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Und fürchtet keine Finsternis

Und fürchtet keine Finsternis

Titel: Und fürchtet keine Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe & Jack Haldeman
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galoppierte hinaus in den Ring. Er war kleiner als die in der corrida getöteten Stiere; Octavio verriet mir, daß das für gewöhnlich der Fall sei.
    Die Männer zu Pferde (Picadores genannt) waren auf dem Feld, als der Stier herauskam. Aber diesmal waren Pferde wie Männer in einen leichten Plastikschutz gehüllt statt in die farbenprächtigen Kostüme. Octavio sah mit großer Konzentration zu, wie der Stier die Pferde attackierte. Auf diese Weise, so sagte er, könne man vorhersagen, wie er sich verhalten würde, wenn man ihm allein im Ring gegenüberstand.
    Die Picadores »picten« den Stier ungefähr ein Dutzend Male, dann ritten sie aus dem Ring. Octavio sprang über die Mauer auf den Sand.
    »Wünsch mir Glück, Carl.«
    »Buena suerte, Octavio .« Er winkte und marschierte los, dem Stier entgegen.
    Der Schiedsrichter verfolgte alles sehr genau. Er hatte ein mit Schlafpfeilen geladenes Hochleistungsgewehr - falls Octavio schwer verletzt wurde (was das Ende des Kampfes bedeutete), würde er den Stier mit einem Pfeil betäuben, und die Sanitäter würden kommen, um Octavio in Sicherheit zu bringen. Unglücklicherweise wirkte der Pfeil oft nicht sofort - oder der Kämpfer war so schwer verletzt, daß es keinen Unterschied mehr machte. Aber Octavio sah nicht so aus, als hätte er Angst.
    Er blieb ungefähr zehn Schritte vor dem Stier stehen und schnellte den Umhang in seine Richtung. Hermano hatte Octavio ohne allzu großes Interesse beobachtet, bis er den Umhang sah. Dann begann er, auf ihn zuzugehen, und etwa auf halbem Wege verfiel er in Laufschritt.
    Octavio wich nicht und ließ den Stier Zentimeter an seinem Körper vorbeistreifen, wobei er das Tier mit einem langsamen, eleganten Schwung des Umhangs lenkte. Ich hatte gelernt, daß diese Bewegung »Veronica« genannt wurde, ein klassisches Manöver, über tausend Jahre alt. Die Menge jubelte, als der Stier vorüberstrich. Hermano bremste so schnell, daß er regelrecht schleuderte, dann wandte er sich um und griff erneut an. Octavio wartete schon und lockte ihn mit einer weiteren Veronica. Das wiederholte er mehrere Male, dann schien Hermano anzufangen, dessen überdrüssig zu sein, und ging einfach weg. Er lehnte sich gegen die Ringwand, wobei er müde oder vielleicht auch einfach nur gelangweilt aussah.
    Octavio trat vor ihn hin und peitschte mit dem Umhang. Der Stier schaute ihn bloß an. Er kam näher und peitschte noch einmal. Nichts. Noch näher - und plötzlich sprang Hermano auf ihn zu. Octavio senkte den Umhang, aber der Stier interessierte sich nicht dafür und ging direkt auf den Kämpfer los. Dieser sah, was geschah, warf den Umhang dem Stier ins Gesicht und sprang beiseite. Ich sah, wie der Schiedsrichter das Gewehr an die Schulter hob und zielte.
    Aber der Stier verfehlte Octavio und raste gute zwölf Meter weiter, bevor er anhielt und den Umhang mit einem Schütteln seines Kopfes beiseite schleuderte. Jetzt mußte Octavio ohne den Umhang kämpfen. Ich nahm an, daß es keinen allzu großen Unterschied machen würde; der Stier war offensichtlich »weise«. Octavio bewegte sich auf den Mittelpunkt des Rings zu, und Hermano beobachtete ihn, während sein gewaltiger Schädel sich langsam drehte.
    Plötzlich griff der Stier an. Octavio stemmte die Füße in den Boden und beugte sich wartend vor. Als der Stier nur noch ein paar Schritte entfernt war, sprang er, berührte die Schultern des Stiers mit den Füßen und machte einen doppelten Salto über Hermanos Rücken. Er landete auf den Füßen und wirbelte herum. Der Stier griff weiter an, den Kopf hin und her werfend. Schließlich blieb er stehen und schaute verwirrt von einer Seite zur anderen. Die Menge brüllte vor Lachen.
    Octavio rief, und der Stier blickte sich um. Er begann, den Kämpfer langsam zu umkreisen, dann griff er wieder an. Das gleiche Bravourstück, und der Stier war erneut gefoppt.
    Octavio übersprang den Stier fünfmal. Man konnte sehen, daß Hermano müde wurde; er brauchte nach jeder Attacke länger, um zurückzukommen. Vielleicht wurde auch Octavio müde. Beim sechsten Angriff mußte er zu früh gesprungen sein; er landete auf dem Kopf des Stiers statt auf seinen Schultern, und Hermano warf ihn senkrecht in die Luft. Er landete auf dem Bauch und lag still.
    Hermano wirbelte in einem engen Kreis herum und stürmte zurück, mit gesenkten Hörnern. Das Gewehr krachte, aber der Stier stürmte weiter, stolperte dann und brach keine zwei Meter von Octavio entfernt zusammen.
    Die Menge

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