperte sich und wand sich. Sie war eigentlich nicht zu alt, außerdem war sie immer abartig nett. Ich freute mich diebisch über ihre Ratlosigkeit. So wie sie herumdruckste, wollte auch sie nicht das nächste Opfer vom Mesnermörder sein.
»Ich pfleg meine Eltern«, sagte sie schließlich.
»Na ja, die Mama ist ja ständig unterwegs«, sagte die Metzgerin schadenfroh. »Und der Papa …«
»Der Papa mit seinem Holzbein, der braucht ständig was«, sagte die Kreszenz böse und sah dann mich an. Schließlich hatte ich keine Angehörigen, die Holzbeine hatten.
Oh je, ich konnte jetzt schlecht vor Großmutter sagen, dass ich ständig nachschauen musste, ob auch ja der Herd ausgeschaltet war. Dass für mich nicht einmal eine Übernachtung bei Max infrage kam. Vielleicht sollte ich anmerken, dass ich so schon kaum Zeit für Sex mit Max hatte und dass ein zusätzlicher Job einfach nicht mehr drin war.
Bevor ich zu etwas verdonnert wurde, ging ich lieber noch einmal ins Haus und tat so, als hätte ich etwas vergessen. Mesner war nämlich der allerletzte Job, den ich machen wollte.
Es dauerte nicht lange, dann waren alle Weiber wieder weg. Die Metzgerin musste schließlich ins Geschäft, die Rosl musste die Dorfbevölkerung über die neuesten Ereignisse informieren, und die Kreszenz musste sich um ihren holzbeinigen Papa kümmern. Jetzt traute auch ich mich wieder hervor, packte meine Tasche und ging zur Haustür hinaus.
Großmutter stand mit einer großen Gartenschere im Vorgarten und widmete sich ihrer momentanen Lieblingstätigkeit. Sie ging durch den Garten und zerschnitt Nacktschnecken in zwei Teile. »Die fressen dir alles zam«, sagte sie, als hätte ich damit etwas zu tun.
»Ich muss jetzt in die Arbeit«, erklärte ich und ignorierte die Schere. Ich beteiligte mich nicht an diesen Schneckenmorden. Meine Methode war, die Schnecken der Reisingerin rüberzupfeffern. Immerhin hatte ich sie auch schon mehrfach dabei ertappt, wie sie uns Schnecken in den Garten geworfen hatte. Das war sozusagen ein altbiblisches Schneck um Schneck, aber nicht ganz so grausam und schleimig wie Großmutters Methode.
»Jaja«, sagte sie darauf ohne Zusammenhang. »Wenn der Kopf ab ist, dann hat der Arsch Feierabend.«
Pfui Teufel.
»Ich hab den Hund von der Resi im Wohnzimmer eingesperrt«, erklärte ich. »Lass am besten die Tür zu.« Soll er sich doch mit der Sofalehne paaren. Da hatten wenigstens mein Hund und Oma ihren Frieden.
»Hast du des von der letzten Gemeinderatssitzung gehört?«, fragte Großmutter und blieb direkt vor mir stehen. »Des hat die Ernsdorferin der Kreszenz erzählt.« Anscheinend hatten die ganzen Weiber vor unserem Zaun im Schnelldurchgang auch noch die Gemeinderatssitzung durchgekaut. Aber das wusste selbst ich schon, und wenn ich es wusste, dann wussten es vermutlich bereits die halb tauben, bettlägerigen Bewohner unseres Altenheimes.
»Was ist denn ein Swingerklub?«, hatte der Vater vom Schorsch nämlich angeblich gefragt.
»Ja mei«, hatte der Bürgermeister geantwortet. »Da swingen s’ halt.«
Das half einem natürlich weiter. Und der Vater vom Schorsch hatte darauf gemeint: »Ja mei, wenns moana.« Also frei übersetzt, wenn es Ihnen gefällt. Und die Ernsdorferin, die meines Erachtens seit letztem Frühjahr überhaupt kein Recht darauf hatte, irgendwie »g’schnappert« zu tun, hatte empört eingeworfen: »Herr Spreitzer. Ich bin entsetzt.«
»Da waren richtige Tumulte«, erklärte Großmutter. »Weil sie in die alte Backstube einen Swingerklub reinmachen wollten. Und den armen Spreitzer haben die so blöd angeredet, nur weil er ned g’wusst hat, was des is. Des Swingen.«
»Hm«, sagte ich, eher darüber erstaunt, dass Großmutter das wusste.
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